0803 - Meleniks Mordnacht
und Sheila tippte gegen ihre Stirn.
»So etwas kann auch nur von dir kommen. Jedenfalls habe ich euch Arbeit erspart.«
»Und du hast auch ein Bild davon, eine Fotografie?«, erkundigte sich Suko.
»Eines?«
»Dann lass uns nachschauen.«
Wir verschwanden gemeinsam in unserem Büro und bauten uns so gut wie möglich um den Schreibtisch herum auf. Sheila hatte ein Lesezeichen zwischen die entsprechenden Seiten gelegt. Sie schlug das größere der beiden Bücher auf, und wir standen staunend vor dem Bild, das auf einer breiten Doppelseite abgedruckt worden war. Es war die Kathedrale in all ihrer gotischen Pracht. Wir schwiegen.
Zunächst hob Suko den Kopf, nickte und murmelte dann »Ja, das ist sie, das ist sie genau.«
»Wusste ich doch«, sagte Sheila.
»Darf ich weiterblättern?«
»Bitte, John.«
Wir schauten uns auch die nächsten Aufnahmen genau an. Sie alle zeigten Teilansichten der Kathedrale. Wir sahen die Seiten, die Fronten, die Portale, die Türme, aber auch all den äußeren Schmuck, der sie zierte. Es waren Säulen zu besichtigen, auf denen wir die Figuren entdeckten, die uns allerdings im Moment noch nichts sagten. Da war es besser, wenn wir uns das mächtige Bauwerk im Original anschauten.
»Da darf ich dir nur gratulieren, Sheila«, sagte ich. »Du hast ein tolles Gedächtnis.«
»Danke.«
Sicherheitshalber blätterten wir auch die anderen Bücher durch.
Sehr oft sahen wir die Kathedrale abgebildet, auch mal als Risszeichnung, doch das alles ersetzte kein Original.
»Das ist sie gewesen«, sagte Bill, »es gibt keinen Zweifel.«
Ich war an das Fenster getreten und schaute hinaus. »Stimmt, das war es.«
»Nein, John, das war es nicht. Das wird es erst noch werden. Davon bin ich überzeugt.«
Ich drehte mich wieder um und schaute in den Schatten des Büros. »Du bist also davon überzeugt, dass wir in Chartres weitere Spuren finden werden.«
»Hundertprozentig.«
»Ich nicht.«
»Warum nicht?«
Auf Bills Frage ging ich nicht ein, sondern wandte mich an Suko.
»Wie sieht es mit dir aus?«
»Ich schwanke noch.«
Der Reporter verdrehte die Augen. »Das begreife ich nicht«, stöhnte er auf. »Das ist einfach nicht drin. Ich frage mich, John, weshalb du dieser Tatsache so skeptisch gegenüberstehst.«
»Es geht mir nicht um die Tatsache an sich. Dass es die Kathedrale gibt, steht fest.«
»Na bitte.«
»Nur frage ich mich, was ein derartiges Bauwerk mit unserem Fall zu tun haben soll. Ich sehe einfach keine Verbindung zwischen der Kathedrale und der alttestamentarischen Zeit. Das ist… ja, das ist mir im Moment einfach zu hoch.«
»Wenn wir sie uns anschauen, werden wir sicherlich eines Besseren belehrt. Selbst Sheila ist neugierig geworden, und ein Ausflug in den französischen Frühling könnte nicht schaden. Doch ist in Chartres nicht so viel los. Es gibt noch Zimmer, ich weiß es genau.«
»Woher?«
Bill lächelte etwas verlegen. »Ich habe mir erlaubt, drei zu bestellen. Für Sheila und mich ein Doppelzimmer, für euch zwei einzelne. Aber wenn ihr nicht wollt, dann…«
Ich hob die Hand. »Davon hat niemand gesprochen. Wir werden mitfahren, das ist klar…«
»Die Tickets habe ich auch schon.«
»Du bist ja super.«
»Sheila, nicht ich.«
Ich schaute Bills Frau an und sah ihr Lächeln. Sie wirkte wie jemand, der einen Sieg errungen hat. Tatsächlich hatte sie uns Männer über den Löffel barbiert. Suko hatte nichts gesagt, er telefonierte aus dem Nebenzimmer, und wir hörten, dass er sich mit unserem Chef unterhielt, der sehr bald eintraf, einen verwunderten Blick in die Runde warf und etwas verbissen fragte: »Gibt es hier eine Feier?«
»Nein, Sir«, sagte Bill. »Wir haben soeben einen Fall gelöst.«
»Aha.« Sir James begrüßte Sheila mit seinem besten Lächeln und musste sich von Bill sagen lassen, dass sie es gewesen war, die die Spur gefunden hatte.
»Von Ihnen, Mrs. Conolly, hätte ich auch nichts anderes erwartet.«
»Danke.«
Ich drehte mich grinsend um, denn ein Sir James, der Komplimente verteilte, war mir fremd. Auch Glenda hatte Mühe, ein Lachen zu unterdrücken. Sir James sah dies und räusperte sich scharf, bevor er sich über die Bilder beugte. Sheila, von dem Kompliment angetörnt, gab ihm die entsprechende Erklärungen, und unser Chef hörte aufmerksam zu. Er schaute sich die Aufnahmen genau an, und als er sich nach einer Weile wieder umdrehte, da schien er mir nicht schlauer zu sein als zuvor.
»Tja, es gehört schon ein wenig Phantasie
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