0817 - Gefahr aus dem Drachenland
Gardir damit?
Krachend brach das Ei auf, und ein kleiner Drachenkopf kam zum Vorschein, auch er nur undeutlich zu erkennen. Keck schauten zwei schwarze Telleraugen, die an die eines Fisches erinnerten, in die Welt hinaus. Ein fiependes Geräusch ertönte, dann wurde auch der Rest der Schale gesprengt. Stücke flogen in alle Richtungen davon. Nur die untere Hälfte blieb mit ausgezackten Rändern im Gras liegen.
Fooly wurde immer schwächer. Er versuchte mit den Flügeln zu flattern, um sich in die Luft zu erheben, schaffte es aber nicht einmal, sie vollständig zu entfalten.
»Was geschieht mit mir?«
Seine Stimme war nicht mehr als ein Wispern. Er bemerkte, dass er taumelte. Seine Sinne spielten ihm einen Streich, dafür war sein Körper ohne jegliche Kraft. Gern wäre er dem Drang nachgekommen, sich umzudrehen und fortzulaufen. Aus den Hügeln zu entkommen, zurück zu den Regenbogenblumen am Rand der Lichtung und von dort aus ins Château zu fliehen.
Oder besser noch, durch das flimmernde Tor.
Allein, es ging nicht. Fooly stolperte und stürzte zu Boden.
»Gardir…!« Er wusste nicht, ob es ihm wirklich gelang, das Wort auszusprechen.
Neben ihm setzte kehliges Lachen ein, das sich rasch in Begeisterung verwandelte. Es stammte von Gardir, der einen aufgeregten Tanz aufführte. Von seiner anfänglichen Ruhe war nichts verblieben. Minuten vergingen, die Fooly wie eine Ewigkeit vorkamen, bis der erwachsene Drache sich endlich wieder beruhigte. Er blieb vor seinem Nachwuchs stehen und betrachtete ihn sinnend.
Allmählich klärte sich auch Foolys Blick wieder. Er zuckte zusammen, als er den geschlüpften Drachen betrachtete. Man konnte nicht von Ähnlichkeit zu seinem Elter sprechen, das wäre untertrieben gewesen. Die beiden glichen sich wie ein Ei dem anderen, nur dass sie unterschiedlich groß waren.
Sie sind eins!, erkannte Fooly.
»Begreifst du es endlich, du Narr?«, fragte Gardir.
»Nein«, gestand Fooly ehrlich. Nun bereitete ihm das Sprechen keine Mühe mehr. »Worauf willst du hinaus?«
»Sieh doch hin! Was siehst du?«
»Dass dein Kind genau so aussieht wie du selbst. Es ist eine verkleinerte Version deiner Selbst!« Das ergab doch keinen Sinn.
»Weil ich es bin!«, rief Gardir begeistert. »Mein Ende kommt bald, darum habe ich vorgesorgt. Ich schaffe mich aus mir selbst neu und lebe auf diese Weise auf ewig.«
Wie der Phönix aus der griechischen Mythologie, ging es Fooly durch den Sinn. Der sagenhafte Vogel, der alle fünfhundert Jahre erschien, sich selbst verbrannte und aus seiner eigenen Asche wieder erhob. Er hatte den Chef und Pater Ralph einmal darüber diskutieren gehört.
»Aber was habe ich damit zu tun?«, fragte er verzweifelt. »Wieso hast du mich hierher gelockt?«
»Weil ich deine Lebensenergie brauche. Meine eigene Neuschaffung kostet mich sehr viel Kraft. Schon bemerke ich, wie meine Lebensgeister zu schwinden beginnen. Ich muss sie auf Olang übertragen, solange noch Zeit dazu ist. Doch sie allein reicht dazu nicht aus. Auch deine Lebensenergie wird auf Olang übergehen.«
Auch das begriff Fooly nicht.
»Du hast mich belogen«, wisperte er. »Es gibt keinen Weg zurück ins Drachenland.«
Gardir lachte erheitert. »Du irrst dich. Das Weltentor führt dorthin. Du brauchst es nur zu benutzen. Steh doch auf und tritt hindurch.«
Fooly nahm seine Kraft zusammen und versuchte sich aufzurichten. Seine Verzweiflung brachte ihn auf die Beine.
Sein ganzes Trachten war auf das Weltentor ausgerichtet, doch Gardir stand genau zwischen ihm und dem Jungdrachen. Trotzdem gab Fooly den Gedanken nicht auf.
Sekunden später änderte sich das, als eine riesige dunkle Faust nach ihm griff, um seine Seele zu stehlen und ihn innerlich auszuhöhlen.
Gardir begann damit, ihm seine Lebensenergie zu rauben und sie auf Olang zu übertragen.
Das Weltentor
Juanita führte die beiden Dämonenjäger zielstrebig durch den Urwald. Zu deren Überraschung gab es den einen oder anderen Trampelpfad. Also kam es gelegentlich vor, dass Menschen hier unterwegs waren. Jäger vielleicht oder abenteuerlustige Rucksacktouristen.
Vielleicht war einer von denen zufällig dem Drachen über den Weg gelaufen, dachte Zamorra, als er an den von Lafitte gefundenen Artikel in einer lokalen südamerikanischen Zeitung dachte. Wenn er sich die Umgebung betrachtete, passte das durchaus zusammen. Zwar erinnerte er sich nicht mehr, von wo das Blatt gewesen war, aber er konnte sich durchaus vorstellen, irgendwo am Oberlauf
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