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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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üblichen Typs. Drinnen gab es eine lange Theke, hinter der sich die Lagerräume befanden, zu denen nur Beschäftigte Zutritt hatten. Dort lagerten riesige Mengen von Uniformteilen, Reifen, Wolldecken, Essgeschirre, Schanzwerkzeug und Ausrüstungsgegenstände jeglicher Art.
    Hinter der Theke stand ein junger Mann in einem neuen Kampfanzug, ein fröhlicher, wohl genährter Junge vom Land. Er machte auf mich den Eindruck, als arbeite er im Eisenwarengeschäft seines Vaters und sehe darin seinen Lebenszweck. Ich erklärte ihm, wir interessierten uns für Baugeräte. Er schlug einen Katalog auf, der so dick wie acht Telefonbücher war. Fand den richtigen Abschnitt. Ich fragte nach Brecheisen. Er leckte seinen Zeigefinger an, blätterte weiter und fand zwei Eintragungen. Brechstange, Standard, lang, Klaue an einem Ende und dann Brecheisen, Standard, kurz, Klauen an beiden Enden. Ich bat ihn, uns ein Brecheisen zu zeigen.
    Er verschwand zwischen hohen Regalen. Wir warteten. Atmeten die typische Lagerhallenluft aus altem Staub, neuem Gummi und feuchtem Drillich ein. Nach fünf Minuten tauchte er mit einem GI-Brecheisen auf. Legte es vor uns auf die Theke. Summer hatte richtig vermutet. Das Brecheisen war olivgrün und unterschied sich ganz gewaltig von dem, das wir eben im Dienstzimmer des Pathologen zurückgelassen hatten. Anderer Querschnitt, fünfzehn Zentimeter kürzer, etwas dünner und anders gebogen. Es schien sorgfältig entworfen worden zu sein, ein perfektes Beispiel dafür, wie die Army an Beschaffungen heranging.
    Vor Jahren war es vermutlich Punkt neunundneunzig auf irgendjemandes Liste neu zu beschaffender Gegenstände gewesen. Dann wurde ein Subkomitee gebildet, das fachmännischen Rat
von den Veteranen der alten Baubataillone einholte. Eine technische Beschreibung legte Länge, Gewicht und Haltbarkeit fest. Die Frage der Materialermüdung wurde untersucht, und mögliche Einsatzgebiete wurden berücksichtigt. Man bewertete Sprödigkeit in den kalten Wintern Nordeuropas ebenso wie Verformungen in der Hitze am Äquator. Fertigte detaillierte Zeichnungen an. Stahlwerke in ganz Pennsylvania und Alabama beteiligten sich an der Ausschreibung. Prototypen wurden angefertigt und ausgiebig getestet, und einer davon machte das Rennen. Farbe wurde geliefert; Dicke und Gleichmäßigkeit der Farbschicht wurden vorgeschrieben und sorgfältig überwacht. Danach war die ganze Sache in Vergessenheit geraten, aber das Produkt dieser monatelangen Überlegungen wurde weiter geliefert: Tausende von Stücken pro Jahr, ob sie gebraucht wurden oder nicht.
    »Danke, Soldat«, sagte ich.
    »Möchten Sie es mitnehmen?«, fragte der Junge.
    »Wir wollten es uns bloß ansehen«, antwortete ich.
     
    Wir fuhren zu meiner Dienststelle zurück. Inzwischen war es zehn Uhr, ein trüber Tag, und ich fühlte mich unentschlossen. Bisher hatte das neue Jahrzehnt noch nicht viel gebracht.
    »Schreiben Sie heute den Unfallbericht?«, fragte Summer.
    »Für Willard? Noch nicht.«
    »Er wird ihn heute erwarten.«
    Ich nickte. »Ja, ich weiß. Aber ich will, dass er mich noch einmal dazu auffordert.«
    »Weshalb?«
    »Weil das ein faszinierendes Erlebnis ist, vermute ich. Als ob man Maden beobachtet, die sich in etwas Totem winden.«
    »Was ist tot?«
    »Meine Begeisterung fürs morgendliche Aufstehen.«
    »Ein fauler Apfel«, erklärte sie, »bedeutet nicht viel.«
    »Vielleicht«, sagte ich. »Wenn’s wirklich nur einer ist.«
    Sie schwieg.
    »Brecheisen«, fuhr ich fort. »Wir haben zwei einzelne Fälle
mit einem Brecheisen als Tatwaffe, und ich mag keine Zufälle. Aber ich sehe beim besten Willen keine Verbindung. Sie lassen sich unmöglich verknüpfen. Carbone war eine Million Meilen von Mrs. Kramer entfernt - auf jede nur vorstellbare Weise. Sie haben in völlig unterschiedlichen Welten gelebt.«
    »Vassell und Coomer stellen die Verbindung zwischen ihnen her«, sagte sie. »Die beiden waren an etwas interessiert, das in Mrs. Kramers Haus hätte sein können, und sie befanden sich an dem Abend, an dem Carbone ermordet wurde, hier in Bird.«
    Ich nickte. »Genau das treibt mich fast zum Wahnsinn. Die Verbindung wäre perfekt, aber sie ist es nicht. Sie haben in Washington nur einen Anruf bekommen, sie waren zu weit von Green Valley entfernt, um Mrs. Kramer ermorden zu können, und sie haben vom Hotel aus nicht telefoniert. Später hielten sie sich an dem Abend hier auf, an dem Carbone ermordet wurde. Aber sie waren die ganze Zeit mit einem

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