0814 - Der geheimnisvolle Engel
Professor. »Warum tut sie das? Fühlt sie sich so sicher? Oder ist sie eine absolute Dilettantin? Keine Ahnung. Aber wir werden es rausfinden. Ich glaube aber, dass sie sich einfach sicher und unangreifbar fühlt, warum auch immer. Deswegen wird sie wohl auch wieder zu ihrer Wohnung zurückkommen, weil sie ihre Sachen zurückgelassen hat.«
»Sehen wir. Auf jeden Fall ist es sicher kein Zufall, dass sie den Mord nahe der Jaromarsburg begangen hat«, sinnierte Nicole. »Es kann einfach kein Zufall sein.«
»Ganz deiner Meinung, Nicole. Trotzdem haben wir noch nicht die geringste Ahnung, was hier eigentlich vorgeht. Ein Zisterzienser ist in den Armen dieser Mörderin gestorben, die eine schwarzmagische Ausstrahlung hat. Ein anderer Zisterzienser beobachtet sie nun. Hat sie vielleicht auch diesen Mönch in München umgebracht? Weiß das der Andere?«
»Ich sag nicht, dass es nicht sein kann, ich sag aber auch nicht ja. Auf jeden Fall scheint die Jaromarsburg eine zentrale Rolle in dem undurchsichtigen Geschehen einzunehmen. Außerdem hat uns Assi diesen Namen sicher nicht umsonst genannt. Wir können also davon ausgehen, dass auch dieser seltsame Gott Svantevit eine Rolle spielt. Obwohl wir bisher noch keine Hinweise haben, dass er am Geschehen beteiligt ist.«
»Was wissen wir eigentlich über den Kerl?«
Nicole grinste und legte ihre überkreuzten Beine auf Zamorras Oberschenkel. »Über Svantevit? Nicht allzu viel, würde ich mal sagen. Aber schau, da vorne kommt Eiserstorf mit unserem Happi. Fast Food, igitt. Na egal, das Zeug wird’s, denke ich mal, tun. Wir haben schon schlechter gespeist im Laufe unserer langen Karriere.«
Nachdem Eiserstorf Essen und Getränke abgeliefert hatte, nahm Nicole den Faden wieder auf. »Also, was wissen wir über Monsieur Svantevit?«
Sie zog ihr TI-Alpha-Handy heraus und rief den Wissensspeicher auf. Diese Funktion hatten sie erst vor kurzem entdeckt. Darin konnten sie verschiedenste Infos unterbringen, die für den momentan zu bearbeitenden Fall wichtig waren. Deswegen waren jetzt alle Infos gespeichert, die sie über Svantevit herausgefunden hatten.
»Gut. Also das Ganze noch mal. Zur Vertiefung des Stoffs, wie mein Mathelehrer immer sagte. Monsieur Svantevit war der Hauptgott der Ranen, einem slawischen Volk, das unter anderem auf Rügen beheimatet war. Sein über drei Meter großes Standbild stand in der Tempelburg auf Kap Arkona, die wir als Jaromarsburg kennen. Diese Burg mit ihrem Svantevit-Standbild war das geistige Zentrum fast aller Slawenstämme. Hm. So weit so gut. Monsieur Svantevit war ein Gott mit vier Gesichtern auf vier Hälsen. Zwei blickten nach vorne und zwei nach hinten. Na ja, besonders attraktiv dürfte dieser Herr nicht gerade ausgesehen haben.«
Nicole kicherte. »Lass mal weiter sehen, Chérie. Also, mit seinen vier Gesichtern soll Monsieur Svantevit alle vier Himmelrichtungen kontrolliert haben. Vielleicht auch deswegen galt er den Ranen als mächtigster Gott überhaupt. In einer Hand hielt er ein kostbares Trinkhorn.« Sie kicherte erneut. »Das würde unserem Malteser-Joe ganz sicher gefallen. Und ein schneeweißes Pferd war ihm auch geweiht. Nicht unserem Joe, sondern Monsieur Svantevit. Können wir damit etwas anfangen, Chef?«
»Keine Ahnung. Bis jetzt jedenfalls nicht. Kann immerhin noch werden. Man kann nie genug über die Gegenseite wissen.«
»Du sagst es. Also, schauen wir weiter. Die Ranen waren der slawische Stamm, der sich der Christianisierung am längsten widersetzte. Aber 1168 erwischte es auch sie. Dänenkönig Waldemar I., auch der Große genannt, eroberte Rügen und zerstörte das Standbild des Monsieur Svantevit. Der Rügenfürst damals hieß Jaromar, deswegen werden die Reste der Tempelburg heute Jaromarsburg genannt.«
»Klingt logisch.«
»Unbedingt. Im Heer des Dänenkönigs war auch Bischof Absalon von Roskilde dabei. Der dänische Berichterstatter Saxo Grammaticus erwähnt zudem ganz ausdrücklich einen Eskil von Lund…« Nicole zögerte. »Mensch, das ist ja der Hammer.«
»Was denn?« Zamorra beugte sich neugierig zu ihr hinüber, während er einen Schluck aus der Flasche nahm.
»Dieser Eskil von Lund war zuerst Erzbischof. Und nun rate mal, was er danach gemacht hat.«
»Hm. Was weiß ich? Vielleicht mit dem Papst eine Boutique in Wuppertal eröffnet?« Zamorra grinste. Er liebte diesen Sketsch des deutschen Komikers Loriot.
»Quatschkopf. Nein, der gute Eskil ist danach dem Zisterzienserorden
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