0802 - Planet der toten Kinder
Kelsirenweibchen, das die Ankömmlinge prüfend musterte, ehe sie eine einladende Bewegung machte und sie begrüßte: „Ihr mußtet zu mir kommen, das wußte ich. Ehe das Unheil zu groß wird, mußtet ihr kommen.
Die Kaiserin von Therm schickt euch ..."
Sie war in die Hütte gegangen, gefolgt von ihren Gästen. Nur Icho Tolot blieb draußen im Garten. Er wollte keinen Schaden mit seiner Größe anrichten. Ruhig setzte er sich auf den spärlichen Rasen und betrachtete das Kommen und Gehen auf der Straße.
Zu seiner Verwunderung kümmerte sich niemand um ihn.
„Nicht direkt", beantwortete Gucky die Frage der Gralsmutter.
„Aber auch wir glauben, daß wir euch helfen sollen, aber wir haben nicht die geringste Ahnung, welche Gefahr euch droht, wenn man von den Toten Kindern absieht, die euch hier anscheinend nichts anhaben können."
„Das stimmt, aber es geht nicht allein um uns. Ihr werdet alles erfahren müssen, um die richtige Entscheidung treffen zu können. Doch zuerst laßt mich von mir selbst berichten, dann werdet ihr besser verstehen ..."
In monotonem Tonfall, der von dem Translator nicht moduliert wurde, berichtete sie von ihrem Schicksal und dem Bau der Kolonie. Hier in dieser gewaltigen Höhle, von der Natur geschaffen und tief unter den eigentlichen Haldengebirgen gelegen, lebten die „Freien" einigermaßen ungeschoren, wenn auch im ständigen Kampf mit den beeinflußten und dem Kristallgeflecht hörigen Kelsiren, die immer wieder versuchten, die „Abtrünnigen" zur Räson zu bringen.
„Oft gelingt es ihnen, die Wächter von einem Stollen zu vertreiben oder sie gar zu entführen, und dann schütten sie große Mengen der Toten Kinder in unser Tal, um die böse Strahlung zu verstärken. Aber wir wollen nur eine ganz bestimmte Dosis dieser Strahlung haben, damit sie unser Leben verlängert und uns niemals Hunger leiden läßt. Doch die Kristalle sind überall, auch hier.
Sie dürfen nur nicht zuviel werden."
Sie schwieg einen Augenblick, dann fuhr sie fort: „Schon sind ganze Gebirge der schwarzen Halden miteinander verbunden und werden immer mächtiger. Bald wird ganz Lugh-Pure zu einer neuen Kaiserin werden, wenn wir nichts dagegen unternehmen.
Die Kaiserin von Therm ist gut, aber die Kaiserin von Lugh-Pure wird böse und gewalttätig sein. Sie wird ihre Macht ausdehnen und alles versklaven, was sie erreichen kann. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer."
Wieder schwieg sie, so als erwarte sie eine Frage. Gucky tat ihr den Gefallen: „Und der wäre, Zamya-Lo?"
Sie deutete in Richtung des Ausgangs der Hütte.
„Ich werde euch zeigen, was ihr zu sehen wünscht. In der .Halle der Ruhe keimt unsere Hoffnung heran, aber warten allein ist nicht genug. Wenn die Unfreien das Geheimnis entdecken, das ihre Macht bedroht, werden sie unsere bescheidene Existenz nicht mehr dulden. Sie werden mit Verzweiflung angreifen, denn ihr Leben hängt davon ab. Sie werden uns alle unterwerfen, und dann kann nichts mehr die bösen Mächte aufhalten, auch ihr nicht."
„Führe uns zur Halle der Ruhe", bat Gucky ohne Umschweife.
„Ja, ich werde euch hinführen, aber erschreckt nicht. Oft liegen Leben und Tod sehr nahe beieinander, so auch hier. Das Böse und das Gute sind enge Verwandte, so wie auch Sieg oder Niederlage oft nur durch einen einzigen Schlag getrennt sind."
Sie stellte keine Fragen nach der Herkunft der ihr fremdartig erscheinenden Besucher, obwohl es doch ziemlich wahrscheinlich sein mußte, daß sie hier in ihrer Abgeschlossenheit niemals Besuch erhalten hatte. Selbst die riesige Gestalt des Haluters schien ihr keine Furcht einzuflößen.
Sie nickte ihm nur einladend zu, als sie durch den Garten gingen und die Straße betraten.
Kelsiren, die des Weges gingen, wichen der Gruppe ehrfürchtig aus oder verschwanden in ihren Hütten. Alles war unheimlich still und friedlich - fast zu friedlich.
Erfolglos fragte sich der Physiker Avery Talcot, wie es diesen scheinbar so rückständig und primitiv lebenden Intelligenzen gelungen war, ein Stollensystem durch das Urgestein anzulegen, eine künstliche Sonne an den Felshimmel zu hängen und für eine einwandfrei funktionierende Klimatisierung zu sorgen.
Eine direkte Verbindung zur Oberfläche gab es allem Anschein nicht.
Gucky, der aufmerksam seine Umgebung beobachtete, merkte bald, daß Zamya-Lo auf den einzigen Stolleneingang zuging, der mit einer massiven Tür verschlossen war. Woraus das Material bestand, konnte er nicht feststellen, aber er
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