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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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und rechts mit den Schultern an. Ich rempelte schweigend zurück. Ich bin eins sechsundneunzig groß, wiege hundertfünf Kilo und kann mich behaupten.
    Ich durchquerte den Vorraum und erreichte die Bar. Auch hier verstummte schlagartig jedes Gespräch. Leute wandten sich mir zu, starrten mich an. Ich schob, drängte und rempelte mich quer durch den Raum weiter, hielt den Blick auf die Rückwand der Bar gerichtet. Der junge Kerl mit dem Bart und der Sonnenbräune verstellte mir den Weg. Er hatte ein Bierglas in der Hand. Ich ging schnurstracks weiter. Er beugte sich nach rechts, sodass wir zusammenprallten und sich der halbe Inhalt seines Glases auf die Linoleumfliesen ergoss.
    »Sie haben mein Bier verschüttet«, sagte er.
    Ich blieb stehen. Blickte zu Boden und dann ihm ins Gesicht. »Lecken Sie’s auf«, erwiderte ich.
    Wir standen uns einen Augenblick lang wie Kampfhähne gegenüber. Dann ging ich an ihm vorbei weiter. Ich spürte ein Kribbeln im Nacken. Ich wusste, dass er mir nachstarrte. Aber der Teufel sollte mich holen, wenn ich mich umdrehte. Nicht bevor ich hörte, wie hinter mir eine Flasche an einer Tischkante abgeschlagen wurde.
    Ich hörte keine Flasche klirren und erreichte die Rückwand der Bar. Berührte sie wie ein Schwimmer das Ende einer Bahn. Machte kehrt und begann den Rückweg, der nicht viel anders verlief. In der Bar herrschte Schweigen. Ich erhöhte mein Tempo ein wenig. Drängte mich rascher durch die Menge. Rempelte kräftiger. Bewegungsenergie hat ihre Vorteile. Als ich den Vorraum schon fast erreicht hatte, fingen die Leute an, mir auszuweichen, mir etwas Platz zu machen.
    Ich gelangte zu dem Schluss, wir hätten effektiv miteinander kommuniziert. Deshalb wich ich im Vorraum leicht von der schnurgeraden Ideallinie ab. Auch andere Leute zeigten sich kompromissbereit. So erreichte ich den Ausgang wie jeder zivilisierte
Mensch, der sich seinen Weg durch eine Menge bahnt. An der Tür machte ich Halt. Drehte mich um. Suchte langsam die Gesichter ab, eine Gruppe nach der anderen, eintausend, zweitausend, dreitausend, viertausend. Dann erst kehrte ich allen den Rücken zu und trat in die kalte Luft hinaus.
    Summer war nicht da.
    Bei einem Blick in die Runde sah ich sie Sekunden später aus dem drei Meter entfernten Lieferanteneingang schlüpfen. Auf diesem Weg war sie hinter die Bar gelangt. Ich vermutete, dass sie aufgepasst hatte, um mir den Rücken freizuhalten.
    Sie musterte mich.
    »Jetzt wissen Sie’s«, sagte sie.
    »Was weiß ich?«
    »Wie dem ersten schwarzen Soldaten zumute war. Und der ersten Soldatin.«
     
    Sie zeigte mir den Weg zu der alten Flugzeughalle, in der die Delta Force ihre Waffenkammer hatte. Wir überquerten einen sechs bis sieben Meter breiten Betonstreifen und betraten den Hangar durch einen seitlichen Personeneingang. Summer hatte nicht übertrieben, als sie von der Bewaffnung einer zentralafrikanischen Diktatur gesprochen hatte. Die hoch unter dem Hallendach angebrachten Bogenlampen beleuchteten eine kleine Flotte speziell umgerüsteter Fahrzeuge und Hochregale mit allen nur vorstellbaren tragbaren Waffen. Ich konnte mir denken, dass David Brubaker im Pentagon sehr erfolgreich Lobbyarbeit geleistet hatte.
    »Dort drüben«, sagte Summer.
    Sie deutete auf einen ungefähr fünf mal fünf Meter großen Eisenkäfig, bestehend aus drei Wänden und einem Dach aus Streckmetall - wie ein Hundezwinger. Die Tür in der Vorderwand stand offen, und ins Metallgewebe neben dem Türrahmen war ein Vorhängeschloss eingehakt. Gleich hinter der Tür erkannte ich ein Schreibpult, an dem ein Mann im Kampfanzug stand. Er grüßte nicht. Nahm nicht Haltung an. Aber er wandte
sich auch nicht ab. Stand einfach nur da und betrachtete mich mit ausdrucksloser Miene, was ungefähr das Höchstmaß an militärischer Höflichkeit war, das man von Delta-Soldaten erwarten konnte.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte er, als sei er ein Verkäufer und ich ein Kunde. Hinter ihm befanden sich Halterungen mit allen nur vorstellbaren Faust- und Handfeuerwaffen. Ich sah fünf verschiedene Ausführungen von Maschinenpistolen, dazwischen einige M-16, A1 und A2, massenhaft Revolver und Pistolen. Manche glänzten wie neu, andere wirkten alt und abgewetzt. Sie wurden sauber und ordentlich, aber ohne besonderen Aufwand gelagert. Es waren Werkzeuge, nicht mehr und nicht weniger.
    Auf dem Stehpult vor dem Mann lag sein Ein- und Ausgangsbuch.
    »Sie geben Waffen aus und nehmen sie wieder entgegen,

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