08-Die Abschussliste
geknallt.«
»Was?«
»Willard benutzt das als Test für mich. Erkenne ich die Realität an oder nicht?«
»Tun Sie das?«
Ich gab keine Antwort.
»Das sind illegale Befehle«, sagte Summer.
»Sind Sie bereit, sich gegen sie zu wehren?«
Sie schwieg. Gegen illegale Befehle konnte man sich praktisch nur wehren, indem man sie nicht ausführte und damit ein Kriegsgerichtsverfahren riskierte, bei dem es unweigerlich zu einem Scharmützel mit einem Kerl kam, der im Dienstgrad höher stand - und das vor einem Vorsitzenden Richter, der genau wusste, dass die Army auf dem Grundsatz beharrte, Befehle dürften nicht hinterfragt werden.
»Also ist nie was passiert«, sagte ich. »Liefern Sie alle Ihre Unterlagen hier ab, und vergessen Sie, dass Sie jemals von mir, Kramer oder Carbone gehört haben.«
Sie schwieg.
»Und reden Sie mit den Soldaten, die gestern Abend draußen waren. Sagen Sie ihnen, dass sie das, was sie gesehen haben, aus ihrem Gedächtnis streichen sollen.«
Sie starrte zu Boden.
»Dann gehen Sie in den O Club zurück und warten auf Ihren nächsten Auftrag.«
Sie sah mich fragend an.
»Ist das Ihr Ernst?«
»Völlig. Das ist ein ausdrücklicher Befehl.«
Sie starrte mich an. »Sie sind nicht der Mann, für den ich Sie gehalten habe.«
Ich nickte.
»Sie haben Recht«, sagte ich. »Der bin ich nicht.«
Als sie gegangen war, griff ich nach dem Stapel Endlospapier, den sie zurückgelassen hatte. Er war ziemlich dick. Ich fand die Seite, die ich suchte und starrte sie an.
Weil ich etwas gegen Zufälle hatte.
Vassell und Coomer waren an dem Abend, an dem Carbone gestorben war, um 18.45 Uhr durchs Haupttor nach Fort Bird gekommen. Um 22.05 Uhr hatten sie den Stützpunkt wieder verlassen. Dreieinviertel Stunden, in denen Carbones vermutlicher Todeszeitpunkt lag.
Oder reichlich Zeit für ein Abendessen.
Ich griff nach dem Telefonhörer und rief den Speisesaal im O Club an. Ein Unteroffizier sagte mir, der zuständige Sergeant werde zurückrufen. Dann rief ich meine Sergeantin an und bat sie festzustellen, wer mein Kollege in Fort Irwin war, und mich mit ihm zu verbinden. Vier Minuten später kam sie herein und brachte mir einen Becher Kaffee.
»Er ist sehr beschäftigt«, teilte sie mir mit. »Kann noch eine halbe Stunde dauern. Sein Name ist Franz.«
»Ausgeschlossen«, sagte ich. »Franz ist in Panama. Ich habe dort selbst mit ihm gesprochen.«
»Major Calvin Franz«, sagte sie. »Diese Auskunft habe ich bekommen.«
»Rufen Sie noch mal an«, bat ich. »Fragen Sie ausdrücklich nach.«
Sie ließ den Kaffee auf meinem Schreibtisch stehen und ging wieder zu ihrem Telefon. Kam nach weiteren vier Minuten zurück und bestätigte, dass ihre Information zutreffend gewesen war.
»Major Calvin Franz«, wiederholte sie. »Er ist seit dem neunundzwanzigsten Dezember dort.«
Ich sah auf meinen Tischkalender. 5. Januar.
»Und Sie sind seit dem neunundzwanzigsten Dezember hier«, erklärte sie.
Ich sah sie an.
»Rufen Sie ein paar weitere Stützpunkte an«, sagte ich. »Aber nur die großen. Fangen Sie mit Fort Benning an, gehen Sie das Alphabet durch. Besorgen Sie mir die Namen ihrer MP-Exekutivoffiziere, und stellen Sie fest, wie lange sie schon dort sind.«
Sie nickte und ging hinaus. Der für den Speisesaal verantwortliche Sergeant rief zurück. Ich fragte ihn nach Vassell und Coomer. Er bestätigte, dass die beiden im O Club zu Abend gegessen hatten. Vassell hatte den Heilbutt genommen, während sich Coomer für das Steak entschieden hatte.
»Haben sie allein gegessen?«, fragte ich.
»Nein, Sir, sie waren mit einer Gruppe von höheren Offizieren zusammen«, antwortete der Soldat.
»Auf Verabredung?«
»Nein, Sir, wir hatten den Eindruck, das Ganze sei improvisiert gewesen. Die Gruppe war eigenartig bunt zusammengewürfelt. Ich glaube, sie hat sich erst beim Aperitif an der Bar zusammengefunden. Wir hatten jedenfalls keine Reservierung für eine Gruppe.«
»Wie lange waren die Leute da?«
»Sie haben vor halb acht Platz genommen und sind kurz vor zehn aufgestanden.«
»Niemand ist weggegangen und später wiedergekommen?«
»Nein, Sir, wir hatten sie ständig im Blick.«
»Die ganze Zeit?«
»Wir haben sie genau beobachtet, Sir. Natürlich vor allem wegen des Generals.«
Ich legte auf. Dann rief ich die Wache am Haupttor an. Fragte nach, wer Vassell und Coomer bei der Ein- und Ausfahrt gesehen hatte. Man nannte mir den Namen eines Sergeanten. Ich wies den Wachhabenden an, den
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