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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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zurückgekommen sei. Ich erklärte ihm, das sei vermutlich am fünften Januar irgendwann nach halb fünf Uhr morgens gewesen. Danach folgte eine kurze Pause, wähend der ich hören konnte, wie der Mann die Seiten des Wachbuchs umblätterte. Er ließ sich Zeit, um nichts zu übersehen.
    »Sir, um Punkt fünf Uhr«, sagte der Mann. »Fünfter Januar, fünf Uhr, Sergeant Trifonow, Rückkehr zum Standort.« Ich hörte, wie er zurückblätterte. »Die Ausfahrt erfolgte am Vorabend um elf nach zehn.«
    »Können Sie sich noch an ihn erinnern?«
    »Er ist ungefähr zehn Minuten nach den Stabsoffizieren, nach denen Sie sich erkundigt haben, weggefahren. Ich weiß noch, dass er es sehr eilig hatte. Hat nicht abgewartet, bis der Schlagbaum ganz oben war, sondern quetschte sich drunter durch.«
    »Mit welchem Wagen?«
    »Mit einer Corvette, glaube ich. Kein neues Modell, aber sehr gepflegt.«
    »Hatten Sie noch Dienst, als er zurückkam?«
    »Ja, Sir.«
    »Ist Ihnen irgendwas an ihm aufgefallen?«
    »Nein, nichts Besonderes. Ich habe natürlich mit ihm gesprochen. Er hat einen ausländischen Akzent.«
    »Was trug er?«

    »Zivil. Eine Lederjacke, glaube ich. Ich dachte, er habe dienstfrei gehabt.«
    »Befindet er sich jetzt auf dem Stützpunkt?«
    Ich hörte wieder, wie umgeblättert wurde, und stellte mir einen Zeigefinger vor, der langsam über alle ab dem fünften Januar um fünf Uhr gemachten Eintragungen glitt.
    »Wir haben keine weitere Ausfahrt registriert, Sir«, antwortete der Mann. »Also muss er irgendwo auf dem Stützpunkt sein.«
    »Okay«, sagte ich. »Danke, Soldat.«
    Ich legte auf. Summer starrte mich an.
    »Er ist um fünf Uhr morgens zurückgekommen«, informierte ich sie. »Dreieinhalb Stunden nachdem Brubakers Armbanduhr stehen geblieben ist.«
    »Dreistündige Fahrt«, sagte sie.
    »Und er befindet sich jetzt hier.«
    »Wer ist er?«
    Ich rief die Standortkommandantur an. Stellte diese Frage. Erfuhr, wer er war. Ich legte den Hörer auf und sah zu Summer.
    »Er gehört zur Delta Force«, erklärte ich. »Ein Überläufer aus Bulgarien. Sie haben ihn als Ausbilder geholt. Er weiß Sachen, von denen unsere Kerle keine Ahnung haben.«
     
    Ich stand auf und trat an die Wandkarte. Legte zwei Finger auf die Stecknadeln. Den kleinen Finger auf Fort Bird, den Zeigefinger auf Columbia. Als könnte ich unsere Theorie allein durch diese Geste verifizieren. Hundertfünfzig Meilen. Drei Stunden und zwölf Minuten, um hinzukommen; drei Stunden und siebenunddreißig Minuten für die Rückfahrt. Ich rechnete mir den Schnitt im Kopf aus. Siebenundvierzig Meilen in der Stunde auf der Hinfahrt, einundvierzig auf der Rückfahrt. Nachts, auf leeren Straßen, mit einer Chevrolet Corvette. Diesen Schnitt hätte er mit angezogener Handbremse fahren können.
    »Sollen wir ihn festnehmen lassen?«, fragte Summer.

    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte ich. »Das erledige ich selbst. Ich fahre zu ihm.«
    »Ist das klug?«
    »Vermutlich nicht. Aber diese Kerle sollen nicht glauben, sie hätten mich eingeschüchtert.«
    »Ich komme mit«, sagte sie.
    »Okay«, sagte ich.
     
    Es war fünf Uhr nachmittags, auf die Minute genau sechsunddreißig Stunden nach Trifonows Rückkehr auf den Stützpunkt. Das Wetter war trüb und kalt. Wir nahmen Pistolen, Handschellen und Klarsichtbeutel für Beweismaterial mit, gingen zur Fahrbereitschaft und fanden ein Humvee, das hinter den Vordersitzlehnen ein massives Gitter und hinten keine Türgriffe oder Fensterkurbeln besaß. Summer fuhr. Sie parkte am ehemaligen Gefängnistor. Der Wachposten ließ uns zu Fuß ein. Wir gingen um das Hauptgebäude herum, bis wir den Eingang zum Unteroffiziersklub fanden. Dort machten wir Halt.
    »Sie wollen da reingehen?«, fragte sie.
    »Nur ganz kurz.«
    »Allein?«
    Ich nickte. »Danach nehmen wir uns die Waffenkammer vor.«
    »Nicht klug«, meinte sie. »Ich sollte mitkommen.«
    »Wozu?«
    Sie zögerte. »Als Augenzeugin, vermutlich.«
    »Um was zu bezeugen?«
    »Was sie mit Ihnen vielleicht anstellen.«
    Ich lächelte flüchtig.
    »Toll«, sagte ich.
    Ich stieß die Tür auf. Der Klub war ziemlich gut besucht, die Beleuchtung schummrig, die Luft voller Zigarettenrauch und das Stimmengewirr überlaut. Dann erkannten die Ersten mich und verstummten. Ich ging weiter. Leute blieben stehen, wo sie gerade waren. Stocksteif. Dann drehten sie sich zu mir um. Ich
drängte mich an ihnen vorbei. Mitten durch die Menge. Niemand wich mir aus. Sie rempelten mich links

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