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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Empörung über das, was da angerichtet worden war, doch eine gewisse Bewunderung für die Art und Weise, wie es eingefädelt worden war. Nur drei weit verstreute Befehlszeilen, und um die zu entdecken, hatten alle sechs siebenundzwanzig Stunden benötigt. Anschließend war man auf die wirklich böse Überraschung gestoßen: Alle sechs plus Searls hatten Zugriff auf das noch unfertige Programm gehabt. Sie waren schließlich die sechs führenden Programmierer der Firma, und da sie alle dieselbe Sicherheitsstufe hatten, konnte jeder zu jeder Zeit daraufzugreifen, auch bis zum allerletzten Moment, als es auf der Wechselfestplatte die Firma verließ. Zwar wurde jeder einzelne Zugriff protokolliert, doch konnte jeder von ihnen die Befehle auf dem Zentralcomputer manipulieren und den Eintrag der Zugriffszeit entweder löschen oder unter den schon vo rhandenen Einträgen unterbringen. Das Osterei konnte übrigens schon während all der Monate, die man an dem Programm gefeilt hatte, darin gesteckt haben, so raffiniert war es getarnt. Letztlich konnte es jeder von ihnen getan haben, wie einer unumwunden zugab. Computerprogramme trugen keine Fingerabdrücke. Von größerer Bedeutung war im Augenblick, daß man das, was Electra-Clerk 2.4.0 angerichtet hatte, nicht rückgängig machen konnte.
    Was es angerichtet hatte, war so entsetzlich, daß die mit dem Fall befaßten FBI-Beamten den bitterbösen Scherz äußerten, durch den Einbau von Thermopanefenstern, die sich nicht öffnen ließen, in den Bürogebäuden der Wall Street seien vermutlich Tausende von Menschenleben gerettet worden. Der letzte nachweisbare Umsatz war um 12.00.00 Uhr getätigt worden, und ab 12.00.01 Uhr war nur noch Unsinn aufgezeichnet worden. Es waren buchstäblich Milliarden, ja Hunderte von Milliarden an Umsätzen verschwunden, in den Computerbandaufzeichnungen der Depository Trust Company abhanden gekommen.
    Es war noch nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Noch war der ganze Vorfall geheim - eine Vorgehensweise, die zunächst von den Verantwortlichen der DTC vorgeschlagen und sowohl von der Börsenaufsicht als auch vom Vorstand der New Yorker Börse gebilligt worden war. Die Gründe hatten sie dem FBI erklären müssen. Außer um all das Geld, das bei einem Börsenkrach wie dem am Freitag verlorengegangen war, ging es um erkleckliche Summen, die bei sogenannten »Puts« umgesetzt worden waren; mit diesen Derivaten, die viele Makler zur Risikobegrenzung benutzten, konnte man selbst bei einem nachgebenden Markt noch Gewinne einstreichen. Da jedes Haus selbst Buch über seine Umsätze führte, war es theoretisch möglich, alles, was durch das Osterei gelöscht worden war, im Laufe der Zeit zu rekonstruieren. Wenn die Katastrophe bei DTC jedoch bekannt werden sollte, war es möglich, daß skrupellose oder lediglich verzweifelte Händler ihre eigenen Unterlagen fälschten. Bei den größeren Häusern war das unwahrscheinlich, aber bei kleineren war es praktisch unvermeidlich, und der Nachweis einer solchen Manipulation würde nahezu unmöglich sein - ein klassischer Fall von Aussage gegen Aussage und die schwächste Art eines Tatbeweises. Selbst in den größten und angesehensten Handelshäusern gab es reale oder potentielle Bösewichter. Es stand einfach zuviel Geld auf dem Spiel, und erschwerend kam hinzu, daß die Händler sich aus ethischen Gründen verpflichtet sahen, das Geld ihrer Kunden zu retten.
    Aus diesem Grund hatten über zweihundert Beamte die Büros und Wohnungen der führenden Mitarbeiter aller Börsenhandelsfirmen in einem Umkreis von hundert Meilen um New York durchsucht. Es war leichter gegangen, als die meisten befürchtet hatten, da viele der Verantwortlichen das Wochenende zu hektischer Arbeit nutzten, und die meisten hatten kooperiert und ihre computerisierten Unterlagen herausgerückt. Man schätzte, daß die Nachweise von achtzig Prozent der Umsätze, die am Freitag nachmittag getätigt worden waren, nunmehr im Besitz von Bundesbehörden waren. Das war der leichtere Teil der Übung. Der schwere Teil würde - das hatten die Beamten gerade erfahren - darin bestehen, diese Unterlagen zu analysieren und die Umsätze jedes einzelnen Hauses mit den Umsätzen aller anderen in Beziehung zu setzen. Die Mindestvoraussetzungen für diese Aufgabe hatte ausgerechnet ein Programmierer aus Searls' Firma unaufgefordert skizziert: eine High-endWorkstation für den Datensatz jeder einzelnen Firma, alle integriert durch einen hochleistungsfähigen

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