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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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war, daß sein Gegenüber wußte, daß er etwas zurückhielt, und es schien ihn im Moment nicht zu stören.
»Mache ich.«
    Man brauchte nicht viele Leute, damit das Oval Office überfüllt war. Das Machtzentrum dessen, von dem Ryan immer noch hoffte, es sei die mächtigste Nation der Welt, war kleiner als das Büro, das er während seiner Rückkehr ins Investmentgeschäft genutzt hatte - und sogar kleiner als sein jetziges Eckbüro im Westflügel, wie Jack zum ersten Mal bemerkte.
    Alle waren müde. Brett Hanson sah besonders abgespannt aus. Nur Arnie van Damm wirkte wie immer, aber Arnie sah ja immer aus, als käme er gerade von einer Sauftour. Buzz Fiedler schien der Verzweiflung nah. Am schlimmsten stand es aber um den Verteidigungsminister. Er war es, der die Reduzierung der amerikanischen Streitkräfte geleitet hatte, der dem Kongreß fast jede Woche gesagt hatte, sie seien weitaus stärker als notwendig. Ryan erinnerte sich an die Hearings im Fernsehen, die internen Berichte vor einigen Jahren, die fast verzweifelten Einwände der Stabschefs, die so loyal gewesen waren, sich nicht vor den Medien zu äußern. Es war nicht schwer, jetzt die Gedanken des Ministers zu erraten. Dieser brillante, von seiner Voraussicht und Urteilsgabe überzeugte Bürokrat war gerade gegen die glatte, harte Mauer namens Wirklichkeit geprallt.
»Die Wirtschaft zuerst«, sagte Präsident Durling zur Erleichterung des
    Ministers.
»Der schwierige Teil sind die Banken. Sie werden wie aufgescheuchte
Hühner sein, bis wir die Geschichte mit DTC in Ordnung bringen. Die
Banken machen heutzutage so viele Geschäfte, daß sie nicht mehr wissen,
was ihre Reserven sind. Die Leute werden versuchen, ihre Investmentaktien
bei diesen Banken abzustoßen. Der Vorsitzende der Fed ist schon dabei,
ihnen gut zuzureden.«
»Und was sagt er?« fragte Jack.
»Daß sie unbegrenzten Kredit haben. Daß die Geldmenge ausreichen
wird. Daß sie so viel Geld aufnehmen können, wie sie brauchen.« »Sehr gefährlich, heizt die Inflation an«, bemerkte van Damm. »Nicht unbedingt«, sagte Ryan. »Auf kurze Sicht ist Inflation wie eine
schwere Erkältung, man nimmt Aspirin und trinkt Hühnerbrühe. Was am
Freitag passiert ist, war wie eine Herzattacke. Die muß zuerst behandelt
werden. Wenn die Banken nicht wie üblich öffnen ... Buzz hat recht,
Vertrauen ist das wichtigste.«
Nicht zum ersten Mal dankte Roger Durling dem Schicksal, daß Ryans
erster Ausflug aus dem Staatsdienst ihn in die Finanzwelt geführt hatte. »Und die Märkte?« fragte der Präsident den Finanzminister. »Geschlossen. Ich habe mit allen Börsen gesprochen. Bevor nicht die
DTC-Unterlagen wiederhergestellt sind, wird es keinen organisierten
Handel geben.«
»Was bedeutet das?« fragte Hanson. Ryan fiel auf, daß der
Verteidigungsminister gar nichts sagte. Sonst war er doch so selbstbewußt
und hielt nie mit seiner Meinung hinterm Berg, dachte Jack. Unter anderen
Umständen hätte er diese neue Zurückhaltung sehr begrüßt.
»Man muß mit Aktien nicht an der Börse handeln«, erklärte Fiedler.
»Wenn man will, kann man das auch auf der Herrentoilette der Carnegie
Hall.«
»Und manche werden das machen«, fügte Ryan hinzu. »Nicht viele,
aber ein paar.«
»Ist das so wichtig? Was ist mit den ausländischen Börsen?« fragte
Durling. »Unsere Aktien werden auf der ganzen Welt gehandelt.« »Da ist nicht genug Kapital«, antwortete Fiedler. »Oh, da ist schon
einiges, aber die New Yorker Börse liefert die Eckwerte, und ohne die weiß
niemand, woran er sich halten soll.«
»Die haben doch Informationen über die letzten Kurse, oder?« fragte
van Damm.
»Ja«, sagte Ryan, »aber die Informationen sind lückenhaft, und auf der
Basis riskiert man keine Millionen. Eigentlich ist es nicht so schlimm, daß
die Geschichte mit DTC durchgesickert ist. Es lenkt ein oder zwei Tage
vom Rest ab. Die Leute können verstehen, daß ein Fehler im System
aufgetreten ist. Das hält sie eine Weile von einer allgemeinen Panik ab. Wie
lange dauert es, bis die Unterlagen wiederhergestellt sind?«
»Das wissen sie noch nicht«, gab Fiedler zu. »Sie suchen immer noch
die Informationen zusammen.«
»Dann haben wir wahrscheinlich Zeit bis Mittwoch.« Ryan rieb sich die
Augen. Er wäre am liebsten aufgestanden und herumgegangen, um seinen
Kreislauf in Bewegung zu bringen, aber im Oval Office war das ein
Vorrecht des Präsidenten.
»Ich hatte ein Treffen mit allen Börsenchefs. Sie lassen ihre Leute zur
Arbeit kommen wie

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