0814 - Der geheimnisvolle Engel
Nicole über mächtige Waffen verfügten, so konnte doch die kleinste Unaufmerksamkeit tödlich enden.
Die Fahrt endete in der Nähe eines hübschen, kleinen, lang gezogenen Fachwerkhauses, das mit Rohr gedeckt war. Es lag etwas abseits der anderen Häuser, am Rand des Waldes, der hier den Rugard bedeckte, Nicht weit davon entfernt waren Tennisplätze angelegt.
Eiserstorf sprach immer wieder ins Funkgerät. »Gut«, sagte er dann, »das Haus ist umstellt. Laut der Vermieterin müsste sich die Mörderin momentan in ihrem Appartement aufhalten. Viel Glück, Frau Duval, Herr Zamorra.«
»Nicole, sichere du bitte die Hintertür. Ich klingle vorne.«
»Klar, Chef, mach ich glatt und sauber.«
Sie gingen los. Nicole machte einen großen Bogen ums Haus und postierte sich in der Nähe des Hinterausgangs. Sie hatte die rechte Hand an den Blaster gelegt, den sie unter der Jacke verborgen trug. Die Neugier der Polizisten wäre sonst grenzenlos gewesen.
Zamorra ging auf die Eingangstür zu. Seinen für ihn typischen weißen Anzug hatte er gegen Jeans und schwarze Lederjacke getauscht. Das war unauffälliger.
Er klingelte. Nichts tat sich. Er klingelte erneut. Alles blieb still, nicht das kleinste Geräusch drang aus der Wohnung. Hatte die Frau etwas von der Aktion bemerkt? Verhielt sie sich still? Oder war sie, trotz anders lautender Aussage der Vermieterin, doch nicht da?
Zamorra zerquetschte einen Fluch zwischen den Zähnen. Er ging zu Eiserstorf zurück, während er Nicole über Handy bat, vorerst die Stellung zu halten.
»Kommen Sie, Herr Zamorra, wir gehen zur Vermieterin. Für diesen Fall haben wir mit ihr abgesprochen, dass sie uns das Appartement aufschließt. Den Durchsuchungsbefehl des Staatsanwalts habe ich übrigens in der Tasche.« Er grinste leicht.
Der Vermieterin, einer älteren Frau namens Heike Mädchen, stand die Angst ins Gesicht geschrieben. Sie wohnte im selben Haus, zwei Türen weiter, in einem abgetrennten Wohnbereich. Fahrig schloss sie die Tür zu Marion von Altmühls Appartement auf. »Sie hat so einen netten Eindruck gemacht, die junge Frau«, jammerte sie leise. »Wirklich nett. Ich kann gar nicht glauben, dass sie eine Mörderin sein soll. Aber man sieht’s den Menschen ja nicht an. Auf die Stirne geschrieben haben Sie’s nicht…«
Zamorra nahm Merlins Stern in die Hand. Vorsichtig trat er in die Wohnung. Es roch nach Putzmitteln, Schweiß - und Blut. Der Meister des Übersinnlichen kannte diesen Geruch nur zu gut. Angewidert verzog er das Gesicht. Das Amulett blieb kalt. Trotzdem blieb er vorsichtig. Er schaute in jeden Raum, immer gewärtig, plötzlich angegriffen zu werden. Auch die Schränke durchsuchte er. Nichts. Das Vögelchen war wirklich ausgeflogen.
Auf dem zerwühlten Bett lagen, achtlos hingeworfen, ein paar Kleider. An einer Bluse waren mehrere eingetrocknete Flecken zu sehen. Zamorra erkannte sie sofort wieder. Es war die Bluse, die die Mörderin vor ihrer-Tat getragen hatte. Da sie nackt gemordet hatte, musste das Blut hinterher ans Kleidungstück gekommen sein.
Zamorra ließ alles so liegen, wie es war.
»Pech für die Kuh Elsa«, sagte er zu Hauptkommissar Eiserstorf. »Sie ist weg. Frau Duval und ich werden hier warten. Vielleicht kommt sie ja zurück. Sie können inzwischen nach ihr fahnden lassen, Herr Eiserstorf. Meine Bitte ist die gleiche wie vorhin: Informieren Sie uns zuerst, wenn Sie sie finden sollten. Und seien Sie so nett, uns was zu essen und zu trinken zu bringen.«
Eiserstorf sagte alles zu. Er stellte keine der Bitten Zamorras infrage und behandelte sie wie Befehle. Das war fast schon unheimlich. Asmodis hatte ganze Arbeit geleistet.
Eiserstorf zog seine acht Beamten ab und verschwand mit ihnen. Zamorra und Nicole stellten derweil ihren Cherokee bei den Tennisplätzen ab und observierten das Haus. Von hier aus hatten sei einen bequemen Blick auf die. Vorder- und die Hintertür.
»Glaubst du, das bringt was, Chérie?«, fragte Nicole.
»Weiß man’s? Muss man’s wissen? Soll man’s wissen? Darf man’s wissen? Ist dir aufgefallen, wie unvorsichtig sie sich benimmt?«
»Natürlich«, nickte Nicole. »Ich bin ja auch kein heuriger Hase mehr. Sie geht auffällig gekleidet in eine Disco und holt sich ihr Opfer dort, wo es Dutzende von Zeugen gibt. Dann begeht sie den Mord an einer Stelle, an der sie nur durch reinen Zufall nicht beobachtet wird.«
»Genau. Und dann lässt sie die blutbeschmierte Bluse einfach auf dem Bett liegen«, ergänzte der
Weitere Kostenlose Bücher