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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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rebellieren würde.«
    Ich schwieg.
    »Dies ist die einzige Beschwerde, die Carbone jemals vorgebracht hat«, sagte er. »In insgesamt sechzehn Dienstjahren. Auch das habe ich überprüft. Ein Kerl wie er muss versuchen, möglichst nicht aufzufallen. Aber die Delta Force insgesamt
wird darin eine gewisse Bedeutung sehen. Aus der Tatsache, dass Carbone sich erstmals in seinem Leben aus der Deckung gewagt hat, werden seine Kameraden schließen, dass ihr Jungs euch von früher gekannt habt. Sie werden glauben, ihr hättet noch eine alte Rechnung zu begleichen gehabt. Das wird Sie den Jungs nicht sympathischer machen.«
    Ich schwieg.
    »Was sollte ich also tun?«, fragte Willard. »Sollte ich rübergehen und ein paar Andeutungen über lästige juristische Hindernisse machen? Oder schließen wir einen Handel ab? Ich halte Ihnen die Delta Force vom Hals, und Sie fangen endlich zu spuren an?«
    Ich schwieg.
    »Ich glaube nicht wirklich, dass Sie ihn ermordet haben«, fuhr er fort. »So weit würden nicht einmal Sie gehen. Aber ich hätte nichts dagegen, wenn Sie’s getan hätten. Schwule in der Army sind unter Vorspiegelung falscher Tatsachen beim Militär und sollten ausgemerzt werden. Sie hätten ihn nur aus dem falschen Grund liquidiert, das wäre alles.«
    »Das ist eine leere Drohung«, entgegnete ich. »Sie haben mir nicht gesagt, von wem die Beschwerde war. Sie haben sie mir gestern nicht gezeigt. Sie haben seinen Namen nie genannt.«
    »Ihre Sergeantenmesse würde das keine Sekunde lang glauben. Sie sind Ermittler bei einer Special Unit. Sie haben Erfahrung mit solchen Dingen. Für Sie ist’s eine Kleinigkeit, aus all den Akten, mit denen wir vermutlich arbeiten, einen bestimmten Namen rauszufiltern.«
    Ich schwieg.
    »Wachen Sie auf, Major«, sagte Willard. »Klinken Sie sich in die Realität ein. Garber ist nicht mehr da. Wir gehen jetzt vor, wie ich es für richtig halte.«
    »Sie machen einen Fehler«, sagte ich. »Sie machen einen Feind aus mir.«
    Er schüttelte den Kopf. »Keineswegs. Ich mache keinen Fehler. Und ich mache keinen Feind aus Ihnen. Ich bringe diese Einheit
auf Vordermann, das ist alles. Sie werden mir später dafür danken. Sie und alle anderen. Die Welt verändert sich. Ich habe den großen Überblick.«
    Ich schwieg.
    »Helfen Sie der Army«, sagte er. »Und helfen Sie dabei auch sich selbst.«
    Ich schwieg.
    »Sind wir uns also einig?«, fragte er.
    Ich gab keine Antwort. Er blinzelte mir zu.
    »Ich denke, wir sind uns einig«, sagte er. »So dämlich sind Sie nicht.«
    Willard stand auf, verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Ich saß da und beobachtete, wie das steife Kunstleder der Sitzfläche des Besucherstuhls seine Form langsam, mit kaum hörbarem Zischen zurückgewann.

10
    Die Welt verändert sich. Ich war stets ein Einzelgänger gewesen, aber jetzt begann ich, mich einsam zu fühlen. Und als Zyniker, der ich ebenfalls gewesen war, fing ich an, mich hoffnungslos naiv zu fühlen. Meine beiden Familien schienen sich aufzulösen - die eine aus historischen Gründen und die andere, weil ihre verlässlichen alten Werte sich plötzlich verflüchtigten. Ich kam mir wie ein Mann vor, der allein auf einer einsamen Insel aufwacht und feststellen muss, dass alle sich nachts heimlich mit Schiffen davongemacht haben. Es war mir, als hätte ich immer englisch gesprochen und jetzt gemerkt, dass jedermann außer mir eine völlig andere Sprache sprach. Die Welt veränderte sich. Und ich wollte nicht, dass sie das tat.
     
    Summer kam drei Minuten später zurück. Ich vermutete, dass sie sich irgendwo in der Nähe versteckt und darauf gewartet
hatte, dass Willard endlich ging. Sie hielt einen dicken Endlosausdruck unter den Arm geklemmt und hatte mir offenbar etwas Wichtiges mitzuteilen.
    »Vassell und Coomer waren gestern Abend wieder hier«, begann sie. »Sie stehen im Wachbuch.«
    »Setzen Sie sich«, sagte ich.
    Sie zögerte überrascht, bevor sie auf dem Stuhl Platz nahm, auf dem Willard gesessen hatte.
    »Ich bin giftig«, sagte ich. »Sie sollten sich sofort von mir entfernen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wir hatten Recht«, erklärte ich. »Fort Bird ist wirklich ein Ort voller Peinlichkeiten. Erst Kramer, dann Carbone. Willard lässt die Ermittlungen in beiden Fällen einstellen, damit die Army sich nicht genieren muss.«
    »Den Fall Carbone kann er nicht unter den Teppich kehren.«
    »Dienstunfall«, sagte ich. »Er ist gestolpert und dummerweise auf den Kopf

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