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0809 - Mensch aus dem Nichts

Titel: 0809 - Mensch aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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anzunehmen. Sie waren nicht nur Gefangene in einem Körper, sondern auch Gefangene oder Eingeschlossene in dieser Relaisstation.
    Er las weiter.
    Der Text beschäftigte sich mit den politischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit den Blues und kam zu dem bedauerlichen Schluß, daß auch die Blues von den Laren und den Überschweren versklavt wurden.
    Die Bankrotterklärung des Solaren Imperiums lag vor, als Aslinnen die letzten Zeilen las und dann die Folie zusammenfaltete und in den Konverter fallen ließ.
    „Tragisch", sagte er versonnen und bedauerte selbst, daß er keinerlei Emotionen spürte, die über die Intensität beim Lesen eines romanhaften Textes hinausgingen. „Und nicht im geringsten erhellend."
    Er zuckte die Schultern.
    Aslinnen und die anderen sechs Persönlichkeiten befanden sich in einer Art brodelnden Vakuums.
    Jeder von ihnen war absolut perfekt und ohne die geringste Gedankenarbeit in der Lage, sich sämtlicher Einrichtungen zu bedienen, die zum Leben eines Terraners in einer weitest-gehend problemfreien technischen Umgebung gehörten.
    Dies konnten sie, dies hatten sie irgendwann als Kinder und Heranwachsende nahezu automatisch gelernt. Jeder von ihnen verfügte über einen funktionierenden Verstand. Alle sieben.
    Keiner war irrsinnig, schizophren oder paranoisch. Der Körper, in dem sie eingekerkert waren, schien dem Leistungsstandard von einem gesunden, trainierten Dreißigjährigen zu entsprechen.
    Dann aber begann alles problematisch zu werden.
    Keiner der sieben wußte, wie er in den Körper kam.
    Gehörte der Körper, den sie sich teilten, einem von ihnen - waren sechs der Persönlichkeiten demnach Gäste oder Gefangene?
    Wann endeten ihre Erinnerungen?
    Wer hatte sie in dieser einzigartigen Weise manipuliert und versklavt?
    Warum hatte keiner von ihnen so etwas wie eigene Erinnerungen? Warum war jener Faktor, den sie als Gedächtnis klar kannten, bei ihnen leer und sauber wie ein unbeschriebenes Stück Folie?
    Warum waren sie hier? Wie lange sollten sie hier bleiben? Warum das alles? Gab es einen Sinn hinter diesem System von verrückten oder mysteriösen Einzelheiten?
    Aslinnen sprach aus, was die sechs anderen, passiv zuhörenden Persönlichkeiten dachten: „Völlige Desorientierung! Keiner hat auch nur die geringste Ahnung. Wir wissen absolut nichts. Was wir in den nächsten Tagen betreiben können, ist reine Überlebenstechnik. Vielleicht erklärt uns derjenige, der dies alles zu verantworten hat, was geschehen soll. Vielleicht auch nicht. Wir sind hilflos."
    Aslinnen ließ den gemeinsamen Körper aussprechen, was alle sieben dachten. Ihre Existenz war der Gipfel der Sinnlosigkeit.
    Auf eine Weise, deren Definition ihre Vorstellungskräfte um mehrere Potenzen überstieg, schienen sie eine Versuchsanordnung zu sein. Ein Modell, nichts anderes. Ein multipler Terraner.
    Ein Mehrfachmensch.Vier der sieben Persönlichkeiten hätten an diesem Punkt der Überlegungen, in dieser an sich undramatischen, aber unzweifelhaft stattfindenden Sekunde der Ultimaten Wahrheit Selbstmord begangen.
    Sie versuchten es nicht, weil deutlich wurde, daß drei der stärkeren Persönlichkeiten dies mit Nachdruck verhindern würden.
    Die Unsicherheit aber marterte alle sieben.
    Drei von ihnen, PHEUCH, FASSA und DELGUDICE, zogen es vor, sich einzukapseln.
    Sie schliefen und würden erst zu gegebener Zeit wieder erwachen. Aber dieser Zeitpunkt lag in weiter Ferne, fand er schon morgen Oder... statt?
    KELASSNY: Wir sieben sind einer, sind eins. Wenn wir überleben, dann nur deswegen, weil wir uns gegenseitig nicht behindern. In dieser Form müssen wir eine unbestimmte Zeitspanne lang existieren.
    Einen Tag, einen Monat oder zwanzig Jahre.
    Der Körper ernährt uns und ermöglicht uns das Weiterexistieren. Wir müssen uns abfinden, bis sich die Situation ändert.
    In einer plötzlichen Intension des Mutes oder gar der Tollkühnheit übernahm der Choreograph Tamoe Pheuch den Kehlkopf und die Stimmbänder. Er ließ sie laut fragen: „Und was bleibt uns übrig? Was können wir tun?"
    Die Stimme, in der Angst, Existenznot und völlige Ratlosigkeit klar zutage traten, war schrill und ängstlich wie die eines Kindes.
    Hubert Kelassny löste Pheuch ab und sagte laut und beruhigend: „Wir müssen warten. Überstürzte Aktionen sind häufig der Grund für tödliche Gefahren."
    Auch Kelassny zog sich zurück und überließ die Handlungsfreiheit wieder dem Positronikspezialisten.
    Pynther Aslinnen

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