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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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den Mann vielleicht etwas beruhigen, dachte er.
    »Danke, Jack.« Fiedler setzte sich und trank ein Glas Wasser. »Nehmen wir doch den Börsenkrach von 1929 als Beispiel. Was ging verloren, wenn man es genau betrachtet? Monetär gesehen, ging nichts verloren. Viele Anleger verloren ihr letztes Hemd, und die ungedeckten Aktienkäufe machten alles noch viel schlimmer, doch das Geld, das sie verloren - und das verstehen viele nicht -, war Geld, das sie anderen gegeben hatten.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Arnie.
»Im Grunde versteht es keiner. Das ist eines der Dinge, die zu einfach sind, um sie zu verstehen. Alle halten den Markt für etwas ungeheuer Kompliziertes; sie sehen nicht, daß der Wald sich aus einzelnen Bäumen zusammensetzt. Jeder Anleger, der Geld verlor, hatte sein Geld vorher einem Händler gegeben und dafür ein Aktienzertifikat erhalten. Er gab Geld für etwas Wertvolles, aber dieses Wertvolle verlor an Wert, und das war im Grunde der Börsenkrach. Der andere, der das Zertifikat ausstellte und vor dem Krach das Geld dafür bekam, war rein theoretisch der Schlaue, denn er verlor ja nichts. An der Geldmenge, die 1929 in unserer Wirtschaft umlief, änderte sich überhaupt nichts.«
»Geld verdunstet nicht einfach so, Arnie«, erklärte Ryan. »Es wandert von einem zum anderen. Es verschwindet nicht einfach. Dafür sorgt die Federal Reserve Bank.« Dennoch war offensichtlich, daß van Damm nichts verstanden hatte.
»Warum ist es dann aber zur Weltwirtschaftskrise gekommen?«
»Vertrauen«, erwiderte Fiedler. »Viele sind 1929 eingebrochen, weil sie Margenkäufe machten. Sie kauften Aktien, ohne den Betrag einzusetzen, der dem Wert der Transaktion entsprach. Sie kauften Aktien mit geborgten Mitteln. Als sie dann verkaufen mußten, konnten sie den fehlenden Betrag nicht aufbringen. Die Banken und die anderen Institutionen bekamen mächtig Prügel, weil sie für die fehlenden Beträge aufkommen mußten. Am Ende gab es viele kleine Leute, die nichts hatten außer Schulden, die sie nicht zurückzahlen konnten, und Banken, denen die liquiden Mittel fehlten. Unter solchen Umständen erlahmt jede wirtschaftliche Tätigkeit. Man traut sich nicht mehr, das, was einem noch geblieben ist, einzusetzen. Diejenigen, die rechtzeitig ausgestiegen sind und noch über Geld verfügen - also diejenigen, die im Grunde keine Verluste erlitten haben -, sehen, was in der übrigen Wirtschaft los ist, und wollen ebenfalls nichts riskieren, sondern sitzen auf ihrem Geld, weil die allgemeine Situation nicht vertrauenerweckend ist. Das ist das Problem, Arnie.
Es ist also nicht der Reichtum, der eine Volkswirtschaft ausmacht, sondern der Einsatz dieses Reichtums, all die Transaktionen, die jeden Tag getätigt werden, von dem Jungen, der Ihnen für einen Dollar den Rasen mäht, bis zu den großen Firmenübernahmen. Wenn das aufhört, hört alles auf.« Ryan nickte Fiedler anerkennend zu. Es war eine ausgezeichnete Kurzvorlesung gewesen.
»Ich weiß immer noch nicht, ob ich es kapiere«, sagte der Stabschef. Der Präsident hörte weiterhin schweigend zu.
Jetzt bin ich an der Reihe. Ryan schüttelte den Kopf. »Das kapieren viele nicht. Es ist, wie Buzz sagte, allzu einfach. Man orientiert sich, wenn man einen Trend zu erkennen sucht, an der Aktivität, nicht an der Inaktivität, aber die eigentliche Gefahr ist hier die Inaktivität. Wenn ich beschließe, stillzusitzen und nichts zu unternehmen, zirkuliert mein Geld nicht. Ich kaufe keine Dinge, und die Leute, die die Dinge herstellen, die ich sonst gekauft hätte, sind arbeitslos. Das macht ihnen angst - und ihren Nachbarn auch. Die Nachbarn kriegen solche Angst, daß sie ihr Geld festhalten; sie denken sich, wieso soll ich es jetzt ausgeben, wenn ich damit rechnen muß, ebenfalls meine Arbeit zu verlieren, und dann brauche ich es, um mir was zu essen zu kaufen - und so zieht das abwartende Verhalten immer weitere Kreise. Wir haben es mit einem ganz realen Problem zu tun, Leute«, schloß Jack. »Montag morgen werden die Banker feststellen, daß auch sie nicht wissen, über welche Mittel sie genau verfügen. Die Bankenkrise begann damals erst 1932, lange nach dem Zusammenbruch des Aktienmarktes. Diesmal ist es anders.«
»Wie ernst ist die Lage?« Der Präsident stellte diese Frage.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Fiedler. »Diese Lage haben wi r noch nie gehabt.«
» >Ich weiß es nicht< hilft uns nicht weiter, Buzz«, sagte Durling.
»Hätten Sie es lieber, wenn ich Sie

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