0804 - Die Frau mit den Totenaugen
blieb normal. Das Haus lag starr auf dem Dünenkamm, Wind und Wetter ausgesetzt.
Das Rätsel blieb. Ich dachte darüber nach, wer mir wohl Auskunft geben könnte.
Unter mir am Strand hielten sich noch immer die drei Männer auf und beschäftigten sich mit den Strandkörben. Einer von ihnen, schon etwas älter, schaute zu mir hoch, als wollte er mich warnen, auch nur einen Schritt in die verkehrte Richtung zu gehen. Ich nahm den Weg nach unten.
Auf den hölzernen Stufen lauschte ich dem dumpfen Echo meiner Schritte, in die sich das Knirschen der Sandkörner mischte.
Es war zwar nicht sicher, doch ich ging davon aus, dass mir die Einheimischen unten am Strand mehr über das Haus sagen konnten.
Da ich zügig voranschritt und auch die Richtung nicht änderte, war ich von ihnen längst bemerkt worden. Und sie wussten auch, dass ich mit ihnen reden wollte.
Der Ältere drehte sich um und sprach mit den beiden anderen Männern, die Jeans und Pullover zu den dicken Turnschuhen trugen. Sie drehten einen Korb herum und blieben hinter dem älteren Mann mit dem grauen Bart und der flachen Mütze auf dem Kopf stehen wie zwei Leibwächter. Einen freundlichen Empfang würden sie mir bestimmt nicht bereiten, das entnahm ich ihrer Haltung.
Mit einem großen Schritt brachte ich die letzte Stufe hinter mich, der Fuß versank im weichen Sand, dann schleifte er durch das sperrige Dünengras.
Es gab keinen Pfad, der mich zu den Männern brachte, ich ging durch den Sand und sah, wie der Ältere seine Fäuste in die Hüften stemmte. Auch diese Haltung war mir gegenüber nicht eben freundlich eingestellt. Ich allerdings blieb freundlich, stoppte vor den drei Männern und nickte ihnen zu, bevor ich ihnen einen »Guten Tag« wünschte.
Ich erhielt keine Antwort. Selbst der Alte sprach nicht. Er beobachtete mich aus leicht verengten Augen. Ebenso wie seine Helfer, die Eisenstangen in den Händen hielten. Sie waren vorn gekrümmt und bildeten dabei zwei starre Finger, mit denen Sand und Dreck aus dem Geflecht des Strandkorbs gekratzt werden konnte.
»Mein Name ist John Sinclair«, sagte ich, um das lastende Schweigen zwischen uns endlich zu beenden.
Diesmal kriegte ich eine Antwort. Der Bartträger gab sie mir, und sie überraschte mich. »Hau ab«, sagte er nur. »Wir hassen Schnüffler…«
***
John Sinclair hatte Glenda seinen Rover überlassen, und mit ihm rollte sie langsam durch den Ort. Sie wusste, bei welcher Familie sich ihre Kollegin einquartiert hatte, aber sie kannte die genaue Adresse nicht, deshalb hatte sie fragen müssen. Die freundliche Frau hatte sie bis an das Ende geschickt, wo nur wenige Häuser standen und Harrings-on-Sea praktisch aufhörte.
Neue Häuser waren hier gebaut worden und hatten sich der Gegend angepasst. Einige schimmerten in einem kalkigen Weiß, andere zeigten einen roten Klinker. Die Vorgärten wirkten alle sehr gepflegt, die ersten Blumen hatten sich zu voller Blüte entfalten können. Der Geruch des Frühlings durchwehte die kleine Siedlung, wo es nicht nur gepflegte Wege gab, sondern auch genügend Parkflächen für die Besucher.
Das Haus der Hurts gehörte wirklich zu den letzten im Ort. Glenda suchte nach dem Wagen ihrer Kollegin, sie fand den kleinen Flitzer allerdings nicht. Dafür sah sie einen älteren Mann im Vorgarten, der mit einer kleinen Hacke die Erde aufwühlte, um neue Blumen zu pflanzen.
Glenda ließ den Rover ausrollen und blieb für einen Moment hinter dem Steuer sitzen, als das Geräusch des Motors verstummt war.
Sie strich über ihre Stirn und stellte fest, dass sie leicht schwitzte.
Den Grund konnte sie sich nicht so recht erklären, es mochte daran liegen, dass sie ein ungutes Gefühl überkommen hatte. Das aber lag seit dem Anruf der Fiona Finley in ihrem Magen.
Wenn sie in den Rückspiegel schaute, konnte sie den Eingangsbereich des Hauses überblicken und auch einen Teil des Vorgartens, wo der Mann arbeitete.
Sie sah nur den gebeugten Rücken, der Mann selbst hatte keine Notiz von ihr genommen.
Das passte ihr nicht. Es war so wenig menschlich, denn jeder war irgendwo neugierig. Er wollte sehen, was geschah, welcher Besucher da kam, nur dieser Mann ließ sich in seiner Arbeit nicht stören.
Er pflanzte mit einer Sorgfalt die bunten Blumen ein, die schon an Pedanterie erinnerte.
Glenda öffnete die Tür und stieg aus. Die etwas kühlere Luft tat ihr gut und streichelte ihr Gesicht. Bis zu dem Haus brauchte sie nur wenige Schritte zu gehen.
Genau dort, wo der
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