081 - Lady Frankenstein
allen Umständen, daß ich
ins Krankenhaus gebracht werde!“ Davor hatte er schon immer eine panische Angst
gehabt. „Regeln Sie die Angelegenheit, wenn die Polizei kommt. Ich fahre so
schnell wie möglich ins nächste Krankenhaus!“ Bastian Ramos bettete
den reglosen Körper auf seine Arme, hob ihn hoch, als wäre das nichts, obwohl Mojales kein Leichtgewicht war.
Die
Menschentraube, die immer dichter wurde, wich zurück.
Bastian
handelte wie ein Roboter. Es machte ihm nichts aus, daß er seine Kleidung mit
Blut besudelte und auch die Rücksitze der Luxuslimousine beschmutzt wurden.
Señor Jemirez rannte Bastian Ramos nach. „Wissen Sie eigentlich, wo es zum Krankenhaus geht? Sie
fahren drei Straßen weiter, dann biegen Sie links ab. Am Plaza del Mercado ...“
„Ich weiß
Bescheid. Ich kenne mich in Barcelona aus, Señor!“ unterbrach Ramos ihn. '
Jemirez atmete
schwer, griff nach dem obersten Knopf seinés Hemdes und
sagte aufgeregt: „Lebt er noch? Haben Sie ihm den Puls gefühlt?“
Ramos gab
darauf keine Antwort. Auch' dies war eine Anweisung seines Herrn. Es gab für
ihn, Ramos, überhaupt nur eine Pflicht zu erfüllen: gleich in welchem Zustand
sich Alfredo Mojales auch befand,
ob tot. oder lebendig, er wollte auf die Hazienda zurückgebracht werden!
Bastian Ramos fand
an diesem Abend nicht den Weg zum nächsten Krankenhaus. Der Chauffeur des
Luxuswagens fuhr Richtung Peripherie und jagte mit höchster Geschwindigkeit den
Pyrenäen entgegen.
Er war bis
kurz vor Mitternacht unterwegs und hielt auf dem Weg zur Hazienda nicht ein
einziges Mal.
Doña Carmen
wurde von dem schrecklichen Vorfall unterrichtet.
Sie zeigte
sich bestürzt, behielt aber ihren klaren Kopf. Zum ersten Mal lernte Bastian Ramos seine
Herrin von einer Seite kennen, die er ihr menschlich nie zugetraut hätte: sie
zeigte sich eiskalt und ohne jegliche Gefühlsregung.
Sie
verlangte, daß die Scheinwerfer des Wagens ausgeschaltet wurden, damit niemand
Zeuge der nächtlichen Szene wurde.
Wie ein Kind
trug Bastian Ramos den eigenartig verkrümmten Körper, der aussah, als wäre er durch
die Mangel gedreht worden, ins Haus.
Er stellte
keine Fragen, obwohl er alles nicht verstand.
Doña Carmen
ging Ramos voran, schloß die Türen auf und bewegte sich leise wie eine Katze
auf Samtpfoten, was bei dem dicken Teppichboden, der im ganzen Haus lag, kein
Problem war.
Sie gingen in
den Bereich, wo Carmen Mojales lebte. Wortlos zeigte
die Spanierin auf einen dunklen Holzstuhl an der Wand.
»Legen Sie Don Alfredo quer darüber! Achten Sie darauf, daß der Kopf nicht nach unten
hängt! Lehnen Sie ihn gegen die Wand!“ Sie sagte es ruhig und ohne die
geringste Aufregung.
Bastian Ramos wurde
es langsam unheimlich. Was hatte diese Frau für Nerven. Das war nicht mehr
normal, hier ging etwas nicht mit rechten Dingen zu.
Warum
benachrichtigte sie keinen Arzt?
Schon jetzt
konnte es doch viel zu spät sein.
„Sie haben
sich prächtig gehalten, Bastian“, lobte Doña Carmen den
Chauffeur und Begleiter ihres Mannes.
Im Zimmer
brannte ein kleines, gedämpftes Licht, das so schwach war, daß die Gesichter
der beiden Menschen im Schatten lagen.
Carmen Mojales näherte sich dem muskulösen Spanier. Ihre zarten,
schmalen Hände spielten an seinen Rockaufschlägen und Bastian atmete den
verführerischen Duft ein, der ihrem Körper entströmte.
„Ich weiß,
was jetzt in Ihnen vorgeht, Bastian“, wisperte die zärtliche Frau. Ihre
schimmernden Lippen näherten sich seinem Mund. Ihr Körper drängte sich an ihn.
Er spürte jede Bewegung unter dem dünnen, enganliegenden Stoff ihres Kleides.
„Sie denken an meinen Mann, nicht wahr? Vielleicht ist es gar nicht so wichtig,
an ihn zu denken, hm? Er ist tot! Das wissen Sie so gut wie ich. Er wollte
sterben! Vielleicht wollte ich das auch.“
Bastian Ramos verstand
überhaupt nichts mehr. Es wurden hier Dinge geredet, die ihn überforderten.
Er erwiderte
den Blick der schönen Frau.
Es gelang ihm
nicht mehr, die Augen abzuwenden. Wie gebannt hielt Doña Carmen
ihn fest.
Ihre Stimme
klang plötzlich nicht mehr zärtlich. „Sie hören mir genau zu, Bastian.“ Doña Carmen
löste ihre Hände von seinen Rockaufschlägen, wischte mit einer Hand vor seine
Augen, ohne daß er zusammenzuckte oder sonst irgendwie reagierte. „Alles, was
Sie heute in Barcelona erlebt haben, wird Sie nur noch am Rande beschäftigen.
Was Sie jetzt erleben, werden Sie wie in Trance erleben - und vergessen! Sie
werden
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