080 - Am Tor zur Hölle
auch nicht. Folglich ist er hier.«
»Es gefällt mir nicht, daß man nichts hört, Silver«, sagte die Hexe aus dem Jenseits.
»Du befürchtest, hier drinnen könnte bereits alles gelaufen sein?«
Roxane nickte.
»Das wollen wir doch nicht hoffen«, knurrte der Ex-Dämon. »Komm, wir müssen Peckinpah finden!«
Sie öffneten jene Tür, die in den Wohnraum führte. Im Aschenbecher lag eine Zigarre, von der Rauch hochstieg. Mr. Silver wies mit dem Kinn darauf.
»Peckinpahs Markenzeichen«, raunte er. »Wo die Zigarre ist, da ist auch er.«
Die weiße Hexe machte ihn auf den offenen Gewehrschrank aufmerksam. Es war Platz für sieben Waffen, sechs befanden sich nur im Schrank. Hatte Tucker Peckinpah eine Waffe an sich genommen?
»Weißt du, was mich ebenfalls unangenehm berührt?« sagte der Ex-Dämon zu seiner Freundin. »Daß Tony noch nicht hier ist. Er hatte doch den kürzesten Weg zur Jagdhütte.«
»Vielleicht hat ihn Kanutto draußen abgefangen.«
»Du könntest mir ruhig mit etwas mehr Optimismus unter die Arme greifen«, beklagte sich der Hüne.
Sie sahen sich im ganzen Haus um. Von Tucker Peckinpah und Tony Ballard keine Spur - abgesehen von der rauchenden Zigarre.
Der Ex-Dämon kratzte sich am Hinterkopf. »Da muß etwas schiefgegangen sein, Roxane.«
»Befürchte ich auch.«
»Wie hat es Kanutto geschafft, mit Tony und Peckinpah so schnell fertig zu werden? Mit Peckinpah ja. Aber mit Tony…«
»Tony hatte schon einmal keine Chance gegen Kanutto«, erinnerte die weiße Hexe Mr. Silver.
»Man sollte meinen, daß dieses Erlebnis unseren Freund noch vorsichtiger gemacht hat.«
Sie kehrten in den Wohnraum zurück.
»Silver!« zischte Roxane plötzlich und hob abwehrend die Hände.
Neben dem Gewehrschrank stand ein Mann - bartstoppeliges Gesicht, eng beisammenstehende Augen, riesige Nase, miserabel gekleidet. Ted Long, der Penner.
Aber zugleich auch Kanutto, der Exekutor der Hölle!
***
Das war der Moment, den Mr. Silver herbeigesehnt hatte. Endlich hatte er das Teufelswesen vor sich, doch Kanutto zeigte keine Furcht, obwohl sie ihm zu zweit gegenüberstanden.
Er lachte sogar.
»Dir wird das Lachen gleich vergehen, du verfluchter Höllenkretin!« stieß Mr. Silver wütend hervor.
»Ihr kommt zu spät!« triumphierte Kanutto.
»Wir sind rechtzeitig hier, um dir den Garaus zu machen«, behauptete Mr. Silver energisch.
»Wo ist Tucker Peckinpah?« wollte Roxane wissen.
»Nicht mehr hier«, lautete die Antwort des Exekutors. »Auch Tony Ballard habe ich ausgetrickst. Es ging so schnell, daß ihr es gar nicht gemerkt habt.«
»Was heißt ›nicht mehr hier‹?« grollte Mr. Silver. »Was willst du damit sagen? Hast du sie getötet?«
»Nein. Das wollte ich ursprünglich tun, aber ich habe es mir anders überlegt«, sagte Kanutto.
»Und was hast du mit unseren Freunden gemacht?«
»Kannst du es dir nicht denken?«
Mr. Silver schluckte. »Du hast sie in die Hölle geschickt, zu Asmodis.«
»Genau«, bestätigte Kanutto. »Was weiter mit euren Freunden geschieht, kümmert mich nicht mehr. Ich habe meinen Auftrag erledigt, und nun mache ich mir noch eine zusätzliche Freude, indem ich euch beide vernichte.«
»Du warst mir von Anfang an unsympathisch«, blaffte der Ex-Dämon. »Aber ich hätte nicht gedacht, daß du auch größenwahnsinnig bist. An Roxane und mir wirst du dir die Zähne ausbeißen, das schwöre ich dir!«
Die Voraussetzungen hatten sich geändert. Roxane und Mr. Silver durften Kanutto jetzt nicht mehr töten, denn nur er wußte, wo sich Tony Ballard und Tucker Peckinpah befanden.
Wenn sie Kanutto erledigten, konnte es lange dauern, bis sie herausfanden, wohin es die Freunde verschlagen hatte. Also mußten sie auf diesen verfluchten Bastard auch noch Rücksicht nehmen und sein schwarzes Leben schonen.
Aber sie mußten ihn unbedingt besiegen.
Mit dem Mann passierte plötzlich etwas Überraschendes. Er wurde flach, zweidimensional. Kanuttos Magie schuf ein Spiegelbild von Ted Long, doch es blieb nicht bei diesem einen.
Die Spiegel fächerten auseinander und verteilten sich im ganzen Zimmer. Hunderte Ted Longs entstanden in Sekundenschnelle.
Aber es gab nach wie vor nur einen, der echt war.
Und den mußten Roxane und Mr. Silver in ihre Gewalt bekommen.
Die Spiegelwesen griffen an. Sie rückten näher. Mr. Silvers Fäuste verwandelten sich in pures Silber, und er drosch damit auf die Spiegelwesen ein. Jeder Treffer war von einem hellen Klirren begleitet. Die
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