0814 - Mister Amok
und wartete, bis sich das Wasser in seiner unmittelbaren Umgebung beruhigt hatte.
Danach stieg er langsam hoch. Jory stemmte das rechte Bein gegen den weichen Grund, drückte den Oberkörper in die Höhe, und mit dem Rücken zuerst verließ er das Wasser. Wieder entstanden Wellen, sie klatschten gegen das Ufer. Wasserpflanzen zitterten wie lange, dünne Arme, und zwischen ihnen erschien ein nasser grauer Kopf mit einem Gesicht, in dem die kalten und völlig gefühllosen Augen durch die Lücken starrten und schon im nächsten Augenblick das Ziel avisiert hatten.
Die Grillhütte stand zwischen den Bäumen auf einer kleinen Lichtung. Sie war aus rohen Baumstämmen zusammengefügt worden und hatte keine Wände. Dicke Pfosten stützten das Dach. Es schützte die Griller vor Regen, wenn sie ihre Mahlzeiten auf den Schwenkgrill legten und die Holzkohle darunter ankokelten.
Die vier Männer, die dort hockten, hatten mit einer Grillgemeinschaft nichts im Sinn. Sie waren mit zwei Fahrzeugen gekommen, einem dunklen Volvo und einem sportlichen Jaguar. Beide Fahrzeuge standen neben der Hütte wie erstarrte Ungeheuer, die so gar nicht in die friedlich anmutende Umgebung passen wollten.
Jory war zufrieden.
Die vier saßen günstig.
Sie rechneten mit keinem Überfall. Er würde sie überraschen und zusehen können, wie sie unter seinen Kugeln zusammenbrachen.
Spaß – er wollte den richtigen Spaß haben, und seine Augen blickten dabei noch kälter.
So lautlos wie möglich glitt er am Uferrand und außerhalb des Schilfgürtels durch das Wasser. Wieder hatte er sich unter die Oberfläche gedrückt. Keiner der vier Männer gönnte dem einsamen Waldbereich auch nur einen Blick. Sie waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, denn es ging um viel Geld und um ein weißes Pulver, das in einem der beiden Koffer versteckt war.
Er lag auf den Knien eines Mannes, dessen Oberlippenbart wie ein Buschstreifen unter der Nase wohnte. Der Mann klappte den Deckel hoch und ließ die drei anderen einen Blick in den Koffer werfen. Die mit Kokain gefüllten Beutel lagen dicht an dicht. Einer der anderen nahm einen hervor, öffnete ihn und tippte seine Fingerspitzen gegen das Pulver, probierte und nickte zufrieden.
»Und jetzt das Geld.«
Der Probierer streckte den rechten Arm aus. Auch er hatte einen Koffer mitgebracht. Er legte ihn auf die Knie, öffnete die Deckel, wobei zwei Männer gierige Augen bekamen, als die die zahlreichen Bündel sahen. Die Geldscheine lagen dicht an dicht, da passte kaum ein Haar dazwischen.
»Man kann sich nur auf den Tod verlassen, aber nicht auf die Menschen«, sagte der Kokain-Dealer, holte ein Bündel Geldscheine hervor und überprüfte es.
Jory hatte mittlerweile das Wasser verlassen. Trotz seiner massiven Gestalt verstand er es, sich lautlos zu bewegen. Er hatte kaum ein plätscherndes Geräusch gegeben, als er aus dem Teich gestiegen war. Er kroch auf dem Bauch weiter und hielt an einer bestimmten Stelle ein. Dort griff er nach rechts, und seine Hand umfasste das kalte Metall der mörderischen Waffe.
Er nahm sie auf und erhob sich gleichzeitig. Mit drei Schritten war er zwischen den dunklen Stämmen der Bäume verschwunden, die ihm die nötige Deckung gaben.
Dort blieb er stehen.
Sein eckiger Kopf bewegte sich langsam in eine bestimmte Richtung. Er schaute dorthin, wo sich die Grillhütte befand. Sie selbst konnte er nicht sehen, doch er hörte die Stimmen der vier Männer, die sich flüsternd unterhielten.
Jory wusste, dass die Zeit reif war.
Seine dünnen Lippen bewegten sich. Das kantige Lächeln legte sich darauf.
Er nickte sich selbst zu.
Dann ging er los.
Die vier Männer waren ahnungslos. Das Geld und das Kokain waren geprüft worden. Die Männer nickten sich zu und beteuerten sich gegenseitig, dass es nicht das erste Geschäft war, das sie miteinander getätigt hatten. Zwei von ihnen würden noch an diesem Tag zurück in ihre Heimat Kolumbien fliegen, die anderen würden das neue Kokain auf den Markt bringen.
Die Südamerikaner wollten zuerst fahren. Sie drehten sich um, der Weg zu ihrem Volvo betrug nur wenige Schritte. Beide schauten über das Dach des Fahrzeugs hinweg, und beide sahen die kantige Gestalt, die nur eine Hose trug. Nass lag sie eng an den kräftigen Beinen, aber das war nicht alles. Der Oberkörper glänzte ebenfalls feucht, nur die mächtige Waffe in den Pranken des Killers war trocken.
Er schoss.
Die Detonationen zerrissen die Stille. Es hörte sich an wie ein
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