0794 - Sieben Leben, sieben Tode
streckte gerade seine Klauen nach ihr aus und sein schiefer Mund schien sich zu einem mörderischen Grinsen zu verziehen…
... als das Gestein über ihm plötzlich wie von einem Faustschlag einer unsichtbaren Hand durchgeschüttelt wurde. Splitter rieselten herab, erst kleine, dann größere...
Der Untote begriff nicht, welches Unheil sich direkt über ihm zusammenbraute. Er sah nur sein Opfer. Gier verzerrte seine Fratze.
Der Felsbrocken löste sich mit einem Donnern aus der Decke. Er war grob und kantig und besaß einen Durchmesser von wenigstens zwei Metern. Sein Gewicht mochte eine Tonne betragen oder noch mehr.
Ein Schlag… oder mörderischer Druck…
Mit einem dumpfen Knall zerquetschte der Felsbrocken den Untoten vor Zamorras und Ritas Augen.
Gleichzeitig geschah etwas, womit Zamorra schon gar nicht mehr gerechnet hatte.
Das Amulett erwachte zum Leben!
Es wurde plötzlich glühend heiß. Der flirrende Schutzschirm baute sich um Zamorras Körper auf, und ein silberner Blitz zuckte aus dem Zentrum des Amuletts. Er traf den Untoten, der von dem Felsbrocken bereits tödlich getroffen war, und verbrannte den Leib im Bruchteil einer Sekunde zu Asche.
Danach erlosch der Schutzschirm. Staub und ein paar kleinere Steine rieselten noch herab, dann war es still.
Unwirklich still.
Rita stand da wie eine Statue. Noch immer hielt sie die Hände an die Stirn gepresst. Sie wirkte, als wäre sie nicht sie selbst. Offenbar hatte sie nicht gesehen, wie das Amulett reagiert hatte.
Zamorras Herzschlag beruhigte sich langsam. Er konnte noch immer nicht fassen, dass sie der Gefahr wie durch ein Wunder entronnen waren. Und er konnte nicht fassen, dass Merlins Stern anscheinend beschlossen hatte, wieder aktiv in das Geschehen einzugreifen - ausgerechnet dann, als die Gefahr durch den Steinschlag ohnehin schon gebannt war. Ob die Ereignisse in einem Zusammenhang standen?
Erinnerungen wallten in ihm auf. Es war fast wie damals, als das Amulett ein eigenes Bewusstsein entwickelt hatte, aus dem dann das künstliche Wesen Taran entstanden war.
Aber diesmal war es anders. Die Reaktion des Amuletts hatte andere Ursachen. Zamorra rief Merlins Stern in seine Hand, und das Amulett folgte mit kurzer Verzögerung, als sei es zu träge, um dem Gedankenbefehl nachzukommen.
Zamorra wog es in seiner Hand. Für einen Moment glaubte er zu spüren, wie etwas in dem Amulett flackerte… und erlosch. Es war wieder so kalt und nutzlos wie während der letzten Stunden. Zamorra warf es auf den Boden und rief es erneut.
Keine Reaktion.
Sein Blick fiel auf Rita, die immer noch regungslos dastand - und es war wie eine sprichwörtliche Erleuchtung. Er wusste plötzlich, dass er endlich den Beginn des Fadens ertastet hatte. Des Fadens, der sich verworren durch die letzten Tage spann und doch einem geheimnisvollen Muster folgte und dessen anderes Ende der Meister in den Händen hielt…
***
Derjenige, dem Zamorras Gedanken galten, erwachte anderswo aus seiner Trance.
Er hatte das Geschehen im Labyrinth verfolgt, hatte Zamorra und die Adeptin Rita vor dem Untoten fliehen sehen. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber die Tatsachen ließen sich nicht leugnen: Die Sache begann gefährlich zu werden, das Spiel außer Kontrolle zu geraten. Zamorra ahnte etwas…
Er, der Meister, hatte gegensteuem wollen. Der Angriff hatte der Adeptin gegolten, über die Zamorra schon viel zu viel herausgefunden hatte. Sie konnte den ganzen schönen Plan zunichte machen.
Der Meister ließ einen Fluch hören. Er hatte an alles gedacht. Er hatte die sieben auserwählt, die den Einsturz der Fabrikhalle überleben und in dem magisch geschaffenen Labyrinth wieder erwachen sollten.
Dass Rita dabei war, entsprang einer kühlen Kalkulation. Sie hatte immer eine besondere Rolle während der schwarzen Messen gespielt. Ihr parapsychisches Potential machte sie zu einem hervorragenden Medium, zu einer Komplizin ohne Wissen. Sie hatte bis zum Schluss nicht geahnt, dass es hauptsächlich ihre Kraft war, von welcher der Meister gezehrt hatte.
Aber dann war der Fremde aufgetaucht. Ein neuer Verbündeter mit mehr Wissen und Macht, als der Meister oder Rita es auf ihrem bisherigen Wege jemals erlangen konnten.
Und der Meister hatte beschlossen, sein Medium fallen zu lassen.
Er benutzte sie für sein letztes großes Experiment, die Erweckung der drei Toten, von der er wusste, dass sie Ritas Kräfte bis aufs äußerste strapazieren würde, sie leer saugen würde bis auf den
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