0804 - Die Frau mit den Totenaugen
einmal schütteln konnte sie sich. Die Angst hatte sie bewegungslos gemacht.
Das Kind hob die Arme an. Gleichzeitig bewegte es auch seine Hände. Es spreizte die Finger, während es gleichzeitig mit seinen kalten Totenaugen Fiona anglotzte.
Beide wurden von dem Ehepaar Hurt beobachtet. Sie und er ließen keinen Blick von ihnen, sie schauten hin, sie standen unter einer ebenfalls großen Spannung und Starre, und sie schienen genau zu wissen, was nun folgte.
In Gesichtshöhe bewegten sich Susy Carters Leichenfinger. Sie schloss die Hände zu Fäusten, um sie einen Moment später wieder zu öffnen, und diese Geste wiederholte sie einige Male.
Dann packte sie zu.
Kalte, gespreizte Totenklauen schossen auf den Hals der Urlauberin zu. Das Ziel war überhaupt nicht zu verfehlen, denn einen Moment später drehten sie sich um die Kehle, und sie drückten auch die dünne Haut zusammen.
Fiona hatte das Gefühl, noch mehr zu versteinern, obwohl dies nicht mehr möglich war. Es mochte an den eisigen Fingern liegen, die so anders waren als von außen gekühlte Hände. Sie nahmen der Frau den Atem. Fiona röchelte, erst jetzt bewegte sie sich, und sie wollte das Kind von sich wegstoßen.
Zwar schnellten die Arme noch vor, aber sie schafften es nicht, den Körper aus ihrer Nähe zu entfernen. Er stand wie ein mit Eis überzogener Fels. In ihm steckte eine andere Kraft, die Fiona auf keinen Fall erklären konnte.
Die Klammer um ihren Hals löste sich nicht. Atmen konnte sie nicht mehr. In ihrem Körper hatte sich einiges verändert. Sie wusste nicht, was es war, das Gesicht lief blau an, und als letztes sah sie das Ehepaar Hurt, das sich gemeinsam erhob.
Von zwei Seiten kamen sie auf Fiona Finley zu.
Sie grinsten.
Ihre Köpfe sahen dabei aus wie bleiche Totenschädel, bis sie schließlich zerplatzten…
***
Ich sah den Strand, ich sah das Meer, ich sah die Wolken am Himmel, ich atmete die klare Luft ein, die so wunderbar meine Lungen füllten. Nur wenige Menschen waren unterwegs, die Saison hatte noch nicht begonnen, und an einem bestimmten Platz waren einige Helfer dabei, die Strandkörbe zu richten und zu überholen, damit sie den Ansprüchen der Sommergäste gerecht wurden.
Ich hätte mich eigentlich wohl fühlen können, sogar müssen, das war jedoch nicht der Fall.
Stattdessen hatte ich mich nahe der Dünen auf einen großen Stein gehockt, der wie ein krummer Kopf aus dem Sand schaute und eigentlich ein idealer Sitzplatz für einen Urlauber war, der die Ruhe des Strandes und das Rauschen des Meeres genießen wollte. Ich war kein Urlauber, ich genoss die Gegend auch nicht, sie gab mir nicht die innerliche Ruhe, und das hatte einen simplen Grund. Ich hatte überhaupt nicht nach Harrings-on-Sea gewollt, aber da gab es eine Person namens Glenda Perkins, die einfach nicht aufgegeben und mich gequält hatte, bis mir nichts anderes übrig geblieben war, als zuzustimmen.
Schließlich kennt man ja die Überzeugungskraft der Frauen. Was schon vor Tausenden von Jahren begonnen hatte, war nicht so leicht abzuschaffen. Ich sah noch Sukos Grinsen, als er mir zum Abschied ein schönes Wochenende wünschte. Ich hätte ihn verfluchen können.
Nun ja, es gab auch einen Vorteil – das Wetter. Kein strahlender Sonnenschein, dafür war die Wolkendecke noch zu dicht, aber hinter den grauen Schleiern zeichnete sich schon eine gewisse Helligkeit ab, die ich als gedämpften strahlenden Glanz ansah.
Meine Laune konnte er auch nicht heben.
Worum ging es?
Diese Frage hatte ich laut auf der Fahrt zum Ziel mehrmals gestellt und von Glenda nur immer wieder die Erklärung bekommen, die sie aus dem Telefonat mit Fiona Finley wusste.
Der Grund unseres Hierseins war ein totes Kind, das angeblich verschwunden war. Hinzu kam eine Entdeckung, der ich nicht traute. Auf einem Haus an den Klippen – es lag praktisch direkt hinter mir wollte diese Fiona Finley eine Erscheinung gesehen haben. Eine Frau mit rotem Gesicht und kalten, bleichen Augen.
Einbildung oder nicht? Ich wusste es nicht. Jedenfalls hatte sie kurz nach diesem Vorgang das tote Kind gesehen, das es dann nicht mehr gegeben haben sollte.
Fragen, Rätsel, vielleicht auch Einbildungen, wie ich gemeint hatte, was bei Glenda auf starken Widerspruch gestoßen war. Im Gegensatz zu mir kannte sie Fiona Finley. Zwar nur aus der Yardkantine, doch sie glaubte fest daran, die Kollegin einschätzen zu können.
»Sie ist keine Spinnerin oder hysterische Person, John!«
Diesen Satz hatte ich
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