081 - Lady Frankenstein
auf sein gepflegtes Äußere . Wenn
man ihn so sah, verfiel man unwillkürlich auf den Gedanken, Mojales müsse wegen seiner Gestik und der Art seiner Haltung irgend etwas mit der
Tanzkunst zu tun zu haben.
Das stimmte
allerdings nur bedingt. Mojales liebte den Flamenco
über alles, tanzte allerdings selbst nur selten und spärlich.
Es war schon
eine Art Tradition, daß Mojales , hielt er sich in
Barcelona auf, den Abend mit einem Besuch im „Casa Franca“ abschloß. Das Lokal
war eine Flamenco-Bar, die von einer jungen, attraktiven Spanierin geleitet
wurde. Als Geschenk für die Gäste, wie Franca sich ausdrückte, tanzte sie
abends insgesamt dreimal selbst einen Flamenco, der sich sehen lassen konnte.
Aber nicht nur sie allein war es, die sich um die Gäste kümmerte.
Im „Casa
Franca“ verkehrten fast ausschließlich Herren. Und was sich hinter
verschlossenen Türen nach dem Flamenco angeblich abspielte, davon sprach man
nur hinter der vorgehaltener Hand.
Die Ampel
sprang auf Grün.
Mojales betrat als
erster die Straße, um sie zu überqueren. Im gleichen Augenblick startete der
dunkelgrüne Peugeot.
Der Wagen
machte einen Satz nach vorn. Obwohl er vor der rotleuchtenden Ampel hätte
halten müssen, fuhr der Fahrer weiter.
Mojales , der die
tödliche Gefahr erkannte, war eine Sekunde wie gelähmt. Er brachte nicht mehr
die Geistesgegenwart auf, zurückzuspringen. Der Wagen erfaßte ihn und wirbelte
ihn durch die Luft. Ein Schrei, ein Schlag. Dumpf krachte der Körper Alfredo Mójales’ gegen den Randstein. Der unbeleuchtete Wagen raste davon.
Erschreckt
warfen sich die beiden Geschäftsfreunde des reichen Haziendero zurück und fürchteten, von dem Todesfahrer ebenfalls noch überrollt zu werden.
Das Ganze
spielte sich ab, während Passanten und Gäste des „Casa Franca“ vorbeikamen.
Zurufe
erfüllten die Luft.
„Polizei,
schnell!“
„Einen Arzt!
Ruft im Casa Franca an!“
Stimmen
wirbelten durcheinander. Von einigen waren nur Wortfetzen zu verstehen. Am
Laternenpfahl brach eine Frau ohnmächtig zusammen, die den blutenden, reglosen
Körper dicht an sich vorbei durch die Luft hatte fliegen sehen.
Zahllose
Menschen waren Zeuge des furchtbaren Unfalls geworden, aber niemand hatte sich
in der schnellen Folge der Ereignisse die Nummer des grünen Peugeot gemerkt.
Der Fahrer,
der so plötzlich durchgestartet war, mußte entweder betrunken oder wahnsinnig
gewesen sein.
Einer von Mojales ’ Geschäftsfreunden eilte auf den zerschundenen
Körper zu, der andere rannte ins „Casa Franca“.
Señor Jemirez beugte sich über Alfredo Mojales . Die
Arme und Beine lagen in einer seltsamen Stellung zum Körper, und der
Geschäftsfreund wagte nicht, Mojales auf die Seite zu
drehen.
Ein junger
Mann tauchte wie aus dem Boden gewachsen neben dem Schwerverletzten auf.
Es war
Bastian Ramos, der ständige Begleiter von Don Alfredo.
Bastian war
Chauffeur, Gesprächspartner, Sekretär und Mädchen für alles. Wie ein Schatten
hielt er sich stets in der Nähe seines Herrn.
„Ich werde
ihn auf dem schnellsten Weg ins Krankenhaus bringen“, sagte Bastian.
Er war ein
starker, muskulöser Bursche, der mit seinen Muskeln umzugehen verstand. Man sah
ihm an, daß er viel Sport trieb, elastisch und wendig war.
„Aber das
geht nicht“, stieß Señor Jemirez hervor.
Schweiß perlte auf seiner Stirn, und die Gesichtshaut war grau und teigig. Man
sah ihm die Aufregung an, die ihm der Vorfall verursacht hatte. „Eine falsche
Bewegung - das kann ihn das Leben kosten.“
„Bis ein
Ambulanzwagen hier ist, vergeht noch mehr Zeit“, entgegnete Bastian. Man hörte
seiner Stimme die Erregung an, unter der er stand. „Bis dahinkann er verblutet
sein!“
Bastian Ramos handelte,
als würde er ein Übungsprogramm absolvieren. Er war auf solchen Fall
vorbereitet. Seit Monaten, seit genau drei Jahren schon, als Don Alfredo
begonnen hatte, seinen weitverzweigten Geschäften auch außerhalb der Hazienda
nachzugehen, hatte Mojales ihn gewissermaßen als eine
Art Leibdiener eingestellt.
„Ich muß dich
immer in meiner Nähe haben, Bastian“, hatte Alfredo Mojales ihm eingeschärft. „Du mußt mich hüten wie deinen Augapfel. Mit dem Wagen
solltest du nie mehr als zwei oder dreihundert Meter von dem Ort entfernt
parken, an dem ich mich gerade aufhalte. Und Bastian: Sollte ich mal einen
Unfall erleiden, denk immer an eins: Sorge dafür, daß weder die Polizei noch
ein Arzt mich in die Hände bekommen! Verhindere unter
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