08 Geweihte des Todes - Adrian Lara
wohl von ihr dachte. Das hatte sie verdammt noch mal nicht nötig, aber obwohl sie sich das sagte, musste sie trotzdem die ganze Zeit an ihn denken.
Und als sie den Verband von ihrer heilenden Wunde am Bein löste und die Dusche anstellte, sagte sie sich, dass sie weder Brock noch sonst wen brauchte, um durchzustehen, was immer da vor ihr lag. Sie war lange alleine gewesen. Sie wusste, wie es war, alleine zu kämpfen und schwere Zeiten aus eigener Kraft zu überstehen.
Aber obwohl sie das wusste, stützte sie sich doch auf die Erinnerung an Brock – die tröstliche Kraft seiner sanften Worte und seiner geschickten Hände. Sein gemurmeltes Versprechen, dass sie nicht allein war und dass er sie beschützte.
„Ich brauche ihn nicht“, flüsterte sie in das leere Echo des Raumes. „Ich brauche nichts, von niemandem.“
Ihre Stimme zitterte leicht unter einem Anflug von Angst, für die sie sich verachtete. Sie holte scharf Atem und stieß ihn mit einem Fluch wieder aus.
Jenna trat unter den warmen Wasserstrahl der Dusche und schloss die Augen. Sie ließ sich vom Dampf ganz einhüllen, und der unablässige Rhythmus des niederprasselnden Wassers übertönte ihr leises, zitterndes Schluchzen.
Es hätte Brock nicht überraschen sollen, auf einen der anderen Krieger zu treffen, schließlich wurde es oben Abend und der Großteil des Ordens würde bald auf Patrouille in die Stadt aufbrechen. Aber so ziemlich der Allerletzte, den er sehen wollte, als er aus dem Duschraum kam, wo er eine gute Stunde unter eiskaltem Wasser verbracht hatte, war Sterling Chase.
Der ehemalige Agent reinigte seine Pistolen auf einem Tisch im Waffenraum. In seinen schwarzen Drillichhosen und Kampfstiefeln war er schon aufbruchbereit für seine Mission der heutigen Nacht. Als Brock an ihm vorbeistapfte, sah er von seiner Arbeit auf.
„Sieht so aus, als wären wir heute Nacht zusammen eingeteilt“, meinte Chase gedehnt. „Lucan schickt Kade und Niko nach Rhode Island runter, anscheinend hat Reichen von seinem letzten Europatrip neue Informationen für uns mitgebracht. Sie brechen bei Sonnenuntergang auf.“
Brock knurrte verärgert. Er und Chase Partner auf Patrouille? Da ging ein sowieso schon mieser Tag vollends den Bach runter. „Danke für das Update. Dann werde ich mal versuchen, dich nicht aus Versehen umzubringen, wenn wir heute Nacht nach bösen Jungs Ausschau halten.“
Chase sah ihn ausdruckslos an. „Gleichfalls.“
„Scheiße“, zischte Brock. „Auf welchen von uns beiden ist er sauer?“
Chase hob unter seinem kurzen blonden Haarschopf fragend die Brauen.
„Lucan“, sagte Brock. „Wie zum Henker kommt er bloß drauf, uns zusammen einzuteilen, es sei denn, er denkt, dass einer von uns oder wir beide eine Disziplinarmaßnahme nötig hätte.“
„Es war meine Idee.“
Dieses Eingeständnis machte die Sache nicht gerade besser. Brock erstarrte und runzelte argwöhnisch die Stirn. „Du hast ihm vorgeschlagen, uns beide heute Nacht als Partner einzuteilen?“
Chase nickte. „Stimmt genau. Sieh es als Friedensangebot. Ich hab mich vorhin ziemlich im Ton vergriffen, von wegen du und die Menschenfrau. Das hätte ich nicht sagen sollen.“
Brock starrte ihn ungläubig an und dann packte er ihn am Kragen. Er würde die Sache sofort eskalieren lassen, wenn er in dem arroganten Kerl auch nur einen Hauch von Falschheit spürte. „Jetzt hör mir mal gut zu, Harvard! Ich weiß nicht, was für ein Spiel du hier spielen willst, aber leg dich bloß nicht mit mir an!“
„Kein Spiel“, sagte Chase. Seine durchdringenden blauen Augen sahen ihn klar und unverwandt an, und er erkannte verblüfft, dass Chase es ehrlich meinte. „Es war unter meinem Niveau, mich so zu benehmen, und ich entschuldige mich dafür.“
Brock registrierte die überraschende Aufrichtigkeit von Chase’ Worten. Er ließ ihn los und hob das Kinn. „In Ordnung“, sagte er misstrauisch.
Er war schon oft genug mit Sterling Chase auf Missionen gewesen. Er hatte ihn arbeiten sehen und wusste, dass der Mann eine Viper sein konnte – sowohl im bewaffneten Kampf als auch mit Worten. Er war gefährlich, und nur weil er jetzt offenbar Waffenstillstand mit ihm schließen wollte, bedeutete das nicht, dass Brock gut beraten war, ihm allzu schnell den Rücken zuzukehren.
„Okay“, murmelte er. „Entschuldigung angenommen, Mann.“
Chase nickte, dann machte er sich wieder daran, seine Waffen zu reinigen. „Übrigens, du blutest am Hals.“
Brock knurrte
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