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081 - Hexentanz

081 - Hexentanz

Titel: 081 - Hexentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank deLorca
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Tropenkrankheit?« wiederholte Blanche Morgan und strich mir sanft über die Stirn. »Ist das nicht ansteckend?«
    »Nein. Der Virus wird nur durch Trinkwasser übertragen, meint der Arzt. Nicht durch direkte Berührung. Sonst müßten wir alle bereits Symptome zeigen. Besonders Victor Babeuf, der den Herrn hierher getragen hat. Auf seinen Armen. Der Engländer war völlig hilflos. Er kann nicht einmal sprechen. Aber ich glaube, Schmerzen hat er nicht. Er ist nur gelähmt und kann sich nicht rühren. Wenn er Schmerzen hätte, würde man es an den Augen ablesen können. Und selbst die Temperatur ist ganz normal. Ich messe stündlich.«
    »Bekommt er zu trinken oder zu essen?«
    »Um Himmels willen! Nein!« wehrte die alte Hexe ab. »Er müßte ersticken. Er kann nicht einmal schlucken. Ich habe so etwas noch nicht erlebt. Und Armand hatte so ziemlich alle Kinderkrankheiten, die es gibt.«
    Die Wirtin gab sich sehr besorgt. Sie spielte wunderbar. Jeder mußte annehmen, daß ich in besten Händen sei.
    »Ich glaube, es strengt ihn sehr an, uns vor sich zu sehen, ohne mit uns sprechen zu können«, murmelte die Alte. »Wir wollen ihn schonen. Er ist sicher lieber allein.«
    »Wenn er mir nur ein Zeichen geben könnte«, seufzte das Mädchen. »Ich könnte Fragen auf ein Blatt Papier schreiben, ihn lesen lassen und er könnte entweder den Kopf schütteln oder nicken. Aber so wie er daliegt, ist keine Verständigung möglich.«
    »Warum machen Sie sich solche Sorgen um ihn?« erkundigte sich Claire Clouet lauernd.
    »Ich mag ihn. Das ist alles. Wir wollten gemeinsam etwas herausbekommen. Ich mußte abbrechen, weil mein Vater mir auf die Schliche kam. Da hat er alleine weitergemacht. Er ist kein Feigling.«
    Ich bemühte mich, mit den Augen zu ›sprechen‹. Ich bettelte förmlich um Hilfe. Aber es gelang mir nicht recht. Oder Blanche Morgan besaß keine Antenne für derlei Signale. Sie bemitleidete mich mehr, als daß sie meine Augen beachtete.
    »Eigentlich sieht er nicht krank aus«, meinte das Mädchen.
    »Äußerlich ist nichts festzustellen«, bestätigte Claire Clouet und nahm das Mädchen am Arm, als sei sie eine Mitverschwörerin.
    »Wir sollten jetzt wirklich gehen«, drängte die alte Hexe.
    Ich hätte mich gerne aufgebäumt, gegen diese Einzelhaft protestiert. Aber ich konnte es nicht. Ich fürchtete mich vor der Einsamkeit dieses Lagers. Meine letzte Hoffnung zerbrach. Wenn sich auch Blanche Morgan einlullen ließ, war ich morgen schon tot. Die Leute konnten es sich nicht leisten, mich am Leben zu lassen. Nach allem, was sie mit mir angestellt hatten. Selbst, wenn Fatima das Opfer nicht annahm, sondern sich mit sicherem Instinkt Armand Clouet holte, war ich verloren. Dieses Gesindel schreckte vor nichts mehr zurück. Sie hatten auf jeden Fall Vorbereitungen getroffen und nichts dem Zufall überlassen. Victor Babeuf hatte bereits die Grube ausgehoben, in der ich auf ewig verschwinden sollte. Ich war verloren. Ich fror plötzlich. Der letzte Hoffnungsstrahl erlosch, wenn dieses Mädchen den Raum verließ.
    Claire Clouet beugte sich über mich. Sie stand so, daß Blanche Morgan ihr Gesicht nicht sehen konnte.
    Sie grinste wie eine Hexe. Ihr eingefallener Mund lächelte grausam. Ihre Augen triumphierten. Sie war bereit, jedes Risiko einzugehen, um ihren Sohn zu retten. Sie streute jedem geschickt Sand in die Augen. Sie hatte nicht nur mich hereingelegt mit ihrem katzenfreundlichen Gebaren. Jetzt wickelte sie das Mädchen ein. Blanche war meine letzte Stütze gewesen. Sie ging – und ich blieb, zum Tode verurteilt, hilflos. Ich wußte alles und konnte nichts unternehmen.
    »Er weint. Sehen Sie nur. Er weint!« sagte Blanche Morgan erschüttert.
    »Das bedeutet nichts«, versicherte die alte Dame.
    »Warum legen Sie ihn nicht in ein bequemes Bett? Er sieht aus, als wäre er aufgebahrt«, schauderte das Mädchen. »Vielleicht können wir ihn schon morgen wegschaffen«, sagte Madame Clouet. »Ich werde noch einmal mit Brüssel sprechen. Im Tropeninstitut verstehen die Experten mehr von diesen rätselhaften Krankheiten.«
    Die Schritte der Frauen entfernten sich.
    Stille umgab mich wie eine Mauer, die über mir zusammenstürzte, mich begrub. Ich war erledigt.
    ***
    Ich fühlte mich wie ein Eisblock in der Nähe des Feuers. Die Wirkung der Droge ließ nach, Minute für Minute. Zuerst konnte ich die Augen bewegen und die Finger. Ich trainierte fleißig. Schließlich gelang es mir, den Kopf in Richtung Tür zu drehen,

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