0794 - Sieben Leben, sieben Tode
sind Sie auf die Bruderschaft gestoßen, Rita?«
Sie zuckte müde die Achseln. »Wie jeder der anderen vermutlich auch -über einen Bekannten. Es funktionierte wie ein Schneeballsystem. Man kennt denjenigen, der einen hineingebracht hat, und man kennt denjenigen, den man selbst für die Bruderschaft begeistern konnte. Die restlichen Adepten haben nicht mal ein Gesicht.«
»Sie hatten eines. Sie nahmen eine besondere Position ein, da bin ich mir sicher. Ich spüre Ihre Begabung.« Er behauptete nicht zuviel. Rita hatte etwas Besonderes. Es war ihre Ausstrahlung, die sich von denen der anderen Leute in der Gruppe unterschied. Natürlich war er weit davon entfernt, eine magische Aura wahrnehmen zu können, wie es vielleicht ein Schwarzblütiger vermocht hätte. Aber Rita hatte von Anfang an etwas Geheimnisvolles umgeben.
»Ich bereue, was ich getan habe«, sagte sie. »Ich wünschte, ich hätte niemals Kontakt zur Bruderschaft aufgenommen. Es ist sogar noch schlimmer. Seit Sie bei mir sind, kenne ich mich selbst nicht mehr wieder.«
Zamorra hoffte, dass ihre Reue von Herzen kam. Immer wieder gerieten Menschen in die Fänge der Schwarzen Familie, weil sie nach Macht, Ruhm oder Geld strebten, aber gleichzeitig nicht bereit waren, Strapazen auf sich zu nehmen, um ihr Ziel zu erreichen. Sie wollten den schnellen, bequemen Erfolg - und übersahen, dass sie ihr Schicksal in die Hände einer Macht legten, die sie nicht mehr zu kontrollieren vermochten. Die Dämonen ließen sich die Gefallen, die sie den Menschen taten, stets doppelt und dreifach vergelten. Asmodis war ein Meister in solchen Spielchen gewesen, als er noch der Fürst der Finsternis gewesen war. Die Zahl der Seelen, die er in die Abgründe der Hölle gelockt hatte, waren Legion. Er selbst schwieg sich darüber allerdings nur allzu gerne aus.
Rita, das stand inzwischen für Zamorra fest, unterschied sich von diesen Menschen.
»Sie haben eine Begabung, Rita. Sie waren wertvoll für den Meister, weil nur sie den Kontakt zu den Mächten der Finsternis herstellen konnten. Wahrscheinlich hat er Sie als Medium benutzt…«
Im selben Augenblick erfolgte der Angriff…
***
Das Bestattungsinstitut Haas war vorübergehend geschlossen, wie ein rotes Pappschild im Fenster der Eingangstür verkündete. Der Spalt zwischen Tür und Zarge war mit einem polizeilichen Siegel überklebt, das Werner kurzerhand durchschnitt.
Er besaß einen Schlüssel zum Geschäft, der während einer Durchsuchung am Vormittag sichergestellt worden war.
»Sie können sich frei bewegen«, sagte er, während er die Tür öffnete. »Die Spurensicherung hat ihre Arbeit bereits abgeschlossen.«
Sie betraten den Vorraum, in dem der Empfangsbereich wie ausgestorben wirkte. Das Personal war über Haas’ Verschwinden informiert worden. Mittlerweile rechnete niemand mehr damit, dass der Bestattungsunternehmer noch am Leben war.
»Haas hat allein gewohnt«, sagte Werner. »Er hatte weder Familie, noch sind wir bislang auf Verwandte gestoßen. Ein Einzelgänger, wie er im Buche stand.«
»Gibt es eine Liste der Bestattungen, die das Institut während der letzten Wochen ausgeführt hat?«
Werner nickte. »Wir haben die Namen aller Toten, deren Gräber aufgebrochen wurden, darauf wiedergefunden. Ich frage mich, was Haas sich dabei gedacht hat. Es muss ihm doch klar gewesen sein, dass er irgendwann auffliegen würde.«
»Vielleicht hat er sich von dem Geschäft mit der Bruderschaft noch mehr versprochen. Dämonendiener handeln nicht immer rational.«
Sie betraten das Büro, das in einem der Hinterzimmer untergebracht war. Durch ein Fenster, das von schweren Brokatvorhängen eingerahmt war, fiel trübes Tageslicht herein. Der Schreibtisch besaß einige abschließbare Schubladen.
»Da ist nichts mehr drin. Ich habe alles auf Präsidium schaffen lassen.«
»Gab es irgendwelche persönlichen Unterlagen? Vielleicht ein Notizbuch oder eine Adressenliste?« Sie murmelte es in sich hinein. »Es muss doch etwas geben…«
»Unseren Vermutungen nach gehörte Haas nicht der Bruderschaft an. Er war nur der Zulieferer. Sein Halbbruder Maloy dagegen, der zuerst liquidiert wurde, zählte zu den Adepten.«
»Das bedeutet, dass Haas trotzdem über Informationen verfügte - und dass er dem Meister gefährlich werden konnte.«
Nicole zog die Schubladen auf, aber alle Fächer waren leer. Natürlich. Sämtliches Material war beschlagnahmt worden. Es würde Tage dauern, es zu sichten.
Soviel Zeit hat Zamorra
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