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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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wir es versuchen, müssen wir wissen, ob wir es auch können.«
Admiral Jackson nickte. »Aye aye, Sir.«
    Er hatte fast die ganze Nacht wach gelegen und dem Schnarchen seines Partners zugehört. Was war mit dem Typ los? fragte sich Chavez erschöpft. Wie zum Teufel konnte er schlafen? Draußen stand die Sonne am Himmel, der betäubende Lärm des morgendlichen Tokio drang durch Fenster und Wände, und John schlief immer noch. Na ja, dachte Ding, er war ein alter Knabe, und vielleicht brauchte er seinen Schlaf. Dann passierte das Erstaunlichste ihres ganzen bisherigen Aufenthalts in diesem Land. Das Telefon klingelte. Das ließ John die Augen aufreißen, aber Ding war zuerst am Telefon.
    »Towarischtsch!«, sagte eine Stimme. »Solange seid ihr in diesem Land und habt mich nicht angerufen?«
»Wer ist da?« fragte Chavez. So fleißig er auch Russisch studiert hatte, als er es hier und jetzt am Telefon hörte, klang es fast wie eine Sprache vom Mars. Es fiel ihm nicht schwer, seine Stimme schläfrig klingen zu lassen. Einen Moment später war es allerdings schwer, die Augen im Kopf zu behalten.
Ein fröhliches und natürlich klingendes Lachen dröhnte durch den Hörer. »Jewgenij Pawlowitsch, habe ich recht? Rasier deine Stoppeln ab und komm frühstücken. Ich warte unten.«
Domingo Chavez fühlte, wie sein Herz stehenblieb. Es setzte nicht bloß aus - er hätte schwören können, es sei stehengeblieben, bis er ihm befahl, weiterzuschlagen. »Gib uns noch ein paar Minuten Zeit.«
»Iwan Sergejewitsch hat wieder zuviel getrunken, da? « fragte die Stimme mit einem neuen Gelächter. »Sag ihm, er wird zu alt für solchen Unsinn. Also gut, ich trinke schon mal einen Tee und warte.«
Die ganze Zeit waren Clarks Augen auf ihn gerichtet oder jedenfalls in den ersten Sekunden. Dann untersuchten sie das Zimmer auf Gefahren, die in der Nähe sein mußten, so blaß war sein Partner geworden. Domingo bekam nicht so leicht Angst, das wußte John, aber was immer er am Telefon gehört hatte, hatte den Jungen fast in Panik versetzt.
Na schön. John stand auf und schaltete den Fernseher ein. Wenn die Gefahr vor der Tür lauerte, war es jetzt zu spät. Durchs Fenster konnte man nicht entkommen. Der Korridor konnte genausogut voller bewaffneter Polizisten stecken, und seine Priorität war es jetzt, ins Bad zu gehen. Clark schaute in den Spiegel, als die Spülung rauschte. Bevor der Spülknopf wieder oben war, war Chavez schon da.
»Wer immer am Telefon war, hat mich >Jewgenij < genannt. Er sagte, er wartet unten.«
»Wie klang er?« fragte Clark.
»Russisch, korrekter Akzent, korrekte Syntax.« Die Toilette hörte auf zu rauschen, und sie konnten für den Augenblick nicht mehr reden.
Mist, dachte Clark und suchte im Spiegel nach einer Antwort, sah aber nur zwei sehr verblüffte Gesichter. Na schön. Der Geheimdienstoffizier begann sich zu waschen und die Möglichkeiten zu überdenken. Denk nach. Wenn es die japanische Polizei gewesen wäre, hätten sie sich die Mühe gemacht ...? Nein. Unwahrscheinlich. Jeder hielt Spione nicht nur für abstoßend, sondern auch für gefährlich, ein überaus seltsames Erbe der James-Bond-Filme. Es war kaum wahrscheinlicher, daß Agenten einen Schußwechsel anfingen, als daß ihnen Flügel wuchsen und sie davonflogen. Ihre wichtigsten körperlichen Fähigkeiten bestanden im Wegrennen und Sichverstecken, aber niemand schien das je zu kapieren, und wenn die Polizei hinter ihnen her war, dann ... dann wäre er mit einer Pistole unter der Nase aufgewacht. Und das war er nicht, oder? Okay. Also gab es keine unmittelbare Gefahr. Wahrscheinlich.
Chavez sah mit nicht geringem Erstaunen zu, wie Clark sich in Ruhe Hände und Gesicht wusch, sich sorgfältig rasierte und sich die Zähne putzte, bevor er das Bad verließ. Er lächelte sogar, als er fertig war, denn dieser Ausdruck war für den Klang seiner Stimme notwendig.
»Jewgenij Pawlowitsch, wir müssen auf unseren Freund kulturnij wirken, nicht? Es ist schon so viele Monate her.« Fünf Minuten später verließen sie das Zimmer.
Schauspieltalent war für Geheimdienstleute nicht weniger wichtig als für normale Mimen, denn auch im Spionagegeschäft gab es selten die Möglichkeit, etwas zu wiederholen. Major Boris Iljitsch Scherenko, der stellvertretende >Resident< des RWS in Tokio, war vier Stunden zuvor von einem scheinbar harmlosen Anruf aus der Botschaft geweckt worden. Als Kulturattache getarnt, hatte er zuletzt die Japan-Tournee des St. Petersburger

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