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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hinaus?«
    Corsico hob den Kopf. »Den Parteitag der Tories.«
    »Was ist damit?«
    »Der Tory-Parteitag im Oktober in Blackpool. Genau neun Monate vor der Geburt von Eve Bowens Kind. Wir wissen bereits, daß die Bowen damals politische Berichterstatterin für den Telegraph war. Sie hat bestimmt über den Parteitag berichtet. Ich weiß sogar genau, daß sie darüber berichtet hat. Ich hab's vor einer Viertelstunde vom Archiv des Telegraph erfahren.« Corsico klappte sein Notizbuch zu. »Also, da war ich doch gestern gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt, oder? Jeder, der in der Partei was zu sagen hatte, war auf dem Parteitag in Blackpool, da wette ich was. Und mit einem der Herren ist sie ins Bett gehüpft.«
    Rodney konnte nicht umhin, die Beharrlichkeit des jungen Mannes zu bewundern. Tja, das waren eben Energie, Entschlossenheit und Widerstandsfähigkeit der Jugend! Er speicherte die Information über den Parteitag für zukünftigen Gebrauch in seinem Gedächtnis und sagte: »Aber was wollen Sie damit anfangen, Mitch? Es ist ja gut und schön, über die Identität des Vaters Spekulationen anzustellen, aber wo wollen Sie Gewißheit herbekommen? Wie viele Tories waren damals in Blackpool? Zweitausend Parteimitglieder und zweihundert Abgeordnete? Wo wollen Sie mit Ihren Recherchen anfangen?«
    »Ich möchte mir zunächst einmal ansehen, was für Berichte die Bowen vom Parteitag eingereicht hat. Ich werde überprüfen, ob sie sich auf die Arbeit eines bestimmten Ausschusses konzentriert hat. Vielleicht hat sie jemanden interviewt und hat da das Verhältnis angefangen. Ich werde mich mit den anderen Korrespondenten unterhalten und sehen, ob die vielleicht was haben.«
    »Hm, das ist ein Anfang«, meinte Rodney zustimmend.
    »Aber die Story für die morgige Ausgabe -«
    »Klar. Klar. Mit dem Zeug können wir nichts machen.
    Jedenfalls vorläufig noch nicht. Aber ich telefoniere jetzt gleich mal mit meinen Informanten. Mal sehen, was die mir liefern können.«
    Rodney nickte. Er hob die Hand wie zum Segen. Corsico verstand, daß das Gespräch beendet war.
    An der Tür drehte sich der junge Reporter noch einmal um.
    »Rod«, sagte er, »Sie glauben doch nicht im Ernst, daß ich diese Story dem Globe gegeben habe, nicht wahr?«
    Rodney setzte eine Miene ernsthafter Aufrichtigkeit auf.
    »Mitchell«, erwiderte er, »glauben Sie mir, ich weiß, daß Sie diese Story dem Globe nicht gegeben haben.«
    Er wartete, bis sich die Tür hinter Corsico geschlossen hatte. Dann entfernte er den Rest der Verpackung von seiner Tafel Schokolade. Auf die Rückseite des Einschlagpapiers schrieb er »Blackpool« und »13. Oktober«, faltete es zu einem kleinen Quadrat und steckte es ein. Er schob das letzte Stück Schokolade in den Mund. Leise lachend griff er nach seinem Adreßbuch und dem Telefon.

    Es war nicht schwierig gewesen, die Bilder aufzutreiben. Evelyn stand schließlich an exponierter Stelle. Als Abgeordnete, die im Begriff war, sich eine glänzende Karriere aufzubauen, hatte sie in den vergangenen sechs Stunden zu mehr als einem Zeitungsartikel den Stoff geliefert. Und da sie wußte, wie wichtig das Image in der Politik war, hatte sie sich meist mit ihrer Familie ablichten lassen.
    Dennis hatte drei dieser Fotografien vor sich auf dem Schreibtisch liegen. Während draußen der Mitarbeiter stab der Source den täglichen Geschäften nachging, betrachtete er die Fotos seiner Tochter.
    Auf einem kauerte sie auf einem Sitzkissen vor Evelyn und ihrem Mann, die nebeneinander auf einem Sofa saßen. Auf dem zweiten war sie zu Pferd, beide Hände in die Mähne des Tiers vergraben, das Evelyn in Reithosen in einen Ring führte. Auf dem dritten saß sie mit einem Bleistift in der Hand an einem Tisch, scheinbar in ihre Schularbeiten vertieft. Über sie gebeugt stand ihre Mutter und wies auf etwas hin, was sie gerade geschrieben hatte.
    Luxford zog eine Schublade eines Schreibtischs auf und suchte das Vergrößerungsglas heraus, das er zu benützen pflegte, um Kleingedrucktes zu lesen. Er hielt das Glas über das Bild und studierte Charlottes Gesicht in jeder Einzelheit.
    Jetzt, da er sie zum erstenmal richtig betrachtete - anstatt nur einen flüchtigen Blick auf das Foto zu werfen und es sofort als bloße politische Propaganda für die Massen abzutun -, sah er, daß sie die Züge seiner Familie trug. Sie hatte das Haar und die Augen ihrer Mutter, doch alles andere kennzeichnete sie unabänderlich als eine Luxford. Sie hatte das

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