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0819 - Der Tod des Heiligen

0819 - Der Tod des Heiligen

Titel: 0819 - Der Tod des Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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stützte sich an der Wand ab, spürte einen Schwindel, der ihr die Beine unter dem Leib wegreißen wollte, und sie dachte daran, daß niemand mehr auf der Welt da war, um die Schmerzen zu heilen.
    Sie ging und merkte es kaum.
    Erst als sie von den drei Jugendlichen angesprochen wurde, wandte sie den Kopf nach links. »He, Süße, was hast du? Schlecht drauf?«
    Julie gab keine Antwort. Sie schlurfte weiter. Es fiel ihr schwer, die Füße anzuheben. Ihr Blick war dabei in die Ferne gerichtet, aber auch dort konnte sie nichts sehen, was ihr Hoffnung gegeben hätte, denn The Saint war tot.
    Einfach so.
    Er war von ihnen gegangen, und ohne ihn, ohne das Wissen, daß er noch lebte, sah auch Julie Sanders ihr Leben als sinnlos an. Es hatte überhaupt keinen Sinn, sich Gedanken zu machen, ob sie nun zu spät an ihren Arbeitsplatz kam, sie wollte einfach nicht mehr. Sie würde ihn niemals mehr erreichen.
    Die Umgebung kam ihr vor, als liefe ein fremder Film ab, durch den sie sich bewegte. Aber der Film war nicht klar, denn die Umgebung verschwamm vor ihren Augen. Nichts konnte sie deutlich erkennen, denn jede Mauer, jede Gestalt wurde zu einem Schatten, wobei der eine den anderen Schatten einzuholen versuchte und es so zu einem farblosen, nebligen Durcheinander kam.
    Das interessierte Julie Sanders nicht. Sie lief zum Bahnsteig, rempelte Menschen an, ohne sich zu entschuldigen, doch manch ärgerlicher Blick eines Angerempelten änderte sich, als die Person in Julies Gesicht schaute und erkannte, was mit ihr los war.
    Wenn sich jemand überhaupt Gedanken machte, dann dachte er daran, daß diese junge Frau unter Drogen stand. Wieder eine von vielen, aber dem war nicht so.
    Julie hatte nie zu Drogen gegriffen, es sei denn, man wollte The Saint als eine Droge ansehen.
    Wie eine alte Frau ging sie weiter. Bei jedem Schritt spürte sie die Schmerzen besonders stark in der rechten Seite, und dort knickte sie auch ein.
    Die Lippen hielt sie zusammengepresst. Sie atmete durch die Nase, auf dem Gesicht lag ein dünner Film aus Schweiß, der sich an der Oberlippe noch verstärkt hatte.
    Julie Sanders lebte, doch sie selbst kam sich vor wie eine Tote, die ihren Weg fand. Einfach weg. Nicht mehr leben. Ihm folgen!
    Der letzte Gedanke putschte sie regelrecht auf. Sie hatte gelesen, daß The Saint in eine andere Welt hineingehen wollte, um von dort zurückzukehren, wie auch immer.
    In Julies grüne Augen kehrte so etwas wie ein Glanz zurück, als sie sich darüber Gedanken machte. Wäre es nicht wunderbar gewesen, wenn sie auch in der anderen Welt mit dem Heiligen vereint wäre? Wenn sie ihn dort getroffen hätte? Hautnah bei ihm zu sein, ihn zu sehen, ihn zu spüren, wie auch immer. Auf jeden Fall in seiner Nähe! Allein dieser Gedanke ließ sie vor Freude zittern und gab ihr auch wieder den entsprechenden Mut. In ihre Augen war ein heller Glanz getreten, als hätte sich dort der Abglanz der fernen Welt gezeigt, nach der sie sich so sehnte.
    Ja, so sollte es laufen. So und nicht anders. Sie blieb stehen. Ein Vorhang wurde vor ihren Augen weggezogen, und sie sah alles wieder kristallklar. Die Menschen, die Umgebung, sie hörte die Geräusche, das Zischen der Druckluftbremsen, das Rumpeln der alten Wagen, die Stimmen, die ein Wirrwarr bildeten, und als sie nach vorn schaute, stellte sie fest, daß sie sich nicht weit entfernt von der Bahnsteigkante befand. Sie sah auch das schimmernde Schienenpaar, das links und rechts in der Dunkelheit verschwand. Die Schienen waren der Weg zu ihm.
    Sie trat noch näher an den Bahnsteig heran.
    »Ich werde kommen«, flüsterte sie. »Ich habe dich nicht vergessen, mein Lieber. Niemand liebt dich so stark wie ich. Es ist eine reine Liebe, die auch im Jenseits noch ihren Platz finden wird. Und keine Kraft kann uns trennen, glaub es mir…«
    Ein weiterer Schritt.
    Sie wurde gestoßen, fing sich wieder. In der Nähe standen Teenys, die laut kreischten und sich darüber beschwerten, daß ein amerikanischer Popstar angeblich etwas mit kleinen Jungen gehabt haben sollte. Die Teenys konnten es nicht glauben, sie schworen ihm auch weiterhin die Treue, und Julie konnte in ihnen ein Abbild ihrer selbst entdecken. Auch sie würde The Saint treu bleiben, aber im Gegensatz zu diesen Teenys würde sie es ihm und der Welt beweisen.
    Sehr dicht stand sie am Rand des Bahnsteigs. Eigentlich schon zu dicht, für sie aber ideal, und sie drehte den Kopf nach links, wo die dunkle Öffnung des Tunnels ein finsteres Maul bildete.

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