080 - Am Tor zur Hölle
fortnehmen.
»Tu das nicht, Valerian«, bat mich die weibliche Stimme.
»Ich möchte dich sehen.«
»Du wirst mich sehen. In einigen Tagen.«
»Wer bist du?«
»Nu-uta ist mein Name.«
»Du bist kein Höllenwesen.«
»Nein«, antwortete Nu-uta. »Ich lebte auf Soolam.«
»Soolam? Wo ist das? Ich habe noch, nie davon gehört.«
»Es ist eine ferne Welt, doch leider ist nichts weit genug von der Hölle entfernt, um vom Bösen nicht heimgesucht zu werden. Cheetas fiel mit seiner Horde bei uns ein und wütete schrecklich. Ich habe viele sterben sehen. Sie wurden zusammengetrieben und grausam hingemordet, und ihre Seelen brachte Cheetas in die Hölle, um sie zu verkaufen.«
»Bist du… dieses grauhäutige Wesen?« fragte ich.
»Das war ich«, antwortete Nu-uta traurig. »Nun habe ich keinen Körper mehr. Cheetas hat ihn mir genommen und mich zu seiner Sklavin gemacht.«
»Er behandelt dich schlecht, nicht wahr?«
»Er hat Freude daran, mich täglich zu quälen. Ich hasse ihn. Wenn ich könnte, würde ich ihn töten, aber mein Körper steht mir nicht mehr zur Verfügung, und meine Seele ist zu schwach, um Cheetas gefährlich werden zu können.«
Ich erinnerte mich an die große Angst, die Nu-uta in der Seelenmulde gehabt hatte. Schwarze Tränen hatte sie geweint, weil sie glaubte, ich würde sie mit Cheetas' Schwert töten.
»Du hast uns unser Leben nicht genommen, Valerian. Das war sehr mutig von dir.«
»Was hat es euch geholfen? An meiner Stelle hat es Cheetas getan.«
»Ich fühle mich dir trotzdem zu Dank verpflichtet. Ich würde dir gern helfen.«
»Weißt du, was Cheetas mit dir macht, wenn du mir hilfst?«
»Es kann nicht mehr schlimmer kommen«, behauptete Nu-uta.
Ich wußte es besser. »O doch«, sagte ich. »Cheetas hat noch einige grausame Pfeile im Köcher. Du ahnst nicht, wie schlimm es für dich noch werden kann. Im Vergleich damit führst du jetzt ein paradiesisches Leben.«
»Ich möchte dir trotzdem helfen, Valerian.«
»Was spricht Cheetas über mich?«
»Er bereitet sich auf die nächste Jagd vor. Aber er wird nicht ohne dich reiten.«
»Er wartet, bis ich wieder gesund bin?«
»Mit großer Ungeduld«, sagte Nu-uta.
»Dann sollte ich mir mit der Genesung Zeit lassen«, bemerkte ich grimmig. »Je länger ich hier liege, desto länger werden viele Wesen ihr Leben behalten. Wird er Gismina und Beato auch mitnehmen?«
»Ja, er hat sie unter Druck gesetzt, hat ihnen mit dem Pfahl der tausend Qualen gedroht.«
»Er hat sie weichgekriegt«, knirschte ich.
»Gismina liebt dich sehr, nicht wahr?« fragte Nu-uta.
»So, wie ich sie liebe. Aber es darf in der Hölle keine Liebe geben.«
»Auf Soolam schon«, sagte Nu-uta. »Nichts Wunderbareres kann es dort geben.«
»Wie sieht es aus auf Soolam?« fragte ich.
»Herrlich. Ich glaube, es würde dir dort gefallen.«
Soolam, dachte ich. Könnte das meine neue Heimat werden?
»Es gibt sehr viel Wasser auf Soolam«, erzählte Nu-uta. »Wir leben darauf.«
»Auf dem Wasser?« fragte ich.
»Es gibt Welten, da versinkt man im Wasser, wenn man nicht schwimmen kann. Auf Soolam ist das anders. Dort trägt dich das Wasser. Du kannst darauf gehen, kannst darauf Türme errichten, Städte bauen. Es gibt keinen Krieg auf Soolam. Früher, vor meiner Zeit - sehr lange davor - soll es welche gegeben haben, aber dann wurde der ewige Frieden ausgerufen.«
»Ewiger Friede«, sagte ich beeindruckt. »Das muß großartig sein.«
»Das ist es«, bestätigte Nu-uta.
Ich bat sie, mir den Weg dorthin zu beschreiben. Sie tat es, aber es war nicht leicht, die Einzelheiten zu behalten. Es gab auf diesem Weg zahlreiche Verästelungen, und entschied man sich für die falsche Richtung, geriet man in tödliche Gefahren.
Ich träumte dennoch davon, den Weg nach Soolam zu gehen. Mit Gismina und Beato.
»Wenn ich wieder bei Kräften bin…« begann ich.
»… mußt du mit Cheetas reiten«, fiel mir Nu-uta ins Wort.
»Das werde ich ganz bestimmt nicht tun. Ich habe Vertrauen zu dir, Nu-uta, deshalb sollst du wissen, was ich plane. Ich werde die Hölle mit Gismina und ihrem Bruder verlassen,«
»Flucht?«
»Ja, Nu-uta, Flucht. Ich hätte lange schon fliehen sollen, dann wäre mir der Pfahl der tausend Qualen erspart geblieben, und ich mußte hier nicht liegen.«
»Du möchtest nach Soolam gehen.«
»Was du mir von deiner Heimat erzählt hast, klingt so verlockend…«
»Soolam wird für euch eine feindliche Welt sein, Valerian.«
»Aber du sagtest doch,
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