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0803 - Meleniks Mordnacht

0803 - Meleniks Mordnacht

Titel: 0803 - Meleniks Mordnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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der Umgebung angepasst, sie flößte der auf sie zugehenden Frau kein Vertrauen mehr ein, dafür Angst.
    Die Kathedrale gehörte sowieso nicht zu den hellen Gebäuden, in ihrem Innern blieb es oft dunkel. Da sickerte das Licht nur in bestimmten Winkeln durch die mit Motiven der christlichen Mystik versehenen Fenster, aber daran hatten sich die Bewohner und auch die Besucher gewöhnt.
    Wieder erwischte sie der Sturm.
    Machtvoll jagte er gegen sie, als Marie Avide die schützende Häuserzeile verlassen und den Platz vor der Kathedrale betreten hatte.
    Hier tobten die Elemente. Hier schrie und heulte der Wind. Hier wuchtete er gegen die Mauern des Gebäudes, und die Frau fühlte sich wie ein Spielball. Wegen der Böen bewegte sie sich nur taumelnd weiter. Immer wieder bekam sie die Schläge des Sturms ab, sie flüchtete, hielt ihren Schirm umklammert, und dann öffnete der Himmel von einem Augenblick zum anderen seine Schleusen.
    Gleichzeitig brach das Gewitter los. Grelle Blitze und gewaltige Donner schienen die gesamte Stadt aus den Fugen zu reißen.
    Der Wind war einfach zu stark. Marie kämpfte dagegen an. Er griff nach dem Schirm, den sie nicht aufspannen konnte. Immer wieder wuchtete der Sturm mit seinen gewaltigen Armen hinein, und sie konnte ihn nicht mehr halten. Er wurde ihr aus den Händen gerissen. Es hatte keinen Sinn, wenn sie noch an ihm festhielt. Sie flüchtete quer über den Platz, um in den Schatten der Kathedrale zu gelangen, begleitet von hellen Speeren und dumpf grollenden Donnergeräuschen, als wäre die große Kirche dabei, auseinander zu fallen.
    Das aber würde nicht geschehen. In all den Jahrhunderten hatte der mächtige Dom allen Stürmen und Unwettern getrotzt, auch jetzt konnte ihn nichts zerstören.
    Sie war nass bis auf die Haut. Der Regen hatte die gesamte Umgebung verändert. Chartres war in einem Schleier versunken. Der Regen raste in dichten Bahnen zur Erde, er nahm die Sicht, und so hatte Marie das Gefühl, durch einen Tunnel zu gehen.
    Noch immer blieb sie dicht an der Kathedrale, doch die Wände gaben ihr nicht den Schutz, den sie erhofft hatten. Im Gegenteil, sie bedrohten sie, sie fürchtete sich vor diesem gewaltigen Bauwerk, das keinen Trost mehr spendete, und Marie Avide hatte einfach den Eindruck, dass es nicht allein am Unwetter lag. Das musste andere, tiefere Gründe haben, und gerade jetzt dachte sie wieder an ihren Mann, der nicht weit von hier von einem herabfallenden Stein erschlagen worden war.
    Eine Hand hatte sich von einer Figur gelöst.
    Und die Figuren befanden sich auch in ihrer Nähe. Man nannte sie oft Säulenheilige, sie standen außen und innen, erstere verwitterten, die anderen wurden gepflegt.
    Unwillkürlich schaute Marie in die Höhe. Der Regen peitschte gegen sie und auch gegen die Figuren, die in seinen Schleiern verschwammen oder einfach wegtauchten.
    Es war einfach eine andere Welt geworden. Das Grauen hatte sich festgesetzt, hier herrschten schlimme Mächte, die Hölle wollte den Menschen zeigen, wie mächtig sie war.
    Mein Gott, welche Gedanken sind das! Sie erschrak darüber selbst, ein Schauer huschte über ihren Rücken. Wie konnte sie das nur… wie war das möglich? Marie dachte nur mehr in Fragmenten. Auf einmal war alles anders geworden. Sie schaute hoch, als sich über ihr etwas bewegte.
    In der Nähe eines Seitenportals, aber nicht darüber. Säulen klammerten sich an das Mauerwerk fest, sie ragten hoch, und auf ihren Sockeln standen die Gestalten mit ihren mächtigen Körpern, Sie waren einfach furchtbar, Riesen und doch keine Riesen, Götzen, Monstren, natürlich auch Heilige.
    Marie Avide blieb stehen, als hätten sie hart gewordene Schatten aufgehalten. Etwas schwebte über ihr, vor dem sie Angst hatte. Nie war dieses Gefühl über sie gekommen. Bon, in der Dunkelheit hatte sie sich manchmal vor den Figuren etwas gefürchtet, doch ein Vergleich zu dieser jetzigen Furcht war das nicht.
    Bewegten sich die Figuren? Lauerten sie auf einen bestimmten Zeitpunkt, um sich lösen zu können?
    Der Regen fiel dicht, der Regen verwischte manches, und das Wasser klatschte wie ein Sturzbach auch über ihr Gesicht. Es rann in die Augen, es sorgte dafür, dass vieles verschwamm, selbst das Mauerwerk schien an ihr vorbeizurinnen.
    Einbildung, nichts als Einbildung hämmerte sie sich ein.
    Oder doch nicht?
    Wieso glühten plötzlich die Augen in den steinernen Gesichtern?
    Was war da anders? Hörte sie nicht ferne Schreie oder musste sie dem Heulen des

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