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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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wieder eingelassen zu werden?«
    »Alles ist möglich«, wiederholte ich.
    »Wie viel Zeit wäre ungefähr vergangen? Zwischen dem Mord und dem Einlass am Haupttor?«
    »Keine Ahnung. Dazu müsste ich ausrechnen, wie weit der Täter zu gehen hatte.«
    »Vielleicht ist er gerannt.«
    »Vielleicht.«
    »Sodass er beim Passieren des Haupttors außer Atem gewesen wäre.«
    Ich schwieg.
    »Was glauben Sie?«, fragte Willard. »Wie lange hätte er gebraucht?«
    »Ein bis zwei Stunden.«
    Er nickte. »Ist die Tunte also zwischen neun und zehn Uhr umgelegt worden, hätte der Killer um elf am Tor erscheinen können?«
    »Möglich«, sagte ich.
    »Und das Tatmotiv wäre gewesen, irgendeine Sache abzuwürgen.«
    Ich nickte. Schwieg.
    »Und Sie haben sechs Stunden für eine Strecke gebraucht, die ein Auto in nur vier Stunden zurücklegt. Dadurch existiert eine potenzielle Lücke von zwei Stunden, die Sie mit der vagen Behauptung erklären, Sie hätten langsamere Verkehrsmittel benutzt.«
    Ich sagte nichts.

    »Und Sie haben gerade zugegeben, dass zwei Stunden ohne weiteres für die Ausführung der Tat ausreichen. Vor allem die beiden Stunden zwischen neun und zehn Uhr, die zufällig genau die zwei Stunden sind, für die Sie kein Alibi haben.«
    Ich sagte nichts. Er lächelte.
    »Und Sie sind außer Atem am Tor angekommen«, fuhr er fort. »Ich habe mich erkundigt.«
    Ich gab keine Antwort.
    »Aber welches Tatmotiv hätten Sie gehabt?«, fragte er. »Ich nehme an, dass Sie Carbone nicht gut kannten. Ich setze voraus, dass Sie sich nicht in denselben Kreisen bewegen wie er. Das hoffe ich zumindest sehr.«
    »Sie vergeuden Ihre Zeit«, sagte ich. »Und Sie machen einen großen Fehler. Sie wollen mich nämlich wirklich nicht zu Ihrem Feind machen.«
    »Will ich das nicht?«
    »Nein«, sagte ich. »Das wollen Sie wirklich nicht.«
    »Welche Sache wollten Sie abwürgen?«, fragte er.
    Ich schwieg.
    »Ich verrate Ihnen jetzt eine interessante Tatsache«, sagte Willard. »Sergeant First Class Christopher Carbone war der Soldat, der sich über Sie beschwert hat.«
     
    Das bewies er mir, indem er eine Fotokopie der Anzeige aus der Tasche zog. Er faltete das Blatt auseinander und schob es mir über den Schreibtisch. Unter einem Aktenzeichen standen ein Datum, eine Dienststelle und eine Uhrzeit. Das Datum war der zweite Januar, die Dienststelle die Standortkommandantur Fort Bird, und die Uhrzeit war 8.45 Uhr. Dann folgte eine aus zwei Absätzen bestehende eidesstattliche Aussage. Ich überflog einige der gestelzt formulierten Sätze: Ich beobachtete persönlich, wie ein Major der Militärpolizei namens Reacher den ersten Zivilisten durch einen Tritt ans rechte Knie außer Gefecht setzte. Unmittelbar darauf traf Major Reacher den zweiten Zivilisten mit einem Kopfstoß ins Gesicht. Meines Wissens erfolgten
beide Angriffe gänzlich unprovoziert. Ich sah kein Element der Selbstverteidigung. Anschließend kam eine Unterschrift, unter der mit der Maschine getippt Carbones Name und seine Stammnummer standen. Ich erkannte diese Nummer aus Carbones Personalakte. Ich sah zu der lautlosen Wanduhr auf und stellte mir Carbone vor, wie er aus dem Striplokal auf den Parkplatz kam, mich kurz ansah und sich dann unter die Gruppe von Männern mischte, die an Autos lehnten und Bier aus Flaschen tranken. Dann senkte ich den Blick, zog meine Schublade auf und legte das Blatt Papier hinein.
    »Die Männer der Delta Force lassen einander niemals im Stich«, erklärte Willard. »Das wissen wir alle. Das gehört mit zu ihrem geheimnisvollen Nimbus, vermute ich. Was werden Sie also jetzt tun? Einer ihrer Kameraden wird erschlagen aufgefunden, nachdem er eine Beschwerde gegen einen Klugscheißer von einem MP-Major vorgebracht hat, und der bewusste MP-Major, der seine Karriere retten muss, hat kein richtiges Alibi für die Tatzeit?«
    Ich schwieg.
    »Auch der Kommandeur der Delta Force bekommt eine Durchschrift«, sagte Willard. »Das ist Vorschrift bei Beschwerden wegen Disziplinarvergehen. Alle möglichen Stellen bekommen eine Durchschrift. Folglich wird die Nachricht sehr bald die Runde machen. Dann werden sie mit Fragen zu mir kommen. Und was soll ich antworten? Ich könnte ihnen sagen, dass Sie bestimmt nicht verdächtigt werden. Oder ich könnte andeuten, dass Sie zwar verdächtigt werden, aber aus irgendwelchen technischen Gründen von mir nicht belangt werden können. Ich könnte mir vorstellen, dass ihr Gerechtigkeitsgefühl gegen solche Ungerechtigkeit

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