0802 - Planet der toten Kinder
zu spät war und die ersten dunklen Kristalle in ihren Körper gewachsen waren, erfuhr sie von dem Reich Zamya-Los, dem Tal der Ruhe und der Existenz der freien, unbeeinflußten Kelsiren tief unter der felsigen Oberfläche Lugh-Pures.
Doch nun war sie eine Dienerin der Toten Kinder und konnte nicht mehr fliehen.
Es war so, wie Caral Pent vermutet hatte. Reta-Gor empfing ihre Befehle auf mentaler Basis, aber für sie war jeder Kontakt mit den Toten Kindern unmöglich.
Die eingepflanzten Kristalle machten sie zur willigen Sklavin der erloschenen und doch nicht toten Substanz, denn wer nicht gehorchte, wurde von der Halde absorbiert, ohne richtig sterben zu können. Trotz ihrer Eigenschaft, ein gewisses Eigenleben bewahren zu können, hatten die Befehlsimpulse der Toten Kinder sie eines Tages in das Zentrum der benachbarten großen Halde gerufen, wo sie zum ersten Mal Kontakt mit dem schwarzen COMP erhielt, dessen Wächterin sie nun war.
Der COMP hatte viele Wächterinnen. Ihre Aufgabe war es, die anderen Kelsiren von der Befehlszentrale fernzuhalten und Neuankömmlinge unmittelbar nach ihrer Ankunft auf Lugh-Pure in Empfang zu nehmen und zu „betreuen".
Nur den Wächterinnen war es möglich, direkten Kontakt zum COMP aufzunehmen und Informationen zu liefern.
Und die Wächterinnen waren es auch, die jeweils die vereinzelten Stoßtrupps gegen das Tal der Ruhe anführten, in dem die freien Kelsirenweibchen ihr Leben ohne den Zwang der Toten Kinder fristeten.
Reta-Gor wußte nicht, was mit ihr geschehen war, als das kleine Wesen sie bei der Hand nahm und sie plötzlich vor dem Ausläufer der Toten Kinder stand. Sie registrierte nur die mentalen Hilferufe der Kristalle und erkannte sofort die Ursache, als sie die silbernen Adern sah.
Nur sie konnte den COMP warnen, denn die Kristalle waren dazu nicht in der Lage.
Sie empfingen ebenfalls nur ihre Befehle, ohne sie jemals bestätigen zu können, es sei denn durch die Tat.
Es war Reta-Gor sofort klar, daß dem COMP Gefahr drohte, wenn nichts gegen die schnell voranschreitende Zersetzung unternommen wurde.
Sie kannte ihre Pflicht den Toten Kindern gegenüber.
Ohne auf ihren Entführer zu achten, der sie aus einiger Entfernung beobachtete, setzte sie sich in Bewegung und schritt auf den nächsten Stollen zu, von dem sie wußte, daß er unbewacht war.
Als Gucky wieder materialisierte, war seine „entflohene" Gefangene nur noch hundert Meter vom Eingang des Stollens entfernt. Sie drehte sich nicht einmal um, sondern ging unbeirrt weiter. Der Mausbiber folgte ihr, achtete aber dabei ständig auf die notwendige Deckung.
Er beschleunigte sein Tempo erst dann, als das Kelsirenweibchen in dem Stollen verschwand. Schnell holte er es ein und hielt sich nun immer dicht hinter ihr. Jeden Augenblick mußte er mit einem Überfall der unfreien Kelsiren oder der Kristalle rechnen, aber das bereitete ihm weniger Sorgen.
Wichtig war nur, daß er seinen präparierten Köder nicht aus den Augen verlor.
Bereits im Tal war es ihm für Sekundenbruchteile gelungen, die Gedankenimpulse der Verfolgten aufzufangen. Viel war damit nicht anzufangen, denn er konnte sie nicht deuten. Aber sie genügten, eine flüchtige Peilung vorzunehmen. Er blieb also auch dann auf ihrer Spur, wenn er sie nicht mehr sah.
Das wurde allerdings schwieriger, als die Toten Kinder immer mehr den eigentlichen Fels verdrängten und die mentalen Druckwellen intensiver wurden.
Vorsichtshalber holte Gucky wieder auf.
Die Kelsirin schien im Dunkeln sehen zu können, während der Mausbiber sich mühsam an den Wänden entlangtastete, die er nicht allzu lange berühren durfte. Er wagte es nicht, seine Lampe einzuschalten, aus Furcht, die Verfolgte könnte auf ihn aufmerksam werden und ihn abzuschütteln versuchen.
Der Stollen verlief eine längere Strecke waagerecht in dem Grenzgebiet zwischen Halde und Planetenoberfläche. Dann stieg er wieder an. Rechts und links zweigten Gänge ab. Größere Windungen gab es zum Glück nicht Es wurde wärmer. Gucky schaltete das Kühlaggregat seines Schutzanzugs ein, verzichtete aber noch immer auf den Helm.
Seine empfindlichen Ohren fingen die Schritte der Kelsirin auf, die unermüdlich voranging, so als kenne sie niemals eine Erschöpfung.
Wie weit mochte es noch bis zum unbekannten Ziel sein?
Nach einer weiteren halben Stunde begann Gucky sich wütend einzureden, er sei nicht müde und wolle auch nicht müde werden, aber in Wirklichkeit taten ihm die Füße schon weh. Er
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