0792 - Gruß aus der Gruft
Nase.
»Bitte…«
»Ich… ich es nicht sagen!«, flüsterte und röchelte er. »Ich bekomme es nicht in den Griff. Es ist nicht zu fassen. Es ist dunkel, es steigt hoch, es ist das Grauen, der Tod …«
»Hat es mit Diondra Mayne zu tun?«
»Weiß ich nicht…«
»Bitte!«
Er konnte nicht mehr sprechen. Der Tod hatte ihm die Lippen verschlossen. Das meinte Suko sinnbildlich, denn sein Mund stand noch offen. Nur am gebrochenen Blick erkannte der Inspektor, dass dieser Mann nicht mehr lebte.
Suko erhob sich, nachdem er dem Toten die Augen zugedrückt hatte. Die Dunkelheit im Wald war gnädig genug, um seinen schrecklichen Anblick zu verdecken, und als Suko für einen Moment neben ihm stehen blieb, da spürte er den Druck in seinem Magen, als wäre Säure dabei, etwas aufzulösen. Hinter seiner Stirn tuckerte es. Der Kopfschmerz ließ sich ertragen. Zudem war Suko ein Mensch, der des Öfteren mit furchtbaren Ereignissen konfrontiert wurde, nur war es diesmal irgendwie anders.
Dieser Mann hatte ihm Informationen gegeben, die im Prinzip keine waren. Er hatte seinen Ahnungen freien Lauf gelassen.
Etwas lauerte, etwas würde kommen, etwas nahte. Möglicherweise war es auch schon da.
Der Inspektor schluckte. Sein Gesicht brannte plötzlich, als wäre Feuer über seine Haut hinweggestrichen. Noch einmal bückte er sich und untersuchte die Kleidung des Toten.
Er fand einen Ausweis.
Der Mann hieß Jerry Lennox und arbeitete für »Cusors Safety Guard«. Eben die Sicherheitsabteilung, die aufgeboten war, um Diondra Mayne, das junge Genie, zu beschützen.
Er schloss für einen Moment die Augen. Suko dachte nach, und er ärgerte sich, dass er zu wenige Informationen hatte. John würde mehr wissen, doch als er sein flaches Sprechgerät aus der Tasche hervorholte, da hatte er Mühe, einen Fluch zu unterdrücken.
Das Gerät war kaputt. Beim Kampf musste es zerstört worden sein. Das Plastikmaterial hatte dem Druck nicht standhalten können, und auch das Innere war nicht mehr okay.
Wütend steckte er es wieder weg. Es passte ihm überhaupt nicht, auf sich allein gestellt zu sein, denn ohne nähere Informationen konnte er nichts tun.
Hier bahnte sich etwas an. Suko glaubte daran, dass die Morde erst angefangen hatten. Dieser Lennox war der Erste gewesen, weitere würden folgen. Außer ihm gab es noch drei Leibwächter, zählte man John Sinclair hinzu, dann waren es vier.
Die Worte des Mannes wollten ihm nicht aus dem Kopf. Lennox hatte von einer Sie gesprochen. Er musste damit eine spezielle Person gemeint haben, denn Suko glaubte nicht, dass es allgemein war.
Bei diesem Begriff fiel ihm einfach nur Diondra Mayne ein.
Diese Person allerdings hatte geschützt werden sollen. Wieso konnte sie dann auf posthypnotische Art und Weise morden. Oder hatte sie Helfer? Wenn ja, dann mussten sie unsichtbar sein, denn Suko hatte keinen von ihnen gesehen. Urplötzlich war der Tod gekommen. Lennox hatte sich dagegen nicht wehren können.
Es war allerdings auch möglich, dass er von mehreren Kräften gesprochen hatte. Wenn ja, dann musste diese Diondra Helfer haben, die sich versteckt hielten und auch etwas Außergewöhnliches waren, Mächte oder Kräfte eben, und da setzte Suko den Begriff dämonisch vor. Dämonische, grauenhafte Wesen, möglicherweise auch unsichtbar, und als Suko daran dachte, drehte er sich auf der Stelle, um sich umzuschauen.
Er sah nichts.
Der Wald schwieg.
Zwar standen die Bäume nicht zu dicht, aber in die Lücken zwischen den Stämmen hatte sich die Dunkelheit hineingeschoben, und sie war wie schwarze Watte.
Zu diesem Haus, in dem Diondra versteckt gehalten wurde, gehörte ein großer, ungepflegter Park. Ein mächtiges Gelände, das von einer hohen und dichten Hecke umgeben war, die beinahe schon wie eine Mauer wirkte. Suko hatte sie überwinden müssen und war trotzdem diesem Mann in die Arme gelaufen. Es ließ darauf schließen, dass er einen Fehler begangen hatte. Er hätte sich noch vorsichtiger benehmen müssen und hatte wohl eine Falle übersehen.
Daran gab es nichts mehr zu ändern, das Kind war in den Brunnen gefallen, Suko musste sich damit abfinden. Den toten Mann ließ er zunächst liegen. Er würde sich später um die Leiche und deren Abtransport kümmern. Die Lebenden waren jetzt wichtiger.
Suko brauchte nicht weit zu gehen, um den Wald zu verlassen.
Dann sah er das Haus. Selbst in der Dunkelheit wirkte es groß und klotzig, wie ein starrer, kantiger Schatten, der vom Boden her
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