0802 - Planet der toten Kinder
Tal.
Die Wächter hatten inzwischen Alarm geschlagen. Zamya-Lo kam aufgeregt zur Hütte ihrer Gäste gerannt und berichtete, was geschehen war. Gucky warf seinen Freunden einen bedeutsamen Blick zu, legte in aller Eile seinen Schutzanzug an und entstofflichte sich ohne jede Erklärung vor den Augen der erschrockenen Gralsmutter.
„Keine Sorge", beruhigte sie Caral schnell. „Wenn wir den schwarzen COMP finden wollen, brauchen wir einen Gefangenen. Gucky holt ihn sich."
Inzwischen waren Zamya-Los Gefährtinnen zu dem Stollen geeilt, um die Eindringlinge zu vertreiben. Aber der Mausbiber war schneller dort. Mit einem Blick erfaßte er die Situation.
Insgesamt waren es sechs der verunstalteten Kelsirenweibchen, aber eines von ihnen schleppte weniger dunkle Kristalle mit sich herum als die anderen. Vielleicht war es erst kürzlich von den Toten Kindern in Besitz genommen worden.
Gucky verzichtete auf eine weitere Teleportation. Hinter sich hörte er schon das wütende Geschrei der Verteidiger, die herbeigeeilt kamen, Stöcke und Steinbrocken in den Händen.
Furchtlos näherte er sich den Kelsiren und packte dann zu, als er nahe genug an sein ausgesuchtes Opfer herangekommen war.
Dann erst teleportierte er.
Er schaffte die paar Kilometer bis zum Rand der Gletscherzunge ohne besondere Schwierigkeit. Ohne auf den Verzerrungsschmerz bei der Rematerialisation zu achten, ließ er seine Gefangene los und trat einige Schritte zurück.
Aus sicherer Entfernung beobachtete er sie.
Die auf so ungewöhnliche Weise Entführte stand unbeweglich am Rand der Zunge und versuchte offensichtlich, sich zurechtzufinden. Den Mausbiber schien sie nicht zu sehen.
Langsam nur drehte sie den Kopf in Richtung der Zunge.
Aus den schwarzen Kristallen strömten die Impulse auf sie ein.
Auch Gucky konnte sie empfangen, ohne ihren Sinn zu verstehen.
Es war zuerst seine Absicht gewesen, seine Gefangene in die Hütte zu bringen, aber dann kam ihm der Gedanke, daß er sie gleich und ohne Umschweife über die für die Toten Kinder wichtigste Neuigkeit informieren sollte, um sie zu veranlassen, diese Information so schnell wie möglich weiterzuleiten.
Caral hatte in der Diskussion die Vermutung geäußert, daß die Kelsiren zwar von den Impulsen der schwarzen Kristalle beeinflußt und befehligt wurden, umgekehrt jedoch eine Kommunikation nicht möglich war. Wenn die Biologin recht hatte, mußte die Kelsirin, die jetzt vor der Zunge stand und die Gefahr vielleicht erkannte, Kontakt direkt mit dem schwarzen COMP aufnehmen, um ihn auf die drohende Gefahr der Infiltration aufmerksam zu machen. Denn es war durchaus möglich, daß auch der Kontakt zwischen der schwarzen Materie der Halden und dem COMP nur einseitig existierte.
Die Gefangene ging nun näher an den Rand der Zunge heran und betrachtete die silbernen Adern zwischen den toten Kelsirenweibchen. Sie bückte sich und betastete die matt strahlenden Stränge, dann richtete sie sich wieder auf.
Mit etwas unsicheren Bewegungen, aber trotzdem zielbewußt, ging sie davon, auf den nächsten Stolleneingang zu, der etwa fünfhundert Meter links von der Zunge zu sehen war. Dort gab es keine Wächter.
Gucky überlegte nicht lange.
Er teleportierte zurück in die Hütte. Ehe die anderen Fragen stellen konnten, sagte er: „Ich habe einen Gefangenen informiert und folge ihm nun. Er wird dem COMP berichten wollen. Wartet hier auf mich, ich komme sobald wie möglich zurück."
„Du gehst nicht allein!" rief Icho Tolot aus. „Das kommt überhaupt nicht in Frage!"
„Keine andere Möglichkeit!" schnitt Gucky jede weitere Diskussion ab. „Macht euch keine Sorgen, ich finde den COMP!"
„Es ist zu gefährlich, außerdem ..."
Tolot schwieg, denn Gucky war inzwischen entmaterialisiert.
6.
Das alte Kelsirenweibchen Reta-Gor war erst vor wenigen Monaten nach Lugh-Pure gebracht worden. Als sie mit ihren Leidensgefährtinnen das Transportschiff verließ, standen sie auf dem Plateau der dunklen Halde und hatten nicht die geringste Ahnung, wie ihre Zukunft aussehen sollte. Sie spürten jedoch ausnahmslos, wie die mentalen Drohimpulse auf sie eindrangen und sie unter ihren Willen zwangen.
Reta-Gor war widerstandsfähiger als die anderen, aber sie gehorchte den zwingenden Befehlen, weil sie annahm, das sei der Wille der Kaiserin von Therm, der sie trotz der Verbannung treu ergeben war.
Gemeinsam mit den anderen betrat sie den Stollen, der hinab in die Tiefe der Halde führte.
Erst als es viel
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