08 - Ehrenschuld
jetzt
einunddreißig. Bursche? fragte sich Clark. Zehn Jahre älter als sein kleines
Mädchen, Patricia Doris Clark. Er hätte etwas darüber sagen können, daß
die beiden kaum etwas zu beißen haben würden, aber Ding hätte darauf
erwidert, daß nicht er darüber zu befinden habe, und das stimmte ja. Auch
Sandy war dieser Meinung.
Was Clark nicht aus dem Sinn ging, war die Vorstellung, daß seine
Patricia, sein Schätzchen, mit Ding sexuell verkehren könnte. Der Vater in
ihm störte sich an dieser Vorstellung, aber er mußte auch zugeben, daß er
selbst einmal jung gewesen war. Töchter, dachte er sind Gottes Rache an den Männern: Man lebte in Todesängsten, daß sie einmal jemanden kennenlernen könnten, der so war, wie man selbst in dem Alter gewesen war. In Patsys Fall war die erwähnte Ähnlichkeit zu augenfällig, als daß
man diese Tatsache einfach schlucken konnte.
»Denk an unseren Auftrag, Ding.«
»Roger, Mr. C.« Clark brauchte sich nicht umzudrehen, er konnte sich
das Lächeln auf dem Gesicht seines Partners auch so vorstellen. Und er
spürte geradezu, wie es verflog, als sich weitere Staubfahnen in der
flimmernden Luft näherten.
»Wir kriegen dich, du Arschloch«, schnaubte Ding, nun wieder ganz bei
der Sache und einsatzbereit. Es ging nicht bloß um die getöteten
amerikanischen Soldaten. Leute wie Corp machten alles kaputt, was sie
anfaßten, und dieser Erdteil mußte auch seine Zukunftschance haben.
Vielleicht hätte er diese Chance zwei Jahre früher bekommen, wenn der
Präsident statt auf die UNO dieses eine Mal auf seine Einsatzkommandeure
gehört hätte. Nun ja, er schien wenigstens dazuzulernen, und das war für
einen Präsidenten gar nicht so übel.
Die Sonne war jetzt fast untergegangen, und die Hitze ließ etwas nach.
Weitere Lastwagen kamen an. Beide hofften, daß nicht noch viel mehr
kommen würden. Chavez schaute zu den vier Männern hinüber, die sich
jetzt, angetörnt von dem Kat, angeregt unterhielten. Normalerweise waren
mit Drogen vollgepumpte Männer, die militärische Waffen führten, eine
Gefahr für andere, aber wie es manchmal so geht, kehrte sich die Gefahr
heute gegen sie selbst. Der zweite Laster war jetzt deutlich zu sehen, und er
fuhr dicht an sie heran. Die beiden CIA-Agenten stiegen aus, um sich zu
strecken und dann, natürlich vorsichtig, ihren neuen Besuchern
entgegenzugehen.
Die Elitepolizisten der Leibgarde des Generals sahen nicht besser aus als
die, die zuerst angekommen waren, auch wenn einige darunter waren, die
aufgeknöpfte Hemden trugen. Der erste, der auf sie zukam, roch nach
Whiskey, den er wahrscheinlich aus dem Privatbestand des Generals stibitzt
hatte. Das war eine Verletzung des Islam, aber das war der Drogenhandel
schließlich auch. Was Clark an den Saudis bewunderte, war die direkte und
entschiedene Art, wie sie mit solchen Verbrechern verfuhren. »Hi.« Clark lächelte den Mann an. »Ich bin John Clark. Das ist Mr.
Chavez. Wir haben auf den General gewartet, wie Sie uns gesagt haben.« »Was führen Sie mit sich?« fragte der Polizist, dessen
Englischkenntnisse Clark überraschten. John hielt ihm den Sack mit
Gesteinsproben hin, und Ding zeigte ihm seine elektronischen Instrumente.
Nach einer flüchtigen Inspektion des Fahrzeugs blieb ihnen eine ernsthafte
Durchsuchung erspart - eine angenehme Überraschung.
Dann kam Corp mit seinen zuverlässigsten Sicherheitskräften, wenn
man so sagen darf. Sie fuhren einen russischen Jeep Marke »Shil«. Der
General kam in einem Mercedes, der einmal einem Regierungsbeamten
gehört hatte, bevor die Regierung dieses Landes sich aufgelöst hatte. Er
hatte bessere Zeiten gesehen, war aber vermutlich immer noch das beste
Auto, das es im Lande gab. Corp trug seine beste Sonntagskluft, ein
khakifarbenes Hemd über der Cordhose, auf den Epauletten so etwas wie
Rangabzeichen und Stiefel, die irgendwann letzte Woche geputzt worden
waren. Die Sonne war gerade hinter dem Horizont verschwunden. Es würde
rasch dunkel werden, und dank der klaren Atmosphäre in dem
Wüstenhochland waren schon jetzt viele Sterne zu sehen.
Der General hielt sich für einen angenehmen Menschen. Er kam rasch
auf sie zu und reichte ihnen die Hand. Als Clark sie ergriff, fragte er sich,
was wohl aus dem Mercedes-Besitzer geworden sein mochte.
Höchstwahrscheinlich ermordet wie die übrigen Regierungsmitglieder. Sie
waren teils aus eigener Unfähigkeit, vor allem aber durch die Grausamkeit
anderer umgekommen, die meisten vermutlich durch diesen
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