0804 - Das Teufelstor
stecken hatte. Zumindest kannte sie nun den Namen dieser Ash-Welt. »Geschwister? Ihr alle?«
Pioll bekam einen stolzen Ausdruck auf seinem noch sehr kindlichen Gesicht. »Unser-Vater ist ein fleißiger Zeuger! Ein paar von uns fehlen sogar noch. Sie sind sicher noch draußen unterwegs. Und bestimmt werden wir noch mehr Geschwister bekommen.« Nicole konnte dem Jungen nur zustimmen - fleißig schien dieser Pioll tatsächlich zu sein. Zumindest bei einer Sache…
»Aber dann würde mich schon interessieren, warum du auf Diebeszug gehst, wenn dein Vater hier Kerkermeister ist.«
Piolls Miene verfinsterte sich. »Weil der Herr nicht für uns alle sorgt. Er lässt seine treuesten Diener hungern. Aber wir wollen nicht hungrig sein, verstehst du?« Und wie gut Nicole das verstand. Wer dieser Ormoff auch war - er machte den Fehler, denn die Mächtigen immer wieder begingen. Er vergaß an die zu denken, die ihm dienten. Unzufriedene Bedienstete, die ansehen mussten, wie ihre Kinder hungerten, waren stets der Anfang vom Ende der Macht. Hier würde es über kurz oder lang nicht anders sein.
»Pioll… und wenn sie eine von denen ist? Dann…«
Pioll legte seiner kleinen Schwester die flache Hand auf den Mund. »Still, Ania. Willst du wohl still sein.«
Nicole setzte sich auf eine der Pritschen und legte ihren Arm um ein höchstens sechsjähriges Mädchen, dass sie mit großen Augen ansah. Nicole lächelte der Kleinen freundlich zu und drückte sie an sich. Hungernde Kinder… das war etwas, das Nicole nur schwer ertragen konnte. Sie fühlte, wie die Wut in ihr von Sekunde zu Sekunde wuchs.
»Wer sind die, Pioll? Du kannst mir vertrauen.«
»Die Goldenen natürlich… weißt du das denn nicht?« Die Kleine in Nicoles Arm sprach das aus, was ihr großer Bruder lieber verheimlicht hätte. Pioll nickte seufzend.
»Wir dürfen darüber ja eigentlich nicht reden. Im Kerker sind Gefangene, die unserem Herrn sehr wertvoll und wichtig sind. Es ist noch nicht sehr lange her, da waren sie auf einmal da. Und nun müssen sie dem Herrn dienen, sonst tötet er immer einen von ihnen.«
So langsam bekam Nicole eine ausgewachsene Wut auf diesen Ormoff. Hungernde Kinder… versklavte Wesen… selbst wenn Zamorra in dieser Sekunde hier aufgetaucht wäre, hätte Nicole nicht sofort den Weg zurück zur Erde gesucht. Offensichtlich musste hier erst einiges gerichtet werden.
»Bringst du mich zu den Goldenen ?« Die Unsicherheit in Piolls Blick wurde größer. »Keine Sorge, ich bringe euren Vater nicht in Schwierigkeiten. Ich verspreche es euch.«
Pioll blickte zu seinen Brüdern und Schwestern. Dann nickte er.
»Gut, dann folge mir.«
Und nur wenige Minuten später konnte Nicole durch eine geöffnete Klappe hindurch in eine der unzähligen Zellen blicken, die es hier in diesen Gängen gab.
Was sie sah, erschütterte sie tief. Sie sah zwei Wesen, die offenbar grausam gefoltert worden waren. Und als eines dieser Wesen in die Richtung der Tür sah, konnte Nicole sein Gesicht genau betrachten.
Sie blickte in ein Auge voller Tränen und Schmerz.
Und dieses Auge war golden, wie die Strahlen der Sonne…
***
Zamorra starrte das dahinschwindende Weltentor an. Er spürte, wie Panik in ihm aufzusteigen begann. Wenn es nicht mehr zu sehen war, würde es endgültig nicht mehr existieren. Und selbst wenn er dann noch versuchte, ein neues Tor zu schaffen, blieb fraglich, ob er es genau an der Stelle positionieren konnte, wo das alte gewesen war. So etwas klappte nur in den seltensten Fällen und mit sehr viel Glück. Eine Verschiebung um wenige Zentimeter auf der einen Seite konnte aber eine um Hunderte von Kilometern oder Jahre auf der anderen Seite bedeuten. Das waren die ehernen, teilweise unverständlichen Gesetze der Weltentor-Magie.
Fieberhaft überlegte er, was er tun konnte. Was er via Internet aus seinem Computersystem abgerufen hatte, war nicht besonders hilfreich. Er hatte nach Möglichkeiten gesucht, lotete sie noch einmal aus, indem er auf dem kleinen Monitor des Pocket-PC die einzelnen Dateien aufrief. Dabei ließ er sich gern von Brik Simon über die Schulter sehen. Vielleicht fiel dem ja auch etwas ein.
Aber Brik orientierte sich weniger an den Daten.
»Mit der Brechstange geht es also schon mal nicht«, überlegte er. »Hätte ich an deiner Stelle auch erst gar nicht versucht. Was du tun musst, ist, diese seltsame gummiartige Abschirmung zu durchdringen. Wie wäre es mit einer Explosion?«
»Wie meinst du das?«, fragte
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