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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Branche.«
    »Ich weiß selbst, dass ich in Hörsälen arbeite«, sagte sie. »Daran braucht man mich nicht ständig zu erinnern.«
    »Was?«
    »Hier scheint’s ein beliebter Sport zu sein, Andrea Norton daran zu erinnern, dass sie nur ein gelehrter Bücherwurm ist, während alle anderen, die draußen unterwegs sind, wirklich etwas leisten.«
    »Davon weiß ich nichts. Ich bin neu hier. Ich möchte nur einen ersten Eindruck von jemandem aus Ihrem Bereich, mehr nicht.«
    »Sie versuchen nicht, mir etwas zu beweisen?«
    »Ich versuche, ein wenig Unterstützung zu bekommen.«
    Sie verzog das Gesicht. »Okay.«
    Ich hielt ihr meine Stablampe hin. »Folgen Sie der Spur aus Kleidungsstücken bis zum Ende. Fassen Sie bitte nichts an. Merken Sie sich nur Ihre ersten Eindrücke. Über die würde ich später gern mit Ihnen reden.«
    Sie sagte nichts, griff lediglich nach der Stablampe und setzte sich in Bewegung. Auf den ersten fünf bis sechs Metern wurde sie noch von den Scheinwerfern des Humvees des MP-Gefreiten angestrahlt. Sein Fahrzeug stand noch immer schräg in Richtung Wald. Ihr Schatten tanzte vor ihr her. Dann verließ sie den Scheinwerferbereich, und ich sah den Lichtstrahl meiner Stablampe, der sich schwankend in die Dunkelheit bohrte und dabei immer schwächer wurde. Dann verlor ich ihn ganz aus den Augen. Zuletzt war nur noch ein schwacher Widerschein von der Unterseite unbelaubter Äste sichtbar - weit in der Ferne, hoch in der Luft.
    Sie blieb ungefähr zehn Minuten fort. Dann kam der Lichtstrahl wieder auf uns zu. Sie war sichtlich mitgenommen und blass, als sie die Stablampe ausknipste und mir zurückgab.
    »In meinem Dienstzimmer«, sagte sie. »In einer Stunde.«

    Sie stieg wieder in Summers Humvee. Summer wendete und fuhr in raschem Tempo davon.
    »Okay, Leute, an die Arbeit!«, sagte ich. Ich saß in meinem Humvee und beobachtete, wie die Lichtstrahlen der Stablampen das Gelände kreuz und quer absuchten, während bläuliche Kamerablitze überall um mich herum Bewegungen einfrieren ließen. Ich rief meine Sergeantin nochmals über Funk und wies sie an, die Leichenhalle des Stützpunktes öffnen zu lassen. Außerdem sollte sie dafür sorgen, dass am nächsten Morgen als Erstes ein Pathologe bereitstand. Nach einer halben Stunde stieß der Krankenwagen rückwärts an den Straßenrand, und meine Männer luden eine Tragbahre ein, auf der eine zugedeckte Gestalt lag. Sie schlossen die Hecktüren und klatschten mit der flachen Hand darauf. Der Krankenwagen fuhr los. Durchsichtige Asservatenbeutel wurden gefüllt und beschriftet. Zur Tatortsicherung wurde Absperrband von einem Baumstamm zum nächsten gespannt. Es begrenzte ein ungefähres Rechteck von vierzig mal fünfzig Metern.
    Ich überließ es meinen Männern, ihre Arbeit selbst zu beenden, und fuhr durch die Dunkelheit zu den Hauptgebäuden des Stützpunktes zurück. Hielt bei einem Wachposten an und ließ mir beschreiben, wie ich zur Schule für psychologische Kriegsführung kam. Sie war in einem niedrigen Ziegelbau mit grünen Türen und Fensterrahmen untergebracht, der ursprünglich für eine Versorgungseinheit errichtet worden zu sein schien. Die Schule stand in einiger Entfernung vom Stabsgebäude ungefähr auf halber Strecke zu den Unterkünften der Special Forces. Das Gebäude lag still und dunkel vor mir, aber im Zentralkorridor und in einem der Büros brannte Licht. Ich parkte am Eingang und ging hinein. Folgte dem düster beleuchteten gefliesten Korridor, bis ich zu einer Tür mit eingesetzter Milchglasscheibe kam, auf der in Schablonenschrift Lt/Col. A. Norton stand. Ich klopfte an und trat ein. Sah ein kleines, ordentliches Büro, das sauber und feminin roch. Ich unterließ das Salutieren, da ich davon ausging, dass wir darüber hinaus waren.

    Norton saß hinter einem großen Militärschreibtisch aus Eiche, auf dem aufgeschlagene Lehrbücher lagen. Es waren so viele, dass sie ihr Telefon vom Schreibtisch genommen und auf den Fußboden gestellt hatte. Vor ihr befand sich ein mit handschriftlichen Notizen bedeckter gelber Block. Die Schreibtischlampe beleuchtete ihn, und das reflektierte Licht ließ ihr Haar noch blonder erscheinen.
    »Hallo«, sagte sie.
    Ich nahm auf ihrem Besucherstuhl Platz.
    »Wer war er?«, fragte sie.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete ich. »Ich glaube nicht, dass wir ihn so einfach identifizieren können. Das Gesicht ist bestialisch zugerichtet. Wir werden die Fingerabdrücke benutzen müssen. Oder das Zahnschema.

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