082 - Die Geisterkadetten
winzige Flämmchen in seiner Kugel aus Licht am Leben, dann erstarb es zu einem glühenden Pünktchen.
Der kurze Augenblick genügte den anderen zu zeigen, daß das Aussehen der beiden seltsam verändert war. Aus den Mundwinkeln ihrer Münder ragten jeweils zwei Hauer artige Eckzähne.
Wie auf Kommando zuckten jetzt mehrere Flämmchen auf. Die jungen Männer, die hastig Streichhölzer und Feuerzeuge aus ihren Taschen gekramt hatten, hielten die flackernden Lichtpunkte hoch, starrten sich gegenseitig an und beleuchteten die Gesichter der Frauen. Jeder von ihnen hatte einen Biß in den Hals und ein kurzes, sekundenlanges Saugen gespürt. Von einer unheimlichen Macht getrieben, hatten sie sich schreiend und fluchend einen anderen Partner gesucht und wenn sie ihn gefunden hatten, ihrerseits in den Hals des anderen gebissen und sein Blut gesaugt.
Jetzt, im Licht der kleinen Flämmchen sahen sie, daß sie plötzlich alle diese spitzen Eckzähne besaßen.
Sie waren innerhalb von Minuten zu Vampiren geworden. Diese fürchterliche Wahrheit erschreckte sie nicht einmal. Sie blieben in einer unheimlich nachlässigen Selbstverständlichkeit ruhig und gelassen.
Ein phänomenales Geschehen hatte diese harmlosen jungen Menschen zu blutdürstigen Bestien werden lassen.
Aber – nicht alle!
Zwei von ihnen waren in dem allgemeinen Tumult etwas abseits geraten.
Charles Garvices hatte sich, als die Fackel erlosch, zur Höhlenwand getastet, die Flasche aus seiner Jacke gezogen, etwas von Affenzirkus gemurmelt und seelenruhig einen langen Zug genommen. Jetzt starrte er verblüfft auf die in so unerklärlicher Weise veränderten Gesichter seiner Gefährten.
Das Bild vor Charles Augen verschwamm. Er kniff sie zu und riß sie wieder auf.
Kein Zweifel. Die verzerrten Gesichter und die hervorstehenden, dolchartigen Zähne waren Wirklichkeit.
Der junge Mann schluckte. Bin ich betrunken oder was ist los? dachte er.
Noch während er instinktiv schweigend versuchte, sich darüber klar ’ -i werden, was eigentlich passiert war, durchschnitt erneut ein Schrei die Stille. Er kam von Marie Cartier, einem süßen Ding mit langen blonden Haaren, das hinter einem vorspringenden Block an der gegenüberliegenden Seite der Höhle stand. Auch sie hatte im Licht der kleinen Flämmchen erkannt, daß sich alle ihre Freunde auf schreckliche Art verändert hatten.
Das Mädchen gellte ihr Grauen heraus.
»Neiiin«, schrie sie langgezogen. Der Schrei verhallte.
Man konnte das Scharren vieler Füße auf dem steinigen, unebenen Boden hören. Mehrere Gefährten kamen in der undurchdringlichen Finsternis auf sie zu. Vor ihr flammten fast gleichzeitig mehrere Lichter auf.
Claude Perichard, der Marie am nächsten stand, zischte leise.
»Komm zu mir, Marie.«
Marie Cartier sah Claudes verzerrtes Gesicht im schwächlichen flackernden Licht der Feuerzeuge. Sie sah das Glitzern in seinen Augen und die hervorstehenden Eckzähne. Zwei dünne, rote Blutspuren liefen von Claudes Mundwinkeln zu seinem Kinn herab. Die grauenhafte Fratze kam immer näher. Ein fauchender Laut drang aus Claudes Mundöffnung.
»Neiiiiin.«
Wieder gellte Marie Cartiers Angstschrei durch die Höhle.
Claudes Hände erfaßten ihren Kopf und bogen ihn brutal zurück. Seine spitzen Eckzähne blitzten…
Marie Cartier schrie nicht mehr.
Triumphierend spürte der Vampir, wie ihr Leib erzitterte. Ihre Hand berührte seine Schulter und streichelte sie langsam. Claude zog Marie rückwärts in den Kreis der anderen. Schritt für Schritt – es. war als tanzten sie – folgte das Mädchen gemessen, ruhig und sicher.
Plötzlich gellte ein unheimliches Gelächter durch den finsteren Felsendom. Die geifernden Laute wurden von den Steinblöcken zurückgeworfen. Sie vermehrten sich und schwärmten aus, immer lauter, immer wilder. Die ganze Welt der Finsternis schien in dieses schreckliche Lachen einzustimmen.
Charles Garvices, der das unheimliche Schauspiel beobachtet hatte, schien es, als wenn sämtliche Teufel der Hölle lachten.
Die Nerven des jungen Mannes sprangen wie Gummibändchen rauf und runter. In fiebernder Erregung, Angst und panischer Verwirrung wandte er sich um. Mit den Händen an den rauhen Felsen entlangtastend, schlich er in die Dunkelheit.
Er hatte nur einen verzweifelten Gedanken.
Raus aus diesen Höhlen des Grauens!
***
Als Frank aus der Küche trat, um die übrigen Räume zu inspizieren, fiel ihm etwas auf. Er wurde sich der Sache gewahr, noch ehe sein Hirn sie recht
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