0803 - Meleniks Mordnacht
damit ab oder auch nicht, doch wenn man selbst davon betroffen ist, so wie wir, denkt man schon anders darüber. Zumindest ich. Du hast eine andere religiöse Erziehung genossen, ich aber…«
»Klar, das verstehe ich. Wenn ich es zusammenfassen will, kann ich sagen, dass dir das Thema etwas zu heiß ist.«
»Nein, nicht direkt. Dann würden wir uns darauf nicht konzentrieren. Ich meine nur, dass es noch zu früh ist, die Weiße Macht einzuschalten. Sollten wir mehr erfahren haben, ist das für uns kein Thema mehr. Dann werden wir auf ihre Hilfe zurückkommen.«
»Denke ich auch.«
»So, und jetzt werden wir Bücher wälzen. Bildchen gucken.«
»Tralala, wie die Kleinen, he?«
»Richtig.«
»Hast du auch ein Spielzeug?«
»Klar, Förmchen und Schaufel.«
»Fehlt nur noch der Sand.«
Ich grinste ihn an und ging vor meiner Antwort sicherheitshalber etwas zurück. »Auf den warte ich, wenn er dann deinen Kopf verlässt, Alter…« Nach dieser Bemerkung ließ ich Suko stehen und stürmte unserem Büro entgegen, wo uns eine kleine Überraschung erwartete, denn wir hatten Besuch erhalten.
Sheila und Bill Conolly waren da. Und sie hatten drei dicke Bücher mitgebracht, die auf unserem Schreibtisch lagen. Bill stand daneben und klopfte mit der flachen Hand auf den Stapel, während daneben ein zweiter, etwas höherer lag, den Glenda hatte besorgen lassen. Sie und Sheila saßen im Vorzimmer und tranken Kaffee.
»Aha«, sagte Bills Frau.
»Was ist denn?« Ich hauchte ihr zwei Küsse auf die Wangen. Sie roch so herrlich frisch, während ich das Gefühl hatte, noch immer vom Staub der Wüste bedeckt zu sein.
»Nichts weiter, John. Eigentlich müsste ich mich freuen, dass ihr meinen lieben Gatten wieder gesund zurückgebracht habt. Aber ich freue mich gar nicht.«
»Das gibt es doch nicht. Wolltest du ihn loswerden?«
Sheila begrüßte erst Suko, bevor sie eine Antwort gab. »Hör mal zu, Geisterjäger…«
»Ja bitte…«
Sie streckte den rechten Zeigefinger vor und näherte sich mir. Ich hob die Hände und ergab mich. »Bitte, du kannst alles mit mir machen, aber lass mich am Leben.«
Sheila lächelte. Sie trug eine enge Hose und eine lange, duftige Bluse mit einem Blumenmuster-Stoff dazu. »Ich bin dir noch eine Antwort schuldig. Die bekommst du auch. Ich habe ja nichts dagegen, dass ihr hin und wieder mal einen Trip macht. Aber wenn ich mir Bill so anschaue, dann habe ich den Eindruck, dass er wieder auf den Geschmack gekommen ist.«
Ich wehrte ab. »Bitte, wir haben nichts getrunken.«
»Dass ich das nicht so meine, weißt du selbst, John. Aber Bill juckt es schon wieder in den Knochen. Ich denke, er hat Blut geleckt und will weitermachen.«
»Das stimmt doch nicht, Sheila.«
»Ich kenne dich, Bill.«
»Du bist doch diejenige gewesen, die diesen Fall praktisch vorangetrieben hat.«
»Ach«, sagte ich und ließ meine Arme sinken. »Das ist mir ja völlig neu. Wie das?«
Bill verließ die Türschwelle, wo er bisher gestanden hatte. »Das kann ich dir sagen, John. Mein Weib war Feuer und Flamme, als ich ihr von der Kathedrale erzählte. Dreimal habe ich sie ihr genau beschreiben müssen, dann verschwand sie, kam mit Büchern zurück und sagte mir, bevor sie überhaupt ein Buch aufschlug, wo die Kathedrale steht. Wir haben es nachgeprüft, es stimmte. Wir können uns das Herumsuchen also sparen. Ich wollte dich telefonisch informieren, aber Sheila ließ sich nicht davon abbringen, herzukommen.«
Wir waren überrascht und schauten Sheila an, die sich etwas verlegen gab.
»Stimmt das?«, fragte Glenda.
»Ich muss es zugeben.«
»Dann sag doch, wo die Kathedrale liegt!«, rief Suko.
Sheila machte es spannend. Sie nahm zunächst auf Glendas Schreibtisch Platz. »Ihr werdet sie hier in England nicht finden. Auch Schottland und die irische Insel könnt ihr vergessen. Ihr müsst von der Insel weg, und zwar nach Frankreich.«
»Wirklich?«
»Ja, Suko. Das Bauwerk ist weltbekannt, denke ich. Aber bei euch ist die Allgemeinbildung ja nicht besonders ausgeprägt, deshalb gebe ich euch Nachhilfe. Es ist die Kathedrale von Chartres.«
Suko und ich schauten uns an, und mein Freund fragte, während ich die Schultern hob. »Wo ist das denn?«
»Etwa hundert Meilen südwestlich von Paris«, erwiderte Glenda und lächelte triumphierend.
»Man kann ja nicht alles wissen«, sagte ich.
»Das dachten wir uns.«
»Hör auf, Sheila, so gut bist du auch nicht.«
»Zufall, habe ich auch gesagt«, meldete sich Bill,
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