0805 - Krallenhand
stammen können.«
»Richtig.«
Glenda schaute hinauf aufs Meer. Da wir erhöht standen, bot sich uns ein wunderbarer Blick und eine Landschaft aus unterschiedlichen Grautönen, die ihren Reiz nicht verbergen konnte.
Die See floss, wogte, und der Strand schimmerte heller, als wollte er noch einmal den letzten Glanz des Tages abgeben. Aber auch dort hatte sich das Licht nicht mehr halten können. Die Schatten überwogen. Die Dämmerung kroch mit ihrem dunklen Schein über den Himmel hinweg und würde sehr bald auch die letzten hellen Flecken vernichtet haben.
»Dabei hätte alles so schön sein können«, sagte Glenda. »Romantik pur. Jetzt kann ich es dir ja sagen, ich habe darauf gehofft, dass sich Fiona irrte. Dann hätten wir uns ein paar schöne Tage machen können. Mal nichts von London und vom Yard hören. Stattdessen ist alles ganz anders gekommen. Schade, verdammt.«
»Lass das Träumen, Glenda.«
»Warum sollte ich?«
»Weil wir uns auf die Gegenwart und die Realität konzentrieren sollten. So romantisch du hier alles empfindest, du darfst nicht vergessen, weshalb wir hier sind und was möglicherweise noch alles vor uns liegt. Deshalb müssen wir nachschauen.«
»Willst du sie locken?«
»Ja.«
»Mit mir zusammen?«
Ich wusste, dass Glenda die Frage nicht grundlos gestellt hatte.
Sie kannte mich gut, und sie kannte auch meine Besorgnis. Gern behielt ich sie nicht an meiner Seite, nur war es noch immer besser, als sich von ihr zu trennen. Allein war sie schutzlos, eine Waffe trug sie nicht. Es war auch fraglich, ob eine Beretta überhaupt etwas gegen diese verfluchte Brut half.
Sie kniff mich in die Seite. »Ich weiß, was du denkst. Es ist richtig, John.«
»Meinst du?«
»Klar. Ich bin lange genug in deiner Nähe und auch bei der Polizei, um das nachvollziehen zu können. Ich denke, wir sollten uns auf den Weg machen.«
»Das hört sich an, als hättest du einen Vorschlag.«
»Den habe ich auch. Beide halten sich gern in der Nähe des Hauses hinter uns auf. Da bleibt doch einfach nur der Strand. Oder glaubst du, dass sie in den Ort gegangen sind?«
»Ich bin mir nicht sicher.«
»Warum die Skepsis?«
Ich rührte mit der Fußspitze im Sand. »Das ist ganz einfach. Ihnen ist ja ein Opfer entgangen. Ich kann mir vorstellen, dass sie die grausige Tat nachholen werden.«
»Meinst du?«
»Kann sein.«
»Nein, John, die sind auf uns fixiert. Wenn sie wieder menschlich werden wollen, werden sie auch Gefühle kriegen. Zumindest die negativen wie Hass und Rache.«
»Genau, Glenda, du hast Recht. Bei genauerem Überlegen denke ich ebenso. Zuvor möchte ich noch nach meinen beiden jungen Freunden schauen, die ich schlafen gelegt habe.«
»Wo sind sie denn?«
»Komm mit, es sind nur ein paar Schritte.« Ich ergriff ihre Hand und führte sie dorthin, wo ich mit den beiden Durbans gekämpft hatte. Wir fanden sie auf dem Boden liegend. Zwei reglose Schattengestalten.
Ich zögerte, was auch Glenda bemerkte. Eine Frage stellte sie nicht. Ich drückte sie etwas zurück und holte meine Leuchte hervor.
Erst da sprach sie mich an. »Was hast du denn?«
»Es kann eine Täuschung sein, muss es aber nicht. Als ich sie verließ, um durch das Fenster zu schauen, haben sie noch in einer anderen Position gelegen.«
»Wirklich?«
Ich ließ Glenda stehen, ging noch einige kleine Schritte näher an die Ziele heran und leuchtete.
Sie schliefen!
Allerdings für immer.
Denn die beiden Durbans waren tot!
***
Ich hätte damit rechnen müssen, doch ich war zu sehr mit unseren Problemen beschäftigt gewesen, als an sie zu denken. Dass etwas nicht stimmte, bemerkte Glenda am Zittern des Lichtstrahls.
»Was hast du denn, John?«
Ich schwieg. Mir war auf einmal so kalt, als hätte man vereistes Blech in meinen Körper geschoben. Ich hörte hinter mir die Schritte.
Glendas Schatten erschien neben mir, bewegte sich nicht weg, und ich hörte den leisen Wehlaut des Erschreckens. »Daran habe ich nicht gedacht«, flüsterte ich.
Glenda nickte. »Und der Vater?«, hauchte sie.
»Den habe ich hinter dem Haus erwischt.«
»Dann wird er auch…«
Ich hob die Schultern und sackte in die Knie. Die Lampe ließ ich dabei eingeschaltet. Der helle Strahl glich einer Lanze, die ihr Ziel in den Gesichtern der beiden relativ jungen Männer fand. Sie zeigten sich verändert. Es fiel mir schwer, den Ausdruck zu beschreiben. Er war einfach scheußlich, er war furchtbar, er war so alt.
Ja, diese beiden jungen Männer waren im
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