0804 - Die Frau mit den Totenaugen
Stimme gesprochen. Er hatte es dabei geschafft, Fiona Finley zu überzeugen, oder zumindest deren Angst zurückzudrücken, und so folgte sie dem Mann.
Das Zimmer war relativ schwach beleuchtet. Sie sah Dinah Hurt in einem Sessel hocken und lächeln. Sogar das Strickzeug lag auf ihrem Schoß. Alles wirkte normal, direkt kleinbürgerlich und spießig.
Dennoch zitterten ihr die Knie und auch Dinah Hurts Frage klang in Fionas Ohren überhaupt nicht besorgt.
»Mein Gott, Kind, Sie zittern ja. Da ist es am besten, wenn Sie sich etwas ausruhen.«
Fiona nickte. Sie wurde sehr genau beobachtet, als sie in das Zimmer ging und wieder dort ihren Platz fand, wo sie schon einmal gesessen hatte. Vorsichtig ließ sie sich auf der Sesselkante nieder.
James Hurt kam lachend auf sie zu. In der Hand hielt er ein Glas, das mit Whisky sehr gut gefüllt war.
»Nehmen Sie dies, meine Liebe…«
»Nicht schon wieder.«
Er ließ nicht locker und strich über ihr Haar. Die Berührung elektrisierte Fiona. Allerdings nicht positiv, sondern genau anders herum. Sie schüttelte sich, und ihre Haut zog sich zusammen. Mit beiden Händen hielt sie das Glas fest und hatte dabei den Kopf so gedreht, dass sie in Hurts Augen schauen konnte.
Dieser Blick wollte ihr nicht gefallen. Er war einfach anders, zwar normal, aber in den Pupillen leuchtete eine Kraft, die ihr überhaupt nicht gefiel. Für sie waren die Hurts zu Schauspielern geworden, die auf einer Bühne standen und sie in das Stück miteinbezogen hatten, obwohl sie das Drehbuch nicht kannte.
Niemand sprach, als sie die ersten beiden Schlucke trank. Der Whisky lief wie Feuer ihre Kehle hinab, aber er beruhigte sie nicht.
Schnell stellte sie das Glas zur Seite und sagte mit tonloser Stimme.
»Mir ist etwas passiert.«
»Das haben wir uns gedacht.«
Fionas Kopf ruckte nach rechts. »Wieso?«
Mrs. Hurt lächelte sie an. »Sie haben so ausgesehen, meine Liebe. Sie sind eine ganz andere geworden…«
»Das kann man sagen.«
»Wollen Sie nicht berichten, was Ihnen passiert ist?« James Hurt fragte es mit sanfter Stimme. Er hatte mittlerweile in einem der freien Sessel seinen Platz gefunden.
Mit leerem Blick schaute Fiona gegen den Boden. »Ja«, sagte sie, »das will ich schon. Aber werden Sie mir glauben?« Sie schüttelte sich, weil ein Schauer über ihren Körper lief.
»Versuchen Sie es«, schlug Dinah Hurt vor.
Fiona redete noch nicht. Sie blickte sich um. Zuerst ihn, dann schaute sie die Frau an. Schließlich hob sie die Schultern und fing an zu sprechen. Ihre Stimme war leise, tonlos. Sie rang und suchte nach Worten, hatte es schwer, die richtigen zu finden. Das Ehepaar unterstützte sie durch Gesten oder durch ein aufmunterndes Lächeln, aber Fiona wusste, dass es irgendwie nicht echt war.
Die beiden hörten zu, ohne sie zu unterbrechen. Als Fiona ihren Bericht beendet hatte, nickten beide, gaben aber keinen Kommentar ab. Das regte die Frau auf. Sie ließ noch einige Sekunden verstreichen und hakte dann nach.
»Bitte, ich habe Ihnen alles erzählt. Was ist los? Wollen Sie mir nicht glauben?«
Mister Hurt lächelte, als er seine Hand hob und einen Finger auf die Lippen legte. »Moment noch«, sprach er, wobei seine Stimme ziemlich undeutlich klang.
»Wieso? Ich…«
»Ruhe!«, zischte Dinah.
Fiona sagte nichts mehr. Auch sie spürte die Spannung, die sich in dem Zimmer ausgebreitet hatte. Sie kam sich plötzlich vor wie in einer Falle. Ihre Augen hatten eine Starrheit angenommen, die einfach nicht zu übertreffen war. Sie krampfte wieder einmal ihre Hände um die Lehnen, und weil die anderen beiden schwiegen, redete sie auch nicht.
Es klopfte gegen die Tür.
Fiona hatte mit diesem Geräusch nicht gerechnet, wohl aber das Ehepaar Hurt.
Beide lächelten, und es war die Frau, die sprach, während die Tür bereits aufschwang. »Komm rein, Susy…«
***
Das ist nicht wahr! Das ist ein Albtraum! Man hat dich in eine verrückte Welt hineingezogen! Du bist hier völlig von der Rolle! Das kann es nicht geben…
Die Sätze schossen der Frau durch den Kopf, und sie hatte dabei das Gefühl, in einen tiefen Schacht zu fallen, aus dem es kein Entkommen mehr gab.
Sie hatte Hurts Aufforderung genau verstanden und hoffte dennoch, sich geirrt zu haben. Das musste einfach ein Irrtum sein!
Aber die Tür schwang auf.
Und dann stand sie im Zimmer. Sie trug die gleiche Kleidung, und an der Jacke klebte noch der Sand. Nur war sie schrecklich blass, denn die Haut wirkte so, als wäre sie
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