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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Weise zu bedrohen - er war wie ein verzogenes Kind, das es einem gerechten und gewissenhaften Lehrer übelnimmt, wenn er ihm in der Prüfung eine schlechte Note gibt. Van Damm war Politiker und betrachtete ihn als einen gaijin ein sonderbares Männlein. Ryan ließ sich den Zorn am wenigsten anmerken, aber er war da, erkennbar mehr an der Art, wie er seinen Stift hielt, als an dem starren Blick seiner blauen Katzenaugen. Der Botschafter hatte noch nicht mit Ryan zu tun gehabt, abgesehen von zufälligen Begegnungen bei staatlichen Empfängen. Dies galt auch für die meisten Mitarbeiter der Botschaft, und obwohl Ryans Werdegang allen Washingtoner Insidern wohlbekannt war, hielt man ihn für einen Europa-Spezialisten, der folglich nichts von Japan verstand. Das war gut, dachte der Botschafter. Wüßte er besser Bescheid, könnte er ein gefährlicher Feind sein.
»Herr Botschafter, Sie haben um diese Unterredung ersucht«, sagte Hanson. »Sie haben das erste Wort.«
Ryan ertrug die einleitende Erklärung. Sie war langatmig und einstudiert und vorhersagbar; es war das, was jedes Land unter diesen Umständen gesagt hätte, bereichert um ein wenig nationale Würze. Es war nicht ihre Schuld; man hatte sie herumgestoßen, als verächtliche Vasallen behandelt, trotz vieler Jahre einer treuen und fruchtbaren Freundschaft. Auch sie bedauerten diese Situation. Und so weiter. Es war nichts als diplomatische Schönrednerei, und Jack ließ seine Augen die Arbeit tun, während seine Ohren das Rauschen herausfilterten.
Interessanter war das Auftreten des Sprechers. Unter freundlichen Verhältnissen neigten Diplomaten zu einer blumigen Redeweise, unter feindseligen Verhältnissen zu einem Geleier, als sei es ihnen peinlich, ihre Worte auszusprechen. Diesmal war es anders. Der japanische Botschafter bewies unverhohlene Stärke, in der sich Stolz auf sein Land und dessen Handeln verriet. Nicht direkt herausfordernd, aber auch nicht verlegen. Selbst der deutsche Botschafter hatte, als er Molotow von Hitlers Invasion benachrichtigte, Bedauern gezeigt, wie Jack sich erinnerte.
Was den Präsidenten anging, so hörte er unbewegt zu. Er überließ es Arnie, den Zorn, und Hanson, den Schock auszudrücken, wie Jack beobachtete. Gut für ihn.
»Herr Botschafter, Krieg mit den Vereinigten Staaten ist eine ernste Sache«, sagte der Außenminister, als die einleitende Erklärung beendet war.
Der Botschafter zuckte nicht zurück. »Ein Krieg ist es nur, wenn Sie wünschen, daß es einer ist. Wir haben nicht den Wunsch, Ihr Land zu zerstören, aber wir haben sehr wohl unsere eigenen Sicherheitsinteressen.« Anschließend erläuterte er die Auffassung seines Landes hinsichtlich der Marianen. Sie seien vorher japanisches Territorium gewesen, und jetzt seien sie es wieder. Sein Land habe ein Recht auf einen eigenen Verteidigungsperimeter. Damit habe man sich abzufinden, sagte er.
»Sie wissen sicherlich«, sagte Hanson, »daß wir die Fähigkeit haben, Ihr Land zu zerstören?«
Ein Nicken. »Ja, das weiß ich. Wir können uns sehr gut erinnern, wie Sie Kernwaffen gegen unser Land eingesetzt haben.«
Jacks Augen weiteten sich ein wenig bei dieser Antwort. Auf seinen Notizblock schrieb er: Kernwaffen?
»Sie möchten noch etwas sagen«, bemerkte Durling zur Eröffnung des Gesprächs.
»Mr. President - mein Land besitzt ebenfalls Kernwaffen.«
»Die wie befördert werden?« fragte Arnie wutschnaubend.
Ryan war ihm im stillen dankbar für die Frage. Manchmal waren Grobheiten angebracht.
»Mein Land besitzt eine Reihe von atombestückten Interkontinentalraketen. Ihre eigenen Leute haben die Produktionsstätte besichtigt. Wenn Sie wünschen, können Sie bei der NASA nachfragen.« Der Botschafter trug den Namen und die Daten ganz nüchtern vor, wobei er vermerkte, daß Ryan sie wie ein braver Beamter notierte. Es wurde so still im Raum, daß man hörte, wie sein Stift auf dem Papier kratzte. Noch interessanter war der Ausdruck in den Gesichtern der anderen.
»Drohen Sie uns?« fragte Durling mit ruhiger Stimme.
Der Botschafter schaute ihm über die sechs Meter hinweg gerade in die Augen. »Nein, Mr. President, ich drohe Ihnen nicht. Ich stelle lediglich eine Tatsache fest. Ich sage es noch einmal: Dies ist nur dann ein Krieg, wenn Sie es so wünschen. Ja, wir wissen, daß Sie uns zerstören können, wenn Sie wollen, und daß wir Sie nicht zerstören können, wenngleich wir Ihnen großen Schaden zufügen können. Weswegen, Mr. President? Wegen ein paar kleiner

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