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0819 - Der Tod des Heiligen

0819 - Der Tod des Heiligen

Titel: 0819 - Der Tod des Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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es nicht fassen.«
    »Sicherlich von einem Bahnhof.«
    »Hast du einen gesehen?«
    »Nein, aber es wird außer Cuttlane noch einen Ort geben, der eine Bahnverbindung hat.«
    »Kann sein.«
    Da Bill noch mehr vom Gas mußte, vor uns gingen mehrere Menschen zusammen und bedeckten die gesamte Straßenbreite, kam ich dazu, in die Gesichter zu schauen.
    Die Menschen sind Individuen, sie haben verschiedene Gesichter, doch diese, hier wirkten auf mich irgendwie gleich. Sie alle sahen blaß aus, es gab zwar Unterschiede, aber ihre Mienen spiegelten Trauer und auch Verzweiflung wider, einen stummen Schmerz, als wäre für sie die Welt untergegangen. Mir war auch aufgefallen, daß sie kaum miteinander sprachen, sie gingen und litten jeder für sich selbst.
    Bill hatte nicht gehupt, aber die Gruppe der Menschen vor uns hatte den Wagen bemerkt. Sie gingen langsamer, drehten sich dabei um, sahen uns und machten nur widerwillig Platz, damit wir unseren Weg fortsetzen konnten.
    Auch sie sahen aus, als wäre für sie eine Welt endgültig zusammengebrochen. Nur ein kleines Mädchen hob den Arm und winkte uns zu. Ich lächelte sie hinter der Scheibe her an, obwohl sie mich bei dem getönten Glas wohl kaum sah.
    Rechts und links der Straße standen die Bäume zwar nicht zu dicht beisammen, aber zwischen ihnen wuchs das Unterholz wie eine Hecke. Hier hatte der Mensch nicht eingegriffen und auch keine Äste gestutzt, so daß sich die Kronen hatten ausbreiten können und sich manchmal über der Fahrbahn trafen.
    Immer wenn das eintrat, wurde es noch dunkler, so daß wir ein Tunnelgefühl bekamen.
    Nach einer gewissen Zeit hatten wir die Gruppe der Pilger überholt und sahen auch das Ende des Waldstücks. Es war wie bei einem Straßentunnel, ein heller Fleck schimmerte, durch den der Porsche hinaus in die Sonne glitt.
    »Herrlich«, sagte Bill und zog den Mund in die Breite. »Es tut gut, nicht durch den Wald fahren zu müssen.«
    »Warum?«
    »Er hat mich eingeengt.«
    Ich staunte. »Das ist mir neu.«
    »Ja, mir auch.«
    Wir schwiegen beide und konzentrierten uns auf die vor uns liegende Landschaft. In sie eingebettet sahen wir den kleinen Ort Cuttlane. Er kam uns vor wie ein Spielzeugdorf, das vom viereckigen Turm einer alten romanischen Kirche bewacht wurde.
    Die Häuser verteilten sich um die Kirche herum. Kleine Bauten, oft geduckt aussehend, und wenn wir links an Cuttlane vorbeiblickten, entdeckten wir auch den Hügel.
    Er lag ziemlich weit entfernt. Dank unserer guten Augen sahen wir auch den hellen Fleck auf der Kuppe. Das mußte die Grabstätte des Heilers sein. Wahrscheinlich wurde sie genau in diesem Augenblick von den Strahlen der Sonne getroffen, deshalb war sie auch so gut sichtbar.
    »Ins Dorf oder zum Grab?« fragte Bill.
    »Laß uns das Dorf nehmen. So war es abgemacht.«
    »Okay.«
    Wir mußten eine weit geschwungene Rechtskurve nehmen, die erst dicht vor Cuttlane endete und durch einige Felder und Wiesen geführt hatte. Am Ortseingang sahen wir das gleiche Bild.
    Menschen, die sich zusammengefunden hatten, nur wenig sprachen und pausierten. Einige hatten Zelte mitgebracht und aufgebaut. Der helle Stoff wirkte wie dreieckige Leinentücher. Ein leichter Wind strömte über das Land und spielte mit den Zelten.
    Man beobachtete uns, wie wir langsam in den Ort hineinfuhren. Es war noch Zeit, die Beerdigung sollte erst am Nachmittag über die Bühne laufen und ihren Höhepunkt bei Anbruch der Dämmerung erreichen. Es war erst Mittag, wir hatten also noch Zeit.
    »Weißt du, worüber ich nachdenke, John?«
    »Nein, wie sollte ich?«
    »Kann ich dir sagen. Wie wird dieser Heilige eigentlich begraben? Trägt man ihn in einem Sarg herbei oder läßt man sich etwas anderes einfallen?«
    »Das wirst du noch zu sehen bekommen.«
    »Ja – schon, aber ich hätte es gern vorher gewußt, um mich darauf einstellen zu können.«
    »Er hat geheimnisvoll gelebt, er ist geheimnisvoll gestorben, er wird auch geheimnisvoll beerdigt werden.«
    Bill nickte. »Du hast mal wieder recht.«
    Uns empfing ein verschlafen wirkender Ort mit kleinen, nicht sehr hohen und dunklen Häusern, die aber nicht schmutzig wirkten, sie waren eben alt und wurden von ihren Bewohnern sicherlich auch gepflegt.
    In Cuttlane gab es nicht mal eine Tankstelle, aber wir entdeckten ein Schild, dessen Pfeil zu einem Hinterhof wies, wo man tanken und auch seinen Wagen reparieren konnte. Wir fuhren vorbei und erreichten so etwas wie einen Mittelpunkt des Ortes. Die Kirche lag

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