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0811 - Dämonensplitter

0811 - Dämonensplitter

Titel: 0811 - Dämonensplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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berichtete.
    »Erst nachdem zwei Frauen spurlos verschwanden, wurden wir alle stutzig. Ein paar Männer baten um ein Gespräch mit dem Maitre. Sie kamen nie zurück. Die Polizei stellte lächerliche Ermittlungen an, doch für die sind wir hier ja eh nur die Trottel aus den Bergen. In den Städten kümmert man sich auf Korsika nicht um uns. Die Beamten sagten, die Frauen und Männer hätten das Leben hier sicher sattgehabt und wären ganz einfach abgehauen.«
    »Sind sie wieder aufgetaucht?« Khira kannte die Antwort im Grunde bereits, doch sie musste sicher gehen.
    Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Nein, nie mehr. Nach und nach übernahm der Maitre das gesamte Dorf. Alle hatten Angst vor ihm und seinen Leuten. Niemand wagte es sich zu wehren. Als mein Vater davon erfuhr, verließ er sein Versteck hier und schlich sich in das Haus.« Zum ersten Mal konnte Khira in Mirjads Augen so etwas wie ein echtes Gefühl entdecken. »Ich war damals neun Jahre alt. Ziemlich klein, was? Ich konnte nichts tun… ich… habe seine Todesschreie gehört. Und am nächsten Morgen haben sie seine Überreste vor die Haustür meiner Mutter gelegt. Es war kein Tropfen Blut mehr in ihm…«
    Minutenlang schwieg Mirjad. Dann hatte sie sich wieder im Griff. »Tja, und von da an wagte niemand, sich auch nur ansatzweise zu wehren. Das Dorf gehörte dem Maitre - und wir alle waren seine Leute!«
    »Und du hast dich zum Racheengel gemacht, nicht wahr? Wenn sie dich nicht bemerken, nicht fühlen, warum hast du dann diesen Maitre nicht getötet? Wäre das nicht logisch?« Khira spürte das unsichtbare Band, das sie und Mirjad verband. Die Geschichte des Mädchens kam ihr in vielen Punkten so vertraut vor. Hatte sie etwas Ähnliches erlebt?
    »Er spürt mich. Ich komme einfach nicht nahe genug an ihn heran. Glaubst du etwa, ich hätte das nicht schon versucht? Es hätte mich beinahe mein Leben gekostet.«
    Mirjas Blick taxierte Khira intensiv. »Du wolltest wissen, warum sie dich hierher geholt haben? Ich konnte sie belauschen, lange bevor sie dich brachten. Du bist eine Waffe.« Sie lachte auf. »Ja, die ultimative Waffe gegen den König, das haben sie wörtlich so gesagt. Mehr weiß ich auch nicht, doch du kommst mir eher vor wie ein verschrecktes Huhn. Wie könntest du eine Waffe sein? Und welchen König meinen die Blutsauger? Aber das ist mir egal. Hauptsache, ich kann ihnen schaden, wenn ich dich in Sicherheit bringe.«
    Waffe gegen den König…
    Khiras Kopf schmerzte trotz der eben erst genommenen Tabletten heftig. Ihre Gedanken rotierten und wollten ihren Schädel schier zum Platzen bringen. War sie eine Waffe? Ja, so hatte man sie schon früher genannt. Doch sie konnte sich nicht erinnern, wo und wann das gewesen war. Der König… der Herrscher über… Eine logische Schlussfolgerung wollte sich einfach nicht einstellen. Doch gegen welchen König sollten Vampire wohl rebellieren, wenn nicht gegen ihren eigenen?
    Der Gedanke war sicher nicht ganz falsch.
    Doch jetzt ging es vorrangig um das Naheliegende - und das war die kaum geschlossene Wunde auf Khiras Kopf. Sie musste in ärztliche Behandlung.
    »Mirjad, kannst du mich in ein Krankenhaus bringen? Und das auch noch möglichst schnell? Es wird nicht mehr sehr lange dauern, dann…«
    Das Mädchen stand auf und baute sich direkt vor der Kleinwüchsigen auf. Khira war sich im Klaren, dass sie einen erbarmungswürdigen Anblick bot. »… dann werden dir die Pillen ausgehen, die da in deiner Brusttasche sind, nicht wahr? Schau mich nicht so verblüfft an. Ich habe beobachtet, wie man dir das Zeug gegeben hat.«
    »Dann warst du also schon vor Tagen im Haus? Warum hast du mir nicht da schon geholfen?« Khira verstand das Mädchen nicht.
    »Ich wollte sehen, ob du es wert bist. Ob da Kampfgeist und Widerstand in dir ist. Du hast mich nicht enttäuscht. Übrigens, die Frauen, die dich gepflegt haben, sind meine Mutter und die Schwester meines Vaters. Sie haben keinen eigenen Willen mehr. Sie sind nur noch Marionetten… wie alle im Dorf.« Mirjad sprach von ihren engsten Verwandten wie von Fremden, die ihr überhaupt nichts bedeuteten. Und wahrscheinlich war das auch so. Khira fragte sich, ob die verwundete Seele dieses Kindes überhaupt noch etwas wie Liebe oder Freundschaft fühlen konnte.
    »Also los. Ich versuche, dich nach Bastia zu bringen. Ein weiter Weg, doch wir müssen es schaffen. Kannst du Auto fahren?«
    Die Kleinwüchsige fragte nicht, woher Mirjad einen PKW nehmen wollte. Das

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