081 - Hexentanz
Bett davon, sondern mitten hindurch, als gäbe es keine Materie.
Ich schüttelte benommen den Kopf.
Dieses Rätsel brachte mich um den Verstand. Ich verstand nichts mehr.
Die Schöne trieb ein grausames Spiel mit mir. Lockend umtanzte mich die Orientalin. Sie warb um mich wie eine Haremsdame, nur, um mich ins Leere laufen oder vielmehr kriechen zu lassen.
Die gespenstische Dame hatte nichts Furchterregendes. Unvorstellbar, daß sie seit Generationen die männlichen Clouets holte.
Wie kam sie eigentlich auf mich?
Ich konnte den Gedanken nicht mehr zu Ende denken. Er riß plötzlich ab. Denn ich stürzte ins Bodenlose. Ein furchtbarer Schmerz durchzuckte meinen Rücken. Ich mußte mit ziemlicher Geschwindigkeit aufgeprallt sein.
Mein flackerndes Bewußtsein hielt ein letztes Bild fest.
Über mir, in dem Loch, das ich so mühevoll geschaffen hatte, um fliehen zu können, tanzte Fatima für mich. Ihr schlanker Leib drehte und wand sich. Musik ertönte. Fremde, merkwürdig tragende Töne erfüllten die Nacht. Der Körper der Orientalin zuckte und wand sich wie in Ekstase. Ihre Finger unterstützten die Sprache des Leibes mit geschmeidigen Bewegungen. Dann verblaßte das Bild.
Ich fiel in einen Schacht. Diesmal gab es keine harte Landung. Ich verlor einfach das Bewußtsein. Ich konnte mich nicht mehr rühren. Ich lag wie unter einer Käseglocke. Meine Zunge lag dick und geschwollen im Schlund. War ich vergiftet worden?
Nichts ging mehr.
Ich war gescheitert. Soviel begriff ich, ehe es Nacht wurde um mich her. Ehe ich in einer Bewußtlosigkeit versank, von der ich nicht wußte, ob sie jemals enden würde.
***
Als ich erwachte, mußte ich mich mühsam orientieren. Erst allmählich besann ich mich auf die Ereignisse, die mich in diese verzweifelte Lage gebracht hatten.
Ich ruhte auf dem Rücken, wie aufgebahrt.
Mein Blick war starr zur Decke gerichtet. Ich versuchte, die Pupillen zu bewegen. Ich wußte, daß ich nicht gefesselt war. Und doch konnte ich keinen Finger rühren. Selbst die Augen gehorchten nicht mehr meinem Willen. Unbeweglich, steif wie ein Brett, harrte ich aus.
›Warum war die Decke schwarz gestrichen?‹ Ich erriet, daß ich mich im schwarzen Salon befand, an jenem Ort, an dem die meisten aus dem Geschlecht der Clouets an ihrem dreißigsten Geburtstag ums Leben gekommen waren.
Ich war also zum Köder geworden für das Mordgespenst.
Ich konnte riechen, schmecken, fühlen und hören, auch beschränkt sehen, nämlich stur in eine Richtung, ohne jede Drehung der Augen. Die saßen wie Glaskugeln in meinem Kopf.
Man mußte mir ein unbekanntes Gift gegeben haben, daß eine Art Totenstarre auslöste. Ich versuchte, zu sprechen. Aber kein Laut drang aus meinem Mund. Ich konnte auch die Zunge nicht bewegen. Steif und kalt lag sie in der Mundhöhle, völlig nutzlos.
Jemand betrat den Raum.
Ich hörte ihn, konnte aber den Kopf nicht wenden, um ihn anzusehen.
»Es hat also gewirkt«, stellte eine rauhe und kehlige Stimme fest.
»Es war die beste Lösung. Er wollte Schwierigkeiten machen und abhauen«, erwiderte eine weibliche Stimme, die ich kannte. Das mußte Madame Clouet sein. Offenbar besaß sie Verbündete, die mir unbekannt waren und sich bislang im Hintergrund gehalten hatten.
Ein Mann beugte sich über mich, ein Nordafrikaner. Dunkle Augen voller Feuer loderten in einem hageren Gesicht. Der Unbekannte trug einen Burnus, ein weites, helles Gewand mit Kapuze, die aber jetzt zurückgeschlagen war. Vermutlich handelte es sich um einen Harki, einen jener Männer die im Krieg auf französischer Seite gekämpft hatten. Nach Ende des Algerienfeldzuges mußten sie aus der Heimat fliehen, weil die Sieger, ihre Landsleute, sie massakrieren wollten.
»Ich hätte nicht gewußt, wie ich den Mann bändigen sollte, ohne dein Mittel, Abd el Mod«, versicherte Claire Clouet unterwürfig. Offenbar stand sie in Abhängigkeit von diesem Moslem, der über allerlei Tricks und Fähigkeiten verfügte, die weit über das hinausgingen, was Degenschlucker, Schlangenbändiger und Wahrsager zu bieten hatten.
Der Blick seiner Augen war zwingend. Man geriet förmlich in einen Sog, der jede Eigenregung lähmte und einen dem Willen des Fremden hilflos auslieferte. Ich spürte das trotz des Giftes, das durch meine Adern zog und mich zum Dasein eines Scheintoten verurteilte. Nur die Atmung funktionierte, wenngleich der Sauerstoffbedarf heruntergesetzt war. Mein gesamter Körper brannte praktisch auf Sparflamme.
»Er wird
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