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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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mitbringen. Die vorgefertigten Armierungen waren bereits rings um dieses Loch - und auch um alle anderen - aufgestapelt und warteten darauf, herabgelassen zu werden. Das Team hatte bei der Fertigstellung des ersten Lochs seinen nächsten Konkurrenten um vielleicht sechs Stunden und seinen abgeschlagenen Konkurrenten um ganze zwei Tage geschlagen - Unregelmäßigkeiten im Oberflächengestein hatten bei Loch sechs Schwierigkeiten gemacht, und eigentlich war es für sie ein schöner Erfolg, daß sie so weit aufgeholt hatten. Er würde mit ihnen sprechen und sie zu ihrer herkulischen Anstrengung beglückwünschen müssen, um das Schamgefühl, die letzten zu sein, etwas zu mildern. Team sechs war seine beste Mannschaft, und es war schade, daß sie solch ein Pech gehabt hatten.
    »Noch drei Monate, wir schaffen den Termin«, sagte der Polier sehr zuversichtlich.
»Wenn auch Sechs fertig ist, geben wir ein Fest für die Männer. Sie haben es verdient.«
    »Das hier ist nicht besonders lustig«, bemerkte Chavez.
»Und außerdem heiß«, pflichtete Clark ihm bei. Die Klimaanlage ihres
Range Rover war kaputt, möglicherweise aus Verzweiflung verendet. Zum
Glück hatten sie eine Menge Mineralwasser dabei.
»Aber es ist eine trockene Hitze«, erwiderte Ding, als ob es bei 114
Grad Fahrenheit darauf ankäme. Man konnte statt dessen auch in
Celsiusgraden - 45 Grad - rechnen, aber das bot auch nur Erleichterung bis
zum nächsten Atemzug. Dann wurde man an den Schaden erinnert, den die
überhitzte Luft in der Lunge anrichten mußte, egal welches Maß man
benutzte. Er schraubte eine Plastikflasche mit Mineralwasser auf, das nach
seiner Schätzung etwa 35 Grad warm war. Erstaunlich, wie kühl es sich
unter diesen Umständen anfühlte.
»Heute nacht kühlt es sich ab, vielleicht sogar bis auf 27 Grad.« »Wie gut, daß ich meinen Pullover dabeihabe, Mr. C.« Chavez setzte
das Fernglas ab, um sich den Schweiß abzuwischen, dann nahm er es
wieder auf. Es war ein gutes Glas, aber trotzdem sah man nichts anderes als
die flimmernde Luft, die aufgewühlt war wie ein unsichtbares, stürmisches
Meer. Hier zeigten sich keine Lebewesen außer dann und wann die Geier,
und die hatten inzwischen sicherlich die Kadaver von allem, was den Fehler
gemacht hatte, hier draußen geboren zu sein, kahl gefressen. Dabei hatte er
einmal die Mojave-Wüste für trostlos gehalten, dachte Chavez. Dort lebten
wenigstens Kojoten.
Es änderte sich nichts, dachte Clark. Seit wann machte er schon Jobs
wie diesen? Dreißig Jahre? Nicht ganz, aber fast. Mannomann, dreißig
Jahre. Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, in einer Umgebung zu
arbeiten, in der er sich richtig einfügen konnte, aber das war jetzt nicht
sonderlich wichtig. Ihre Deckidentität war fadenscheinig. Der Rover war
hinten vollgestopft mit Vermessungsgerät und Kisten mit Gesteinsproben,
genug, um die analphabetischen Einheimischen davon zu überzeugen, daß
draußen in dem einsam aufragenden Gebirge ein riesiges
Molybdänvorkommen ruhte. Sie wußten, wie Gold aussieht - wer wußte das
nicht? -, aber das Mineral, das bei Bergleuten den liebevollen Namen
»Molly-be-damned« trug, war für den Uneingeweihten in jeder Hinsicht ein
Rätsel, außer was den Marktwert betraf, und der war beträchtlich. Clark
hatte schon öfter mit diesem Trick gearbeitet. Eine geologische Entdeckung
erschien den Menschen als genau der Glücksfall, der noch stets ihre Gier
weckte. Der Gedanke, daß unter ihren Füßen etwas Wertvolles ruhte, war
für sie unwiderstehlich, und John Clark spielte mit seinem rauhen und
ehrlichen Gesicht glaubwürdig die Rolle des Bergbauingenieurs, der die
frohe und sehr vertrauliche Botschaft überbrachte.
Er sah auf die Uhr. Das Treffen war in neunzig Minuten, gegen
Sonnenuntergang, und er war frühzeitig gekommen, um sich mit der
Umgebung vertraut zu machen. Sie war heiß und verlassen, was beides
nicht sonderlich überraschte, und lag zwanzig Meilen von dem Gebirge
entfernt, über das sie in Kürze sprechen würden. Hier kreuzten sich zwei
unbefestigte Straßen, eine, die vorwiegend in Nord-Süd-Richtung, und eine
andere, die vorwiegend in Ost-West-Richtung verlief, und beide blieben
irgendwie erkennbar, obwohl der Flugsand eigentlich alle Spuren
menschlicher Gegenwart verdeckt haben müßte. Die jahrelange Dürre
konnte nicht dazu beigetragen haben, Clark kapierte es nicht. Aber er
kapierte auch nicht, daß, selbst wenn es hin und wieder regnete, hier jemals
Menschen gelebt hatten. Dennoch

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