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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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nun wieder ins Vaterland zurückgekehrten Boden zu verteidigen. Behutsam, sagte er sich. Ihm waren Soldaten seines Landes anvertraut, und sie verdienten die beste Behandlung. Die eine Hand am Gas, die andere am Steuer, führte er die Boeing auf einem unsichtbaren Strahl hinunter zu einem Punkt, den seine Augen bereits ausgewählt hatten. Auf seinen Befehl hin ließ der Kopilot die riesigen Landeklappen voll ausfahren. Sato zog den Knüppel ein bißchen an, um den Bug hochzuziehen, dann ließ er die Maschine sanft absinken, bis ihnen das Quietschen von Gummi verriet, daß sie den Erdboden erreicht hatten.
»Sie sind ein Poet«, sagte der Kopilot, wieder einmal beeindruckt vom Können dieses Mannes.
Sato gestattete sich ein Lächeln, während er die Schubumkehr einschaltete. »Das Weitere übernehmen Sie.« Dann schaltete er den Bordlautsprecher an.
»Willkommen in Japan«, sagte er zu seinen Fluggästen.
Yamata schrie nur deshalb nicht, weil die Begrüßung ihn völlig überrumpelt hatte. Er wartete nicht, bis die Maschine zum Stillstand gekommen war, um sich loszuschnallen. Die Tür zum Flugdeck war direkt vor ihm, und er mußte etwas sagen.
»Kapitän?«
»Ja, Yamata-san?«
»Sie verstehen, nicht wahr?«
Sein Nicken war das eines stolzen Fachmanns, und in diesem Moment ähnelte es ganz dem Nicken des zaibatsu. »Hai.« Sein Lohn war eine tief aufrichtige Verbeugung, und es wärmte dem Piloten das Herz, die Respektsbezeigung von Yamata-san zu sehen.
Der Geschäftsmann hatte es nicht eilig, jetzt nicht. Die Beamten und Verwaltungsoffiziere drängten aus dem Flugzeug zu wartenden Bussen, die sie zum Hotel Nikko Saipan bringen sollten, einem großen, modernen Komplex an der Westküste der Insel, der vorläufig als Sitz der Besatzung der neuen Regierung dienen sollte, wie Yamata sich korrigierte. Als sie nach fünf Minuten endlich alle von Bord waren, begab Yamata sich zu einem Toyota Land Cruiser, dessen Fahrer ein Angestellter von ihm war, dem er nicht zu sagen brauchte, was er zu tun hatte; er wußte auch, daß dies ein Moment war, den Yamata in Stille genießen wollte.
Er bemerkte kaum etwas von der Aktivität. Er hatte sie zwar veranlaßt, aber nun war sie weniger wichtig, als die Vorfreude darauf gewesen war. Ach, vielleicht ein kurzes Lächeln beim Anblick der Militärfahrzeuge, aber jetzt machte sich die Erschöpfung doch bemerkbar, und obwohl er sich mit eisernem Willen befahl, die Augen offenzuhalten, fielen sie ihm zu. Der Fahrer hatte die Route sorgfältig geplant und konnte größere Staus umgehen. Bald kamen sie erneut am Mariana Country Club vorbei, und obwohl die Sonne am Himmel stand, waren keine Golfer zu sehen. Auch von der militärischen Präsenz war nichts zu bemerken, abgesehen von zwei Lastern mit Satellitenstationen am Rande des Parkplatzes, die von NHK beschlagnahmt worden waren und jetzt einen frischen grünen Anstrich trugen. Nein, der Golfkurs durfte nicht beeinträchtigt werden, jetzt ohne Zweifel das teuerste Grundstück auf der Insel.
Hier mußte es gewesen sein, dachte Yamata, der sich an die Form der Hügel erinnern konnte. Das primitive Lädchen seines Vaters hatte unmittelbar neben dem nördlichen Flugplatz gelegen, und er konnte sich an die A6M-Jagdflugzeuge erinnern, die großspurigen Flieger und die oft anmaßenden Soldaten. Dort drüben war die ZuckerrohrVerarbeitungsanlage von Nanyo Kohatsu Kaisha gewesen, und er konnte sich erinnern, wie er etwas von dem Rohr stibitzt und darauf gekaut hatte. Und wie schön es morgens in der frischen Brise gewesen war. Jetzt waren sie auf seinem Grundstück angekommen. Yamata schüttelte die Erinnerungen ab, stieg aus dem Wagen und ging nach Norden.
Es war der Weg, den sein Vater und seine Mutter und sein Bruder und seine Schwester gegangen sein mußten, und er stellte sich vor, seinen Vater zu sehen, wie er mit seinem verkrüppelten Bein humpelte und um die Würde rang, die diese Kinderkrankheit ihm seit jeher verweigert hatte. Hatte er die Soldaten in diesen letzten Tagen versorgt und ihnen gebracht, was er an Nützlichem für sie auftreiben konnte? Hatten die Soldaten in diesen letzten Tagen ihre primitiven Scherze über seine körperliche Behinderung unterlassen und ihm mit der Aufrichtigkeit von Männern gedankt, die jetzt sahen und spürten, daß der Tod unaufhaltsam auf sie zukam? Yamata entschied sich, an beides zu glauben. Und dieses Wegstück mußten sie entlanggegangen sein, um ihre Zuflucht im Tod zu finden, gedeckt durch das letzte

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