0794 - Sieben Leben, sieben Tode
Bodensatz ihres parapsychischen Potentials. Er hatte fest einkalkuliert, dass sie daran zerbrechen und den-Verstand verlieren würde. Doch sie erwies sich als stärker, als er gedacht hatte. Sie verlor lediglich einen Teil ihrer Erinnerung.
Nun gut, das war besser als nichts, aber dadurch blieb sie immer noch eine Gefahr. Wenn sie sich nun erinnerte, bevor das Spiel endete?
Der Meister beschloss kein Risiko einzugehen. Er schickte den zweiten Untoten, der Rita töten sollte.
Aber der Wiedergänger versagte.
Oder besser besagt, Rita hatte ihn besiegt.
Der Ausbruch ihrer parapsychischen Kräfte hatte das Labyrinth, dieses magische Gebilde, das der Meister geschaffen hatte, in seiner Grundstruktur erschüttert.
Der Meister hätte jetzt nervös werden können, aber er wusste, dass Hektik ihn nicht weiterbringen würde. Er wusste um seine Macht. Ohne seinen Willen konnten die Gefangenen das Labyrinth nicht verlassen. Noch immer saßen sämtliche Trümpfe in seiner Hand.
Aber man soll sein Glück nicht herausfordern, sagte er sich.
Schließlich war da auch noch diese Duval, die immer lästiger zu werden begann. Jetzt hatte sie immerhin schon die Fotos entdeckt. Was war Haas doch für ein Narr gewesen, dass er tatsächlich gedacht hatte, ihn damit erpressen zu können!
Diese Duval war ein Risikofaktor. Das Medium Rita war ein Risikofaktor. Und natürlich Zamorra. Zamorra war der schlimmste. Er war das Ziel, der Mann, um den es eigentlich ging.
Ein Risiko ist dazu da, minimiert zu werden.
Der Meister grinste. Und beschloss, das Spiel zu beschleunigen, indem er selbst das Labyrinth betrat…
***
Jens Mahrzahn hatte jegliche Hoffnung verloren, diesen Albtraum lebendig zu überstehen.
Er wusste es in dem Augenblick, als der Untote Susanne Greve packte und ihr mit einem einzigen Schlag seiner Klauen die Halsschlagader aufriss. Der langgezogene Schrei der Hellseherin ging in ein Röcheln und Gurgeln über.
Sie stürzte nach vorn, als der Untote sie losließ. In dem Augenblick, in dem ihr Tod feststand, schien er das Interesse an ihr verloren zu haben - als würde er spüren, wie das Leben aus ihrem beleibten, matronenhaften Körper wich.
Jens Mahrzahn wich zurück. Seine Knie schlotterten. Er hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten.
Aus dem Augenwinkel sah er, wie Tony Ehrmann die Flucht ergriff. Ehrmann, der außer Zamorra bisher noch die größte Ruhe ausgestrahlt hatte. Er rannte Hals über Kopf davon, und Mahrzahn konnte es ihm nicht einmal verdenken.
Er konnte überhaupt nicht mehr denken.
Sein Hirn war wie abgeschaltet. Tot. Der Überlebensinstinkt übernahm die Kontrolle über sein Handeln, seinen Körper.
Flucht!
Aber da war etwas, das ihn erlahmen ließ. Ein Schatten, der hinter dem Untoten, zwischen den Regenbogenblumen, aufgetaucht war. Wie der Wiedergänger zuvor war der Schatten quasi aus dem Nichts erschienen.
Unmöglich, durchfuhr es Mahrzahn. Es reicht. Gleich werde ich aufwachen. Gleich…
Aber er wusste, dass er nicht aufwachen, sondern sterben würde, wenn er sich nicht endlich in Bewegung setzte. Der Untote hatte ihn fast erreicht. Sein Gesicht war bleich, und in seinen Hals hatten sich deutliche Würgemale eingegraben.
Mahrzahn ahnte nicht, dass der Körper vor ihm einmal dem Geschäftsmann Georg Hoffmann gehört hatte, der Mitglied der Bruderschaft gewesen war und dann, als der Meister ihn fallenließ, sich aufgehängt hatte.
***
Lauf! LAUF!
Aber da trat der Schatten zwischen den Blumen hervor, und das grelle Licht der Mini-Sonne fiel auf sein Gesicht.
Es war ein Gesicht, das Mahrzahn kannte.
Das ist doch nicht möglich…
Es war nicht möglich, weil der Mann, der vor ihm stand und ihn maliziös angrinste - tot war! Mahrzahn hatte gesehen, wie er starb, vor kurzem erst und nur wenige hundert Meter von hier entfernt!
»Es ist nicht alles, wie es zu sein scheint«, sagte der Mann und ließ ein leises Lachen hören. »Es war ein Spiel. Nichts als ein Spiel…«
Mahrzahn kannte die Stimme.
Die Stimme. »Meister…?«, flüsterte er tonlos. Die Wahrheit schockierte und lähmte ihn zugleich.
Ohne eine Geste der Abwehr ließ er es geschehen, dass der Untote ihn erreichte.
Zupackte. Zuschlug. Zubiss.
Meister, warum…?
Ohne eine Erklärung erhalten zu haben, hauchte der erfolgreiche Manager Jens Mahrzahn sein Leben aus.
***
»Der Mann auf dem Foto ist Wolf gang Hennings. Ein Privatdetektiv - wobei ich in diesem Fall allerdings die volkstümliche Bezeichnung Schnüffler
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