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0799 - Gefangen in Choquai

0799 - Gefangen in Choquai

Titel: 0799 - Gefangen in Choquai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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damit. Vergeblich versuchte er, im grotesken Gesicht des affenköpfigen Zauberers einen Hinweis auf einen Trick oder eine Falle zu finden, doch Wu Huan-Tiao schien es wirklich ernst zu meinen.
    »Ich fühle mich geehrt«, sagte Tsa Mo Ra mit einer Verbeugung. »Und ich nehme dein großherziges Angebot gerne an.«
    »Dann ist es hiermit beschlossen«, sagte Wu. »Von diesem Zeitpunkt an soll keine Feindschaft mehr zwischen uns herrschen. Und wenn der Tag gekommen ist, werde ich mich glücklich schätzen, mich bei dir zu revanchieren.«
    ***
    Wuchang, zehn Jahre nach der Ankunft des Fremden
    Der blinde Vampir lachte, als er die typischen Gerüche der Stadt in sich aufnahm. Es roch nach gebratenem Hühnerfleisch, eingelegten Kräutern, Schweiß und Unrat, aber der Wohlgeruch der edelsten Duftöle hätte Wang Youwei nicht mehr entzücken können.
    Die Strapazen der letzten Tage waren vergessen. Er war am Ziel. Nur noch ein paar Stunden, und dann endlich würde der Regent von Wuchang seinem Schicksal begegnen.
    Während er seinen unförmigen Leib an den überfüllten Ständen des Nachtmarkts vorbei zwängte, dachte der ehemalige Beamte an die wundervolle Nacht seiner Wiedergeburt. Der menschliche Hofzauberer Tsa Mo Ra hatte ihn nach wenig angenehmen Stunden im Gefängnis in seinem eigenen Haus übernachten lassen. Doch Youwei hatte nur ein Ziel: so schnell wie möglich zu fliehen.
    Als er sich eines Nachts aus dem Haus schleichen wollte, war er aus Versehen in Tsa Mo Ras Privatgemach geraten. Doch es war nicht der Hausherr gewesen, der ihn angefallen und seine Zähne in-Youweis Hals gebohrt hatte.
    Youwei lächelte, als er daran dachte, wie er seine Bestimmung trotz seines fast erloschenen Augenlichts plötzlich klar und deutlich vor sich gesehen hatte.
    Er musste Kuang-shis Reich in dieser Welt vergrößern.
    Leise in sich hinein kichernd setzte der Vampir seinen Weg durch die überfüllten Straßen fort.
    Er bemerke nicht die in eine safrangelbe Kutte gehüllte Gestalt, die ihm auf Schritt und Tritt folgte.
    ***
    Den Regenten von Wuchang fett zu nennen, wäre eine Schmeichelei gewesen. Siu-Tis Leibesfülle hatte so bedenkliche Ausmaße angenommen, dass seine extra verstärkte Sänfte von doppelt so vielen Männern getragen werden musste wie üblich. Doch der Regent verließ seinen Palast nur noch selten. Er hatte sich den Gesetzen der Schwerkraft inzwischen so sehr gebeugt, dass er die meiste Zeit des Tages im Liegen zubrachte, wobei er von morgens bis abends weitere Köstlichkeiten in sich hineinstopfte.
    Dass die meisten Bewohner des Reiches kaum mehr als eine Schale Reis pro Tag zu essen hatten, störte Siu-Ti nicht. Das einzige, was den Regenten von Wuchang mit seinen Untertanen verband, war tiefer Ekel. Das einfache Volk war so schmutzig, so verlaust und so gewöhnlich, dass der Regent es die meiste Zeit vorzog zu vergessen, dass es überhaupt existierte. Außer natürlich, wenn es darum ging, eine neue Steuer zu ersinnen, um seinen Untertanen noch ein bisschen mehr Geld abzupressen, oder seine in zahlreichen Kriegen dezimierte Armee wieder aufzufüllen.
    An diesem Abend feierte der Regent den 14. Geburtstag seiner jüngsten Konkubine, und der Diener, der sich vor ihm auf den Fußboden presste, wusste, dass er mit seinem Leben spielte, weil er es wagte, Siu-Ti bei seinen hemmungslosen Genüssen zu stören. Aber die Nachricht, die er ihm zu überbringen hatte, duldete keinen Aufschub.
    »Es ist Wang-Youwei, Herr«, flüsterte der Diener. »Er ist aus der verlorenen Provinz zurückgekehrt, und er hat eine dringende Nachricht für Euch. Es gehe um Leben und Tod, sagt er.«
    »Youwei?« Der Regent verschluckte sich fast an seinen knusprigen Hühnerkrallen. Wieso lebte dieser fette Bastard noch? Siu-Ti hatte herzlich gelacht, als Wang im Weinrausch gewitzelt hatte, der Kopf des Regenten sei so leer wie der Geldbeutel einer fäulniskranken Hure - und ihn dann mit einer kleinen Sonderaufgabe betraut. Er hatte nicht geglaubt, Wang jemals wiederzusehen.
    Am liebsten hätte er den Beamten gleich wieder mit Fußtritten aus der Stadt jagen lassen. Aber vielleicht stimmten die düsteren Legenden ja, die sich um die verlorene Provinz am Oberlauf des Yangtze rankten. Konnte es dort etwas geben, was so gefährlich war, dass es ihm selbst hier in Wuchang gefährlich werden konnte? Siu-Ti beschloss, kein Risiko einzugehen. Ich werde ihn erst anhören und dann aus der Stadt jagen. Sicher ist sicher.
    Müßig ließ der Regent seinen

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