08 - Ehrenschuld
werden sie auf jeden Fall in
unsere Einflußsphäre geraten. Ich denke, das ist ein fairer Kompromiß. Der
größte Teil des Landes ist ohnehin in unserer Hand«, erinnerte Nagumo
seinen Gast. »Das ist eine Vermutung von mir, aber eine begründete.« »Und was ist mit Guam?«
»Solange es entmilitarisiert ist, bleibt es US-Territorium. Wiederum eine
Vermutung, aber eine begründete. Eine endgültige Regelung der vielfältigen
Fragen braucht ihre Zeit, aber ich denke, wir können diesem Krieg Einhalt
gebieten, bevor er sich ausweitet.«
»Und wenn wir nicht zustimmen?«
»Dann werden viele Menschen sterben. Wir sind Diplomaten, Chris.
Unsere Aufgabe im Leben ist es, das zu verhindern.« Nochmals: »Wenn Sie
mir helfen können, indem Sie uns wissen lassen, was wir Ihrem Wunsch
entsprechend tun sollen, so daß ich unsere Seite dazu bringen kann, sich in
die entsprechende Richtung zu bewegen, dann können Sie und ich einen
Krieg beenden, Chris. Bitte, können Sie mir helfen?«
»Dafür werde ich kein Geld nehmen, Seiji«, gab Cook ihm zur Antwort. Erstaunlich. Der Mann hatte ja Prinzipien. Um so besser, daß sie nicht
mit Scharfblick gepaart waren.
Der japanische Botschafter fuhr, wie ihm bedeutet worden war, am Ostflügel vor. Ein Pförtner des Weißen Hauses öffnete die Tür des langgestreckten Lexus, und der Marinesoldat an der Tür salutierte, ohne daß man es ihm befohlen hatte. Er trat allein ein, ohne Leibwächter, und er passierte die Metalldetektoren ohne Zwischenfall, dann schritt er einen langen Korridor entlang, an dem sich unter anderem der Eingang zum persönlichen Kino des Präsidenten befand. Er ging an den Porträts anderer Präsidenten, an Skulpturen von Frederic Remington und weiteren Erinnerungsstücken an die Pioniergeschichte Amerikas vorbei. Der Weg sollte dem Mann einen Eindruck von der Größe des Landes vermitteln, bei dessen Regierung er sein eigenes Land vertrat. Drei Secret-Service-Agenten eskortierten ihn hinauf zum State Floor des Gebäudes, mit dem er wohlvertraut war, dann weiter nach Westen zu dem Flügel, von dem aus die Vereinigten Staaten regiert wurden. Die Blicke, die ihm begegneten, waren nicht unfreundlich, sondern lediglich korrekt, aber das war weit entfernt von der Herzlichkeit, mit der er sonst in diesem Gebäude empfangen worden war. Die Unterredung fand - und das gab ihr einen besonderen Touch - im Roosevelt Room statt. Dort wurde der Nobelpreis aufbewahrt, mit dem Theodore Roosevelt ausgezeichnet worden war, weil er die Beendigung des russisch-japanischen Krieges ausgehandelt hatte.
Wenn man geglaubt hatte, ihm durch die Art des Empfangs Respekt einzuflößen, dann war dieser letzte Akt kontraproduktiv, dachte der Botschafter. Die Amerikaner - und andere - waren bekannt für eine derart törichte Theatralik. Der Indian Treaty Room im angrenzenden Old Executive Office Building war so eingerichtet worden, daß er die Wilden beeindrucken sollte. Dieser Raum erinnerte ihn an den ersten großen Konflikt seines Landes, durch den Japan in die Reihen der großen Nationen aufgestiegen war, indem es ein anderes Mitglied dieses Clubs besiegte - das zaristische Rußland, ein Land, das in Wahrheit weit weniger groß gewesen war, als es den Anschein hatte, innerlich korrupt, von Zwietracht zerrissen, mit einem Hang zu Prahlerei und Großmäulig keit. Im Grunde ähnlich wie Amerika, dachte der Botschafter. Er mußte jetzt an diese Dinge denken, damit ihm nicht die Knie zitterten. Präsident Durling empfing ihn stehend und reichte ihm die Hand.
»Herr Botschafter, die Anwesenden sind Ihnen bekannt. Nehmen Sie doch bitte Platz.«
»Vielen Dank, Mr. President, und vielen Dank, daß Sie mich so kurzfristig empfangen.« Während Durling zu seinem Platz am anderen Ende des Konferenztisches ging, schaute der Botschafter sich in der Runde um und nickte den einzelnen zu. Brett Hanson, Außenminister; Arnold van Damm, der Stabschef; John Ryan, Nationaler Sicherheitsberater. Der Verteidigungsminister war, wie er wußte, auch im Gebäude, aber nicht hier. Wie interessant. Der Botschafter diente seit vielen Jahren in Washington und kannte sich mit den Amerikanern aus. In den Gesichtern der Männer am Tisch sah er Zorn; der Präsident hielt seine Gefühle auf bewundernswerte Weise im Zaum, genau wie die Sicherheitsleute, die an den Türen standen, doch sein Blick war der eines Soldaten. Hansons Zorn war Entrüstung. Er konnte nicht glauben, daß jemand so töricht war, sein Land in irgendeiner
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