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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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gab etwa neunundzwanzigtausend einheimische Bürger, doch dabei waren die Japaner nicht berücksichtigt, von denen viele inzwischen Grundbesitz, Häuser und Wirtschaftsunternehmen hatten. Dabei waren auch nicht die Soldaten und andere berücksichtigt, die in Hotels logierten. Die Hotels - die größten waren natürlich in japanischer Hand würde man als Eigentumswohnanlage gelten lassen, und alle, die sich darin aufhielten, als Ortsansässige. Da sie japanische Staatsbürger waren, hatte jeder von ihnen eine Stimme. Die Soldaten waren gleichfalls Staatsbürger und als solche wahlberechtigt, und da sie hier auf unbestimmte Zeit in Garnison lagen, galten sie gleichfalls als Ortsansässige. Nahm man Soldaten und Zivilisten zusammen, so befanden sich einunddreißigtausend Japaner auf der Insel, und wenn Wahlen stattfanden, pflegten seine Landsleute eifrig von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Die internationale Aufsicht, dachte er, während er nach Osten hinausblickte, soll sich zum Teufel scheren.
    Es war besonders wohltuend, aus einer Höhe von siebenunddreißigtausend Fuß den ersten schwachen Schimmer am Horizont zu beobachten, der sich ganz wie eine Verzierung für einen Strauß von noch immer sichtbaren Sternen ausnahm. Der Schimmer nahm an Strahlkraft zu, ging von Purpurrot zu Tiefrot, zu Rosarot und zu Orange über, und dann erschien das erste schmale Scheibchen der Sonne, auf dem dunklen Meer unten noch nicht zu sehen, und es war, als ginge die Sonne für ihn ganz alleine auf, dachte Yamata, lange bevor das gemeine Volk begann, sie zu genießen. Das Flugzeug legte sich leicht nach rechts und begann mit dem Sinkflug. Der Weg nach unten durch die frühmorgendliche Luft war zeitlich perfekt auf den Gang des Gestirns abgestimmt, denn von der Sonne war während der ganzen Zeit nur das schmale gelbweiße Scheibchen zu sehen, und der zauberhafte Augenblick blieb für mehrere Minuten bewahrt. Allein dieser prachtvolle Anblick rührte Yamata beinahe zu Tränen. Er erinnerte sich noch der Gesichter seiner Eltern, ihres bescheidenen Hauses auf Saipan. Sein Vater war ein kleiner, nicht besonders wohlhabender Händler gewesen, der vornehmlich billigen Schmuck und sonstige Kinkerlitzchen an die auf der Insel stationierten Soldaten verhökerte. Sein Vater war immer höflich zu ihnen gewesen, erinnerte sich Raizo, hatte immer gelächelt und sich verbeugt und ihre rohen Scherze über sein von Kinderlähmung verkümmertes Bein hingenommen. Für den Jungen, der das mit angesehen hatte, war es immer das Normale gewesen, sich vor waffentragenden Männern in der Uniform seines Landes zu verneigen. In der Zwischenzeit hatte er natürlich umgelernt. Sie waren nichts als Diener. Ob sie nun die Samurai-Tradition fortsetzten oder nicht - schon das Wort Samurai ging auf das Verb »dienen« zurück und setzte eindeutig einen Herren voraus, nicht wahr? -, sie hatten diejenigen, die ihnen überlegen waren, zu beschützen, und diese Überlegenen warben sie an und bezahlten sie und sagten ihnen, was sie zu tun hatten. Es war nötig, sie respektvoller zu behandeln, als sie es eigentlich verdienten, doch begriffen sie, je höher sie aufstiegen, um so besser ihren wirklichen Platz in der Gesellschaft.
    »In fünf Minuten setzen wir auf«, erklärte ihm ein Oberst. »Dozo.« Ein Nicken statt einer Verbeugung, weil er saß, aber auch das Nicken war abgemessen, exakt von der Art, mit der man den Dienst eines Untergebenen quittierte, ihm in derselben freundlichen Geste zugleich Höflichkeit und Überlegenheit bewies. Wenn dieser Oberst tüchtig war und zum General aufstieg, würde sich das Nicken mit der Zeit ändern, und wenn er weiter aufstieg, würde, wenn er Glück hatte, Yamata-san ihn eines Tages freundschaftlich beim Vornamen nennen, ihn durch ein Lächeln und einen Scherz auszeichnen, ihn zu einem Drink einladen, und während seines Aufstiegs zu einem hochrangigen Kommando würde er, Yamata, ihm beibringen, wer wirklich der Herr war. Vermutlich war der Oberst bestrebt, dieses Ziel zu erreichen. Yamata schnallte sich an und strich sich übers Haar.
Kapitän Sato war erschöpft. Er war schon viel zu lange in der Luft und hatte die Ruhevorschriften seiner Fluglinie nicht nur übertreten, sondern regelrecht mit Füßen getreten, aber auch er konnte sich seiner Pflicht nicht entziehen. Er schaute nach links und erblickte am Morgenhimmel zwei Jagdflugzeuge, vermutlich F-15, und eine davon flog vielleicht sein Sohn, und er zog seine Bahn, um den

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